Schon seit fast sieben Jahren ist, was viele nicht wissen, in Schweinfurt ein Bundesleistungszentrum beheimatet. Genauer gesagt wurde im Oktober 2011 die SHK-Innung, die Innung für Spengler, Sanitär- und Heizungs-und Klimatechniker, vom Berufsverband zum Bundesleistungszentrum ernannt, und SHK-Geschäftsführer Josef Bock sagt scherzhaft über sich, er sei der „Jogi Löw der Handwerker“. Als solcher ist er auch beauftragt, gewissermaßen Chef des Trainingslagers für die Europa- und Weltmeisterschaften der Berufe zu sein. Mit weiteren Ausbildern zusammen bereitet Bock eine Woche lang mehrere Spengler aus ganz Europa in einem Trainingslager auf die Europameisterschaft „EuroSkills 2018“ im September in Budapest vor.
Die einzige Frau im Trainingslager kommt aus Schweden
Dass sie mal ihr Land Schweden bei einer Europameisterschaft vertreten würde, hätte Alva Seljee (24 Jahre) auch nicht gedacht. „Ich will hier Erfahrungen sammeln, und ein bisschen Abenteuerlust ist auch mit dabei“, verrät die einzige Frau im Trainingslager. Dass sie sich ausgerechnet für eine handwerkliche Ausbildung entschieden hat, obwohl ihre Eltern mit Handwerk nichts am Hut haben, kann sie sich auch nicht so wirklich erklären. „Aber es macht Spaß“, sagt sie. Dabei konnte sie sich anfangs gar nicht so recht vorstellen, was ein Spengler überhaupt macht. Dass das Handwerk im Bereich der Metallverarbeitung am Bau beheimatet ist und dass Spengler unter anderem Dächer und Häuserfronten mit einer Metall schützen, hat sie nicht gewusst. „Aber mittlerweile habe ich mich in den Beruf verliebt und freue mich auf die Europameisterschaft“, sagt die 24-Jährige, dann biegt sie gefühlvoll ein Blech in die richtige Form für das Dach.
Drei Tage lang, vom 26. bis 28. September, treffen die Spengler auf Berufskollegen aus ganz Europa, bei den „EuroSkills“ in Budapest. Das „Team Germany“ tritt mit 23 jungen Fachkräften aus Handwerk, Industrie und dem Dienstleistungsbereich an. Rund 600 Teilnehmer aus 28 Ländern werden ihr Können in ihrem Fachbereich auf europäischer Ebene präsentieren. Alle sind höchstens 25 Jahre alt, das ist die Regel. Bei der Weltmeisterschaft, die immer im Wechsel mit der Europameisterschaft abgehalten wird, beträgt das Höchstalter 21 Jahre. Und: ein Europameister ist nicht automatisch für die Weltmeisterschaft qualifiziert, die anderen Regeln unterliegt.
Kräftemessen unter Berufskollegen
Auch die Qualifikation für die EM läuft von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise haben sich Benno Uhlmann (Karlstadt, Unterfranken) und Kein Zemann aus Baden-Württemberg bei der Fachmesse IFH/Intherm in Nürnberg qualifiziert, der Vertreter aus Österreich, Mark Krause, ist Sieger der Staatsmeisterschaft und bereitet sich in Schweinfurt ebenfalls intensiv auf die EM vor. „Das wird eine spannende Zeit hier werden“, sagt er, „ich freue mich schon darauf, mit meinen Berufskollegen die Kräfte zu messen.“
Im Trainingslager selber seien sie Freunde, danach auch wieder, „aber im Wettkampf sind wir Gegner, denn da geht es um alles“. Da sei schon eine regelrechte „Ellenbogenmanier“ zu spüren, sagt Bock. „Da geht es um Millimeter, jeder will der Beste sein.“ Würde ein privater Bauherr bei seiner Fassade bei zwei Millimeter Abweichung ein „passt schon“ von sich geben, bedeutet das bei der Europameisterschaft: Null Punkte für diesen Teil. 100 Punkte sind maximal drin, „aber das hat bislang noch niemand geschafft“, sagt Bock.
Der Druck für jeden Einzelnen ist enorm
Das dürfte auch für Benno Uhlmann aus Karlstadt beruhigend sein, denn im Wettbewerb selbst stehen die Teilnehmer unter enormem Druck. Am ersten Tag heißt es, beim Dachrohbau die Seitenfront und einen Teil des Daches einzudecken, am zweiten Tag die Gaube und am dritten Tag den Rest. „Gerade die Gaube ist sehr anspruchsvoll zu machen“, sagt Uhlmann, „die hat es absolut in sich und ist der schwierigste Teil.“ Das wird in Schweinfurt zwar trainiert, aber die Details erfahren die Teilnehmer erst in Budapest.
Außer Medaillen und Urkunden gibt es in Budapest nicht viel mehr zu holen. Wobei das Trainingslager in Schweinfurt allein schon eine Besonderheit für die jungen Handwerker darstellt, jeder in seinem Heimatland ebenso weiter trainiert wird wie Uhlmann in Schweinfurt. Und um den Konkurrenzdruck nicht allzu groß werden zu lassen, ist Josef Bock auch mal Grillmeister oder organisiert eine Stadtführung mit anschließender Einkehr.