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SCHWEINFURT: Eine der bedeutendsten Sammlungen Europas

SCHWEINFURT

Eine der bedeutendsten Sammlungen Europas

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    Blick in das Museum Otto Schäfer, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert.Fotos: Anand Anders
    Blick in das Museum Otto Schäfer, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert.Fotos: Anand Anders Foto: Anand Anders

    Otto Schäfer war der erste Deutsche, der in den renommierten „Grolier Club of New York“ aufgenommen wurde. Als der Freundeskreis von Bibliophilen in den 1960er Jahren Europa und seine wichtigsten Bibliotheken besuchte, galt Schweinfurt und die Sammlung Otto Schäfers als der Höhepunkt.

    In der Szene hatte der Name Otto Schäfer (1912-2000) einen guten Klang. In der Heimatstadt des Industriellen stand die Sammlung ein wenig im Schatten der Gemäldesammlung des Bruders Georg, was gewiss auch damit zu tun hat, dass Gemälde und Grafiken ein Stück leichter zugänglich sind. Dann die Überraschung. Zusammen mit seiner Frau Ida, Sohn Otto G. (1937-2017) und Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser präsentierte der Sammler seinen Plan, die wertvollen Bücher einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dazu wurde das repräsentative Haus des Sohnes aufwendig umgebaut und in eine Bibliothek umgewandelt. Das war der Startschuss für die „Bibliothek Otto Schäfer“, die später in „Museum Otto Schäfer“ umbenannt werden sollte.

    Eröffnet wurde das Haus 1991, also vor 30 Jahren. Dazu gibt es nun eine Sonderausstellung, die in acht Abteilungen mit ausgewählten Exponaten die Geschichte der Sammlung dokumentiert.

    Schon als Jugendlicher hatte sich Otto Schäfer für Musik, Kunst und Literatur interessiert. Als 15-Jähriger begleitete er seine Mutter Alwine nach Hammelburg zum Kunsthändler Stolz, wo er erstmals originale Druckgrafiken in den Händen hielt. Für 25 bis 30 Mark waren damals Blätter von Rembrandt oder Dürer zu haben. Nicht von bester Qualität. Das räumte der Händler ein und gab dem Jungen etwas mit auf den Weg, was ihn sein Leben lang begleitet sollte. Nämlich immer den besseren Abzug zu suchen, Qualität über Quantität zu stellen. Schäfer hat nie Kunstgeschichte studiert. Er war aber ein ausgesprochen fleißiger Leser von Werkverzeichnissen, Bibliografien und Katalogen. Sie zog er zu Rate bevor er einen Druck oder ein Buch erwarb und brachte es so zu einer immensen Kennerschaft. Die Handbibliothek allein umfasst 15 000 Titel. Die Universität Würzburg hat ihn zum Ehrendoktor ernannt.

    Die Sonderausstellung (bis 25. Juli) zeigt auch den Holzschnitt Dürers aus der „Großen Passion“ mit der Kreuzigung, die Schäfer um 1930 erwarb, wie Museumsleiter Georg Drescher vermutet. Beruf und vor allem der Zweite Weltkrieg standen zunächst der Sammelleidenschaft im Wege. Als er nach 1950 sich wieder verstärkt der Kunst zuwenden konnte, traf er, so Drescher, zwei wichtige Entscheidungen. Er wollte die Sammlung neu aufbauen und dabei die gesamte europäische Druckgrafik berücksichtigen und die Sammlung mit Originalgrafiken ergänzen.

    Für seine rasant wachsenden Sammlungen ließ er einen Turm an seine Villa in der Deutschfeldstraße anbauen. 1961 folgte eine weitere Büchersammlung, die Erstausgaben deutscher Literatur gewidmet war. In diesem Jahr erwarb er die Bibliothek von Fritz Herbert Rothmann (1893-1983), die Literatur von der Aufklärung bis zum Jungen Deutschland enthielt. Sie wurde nicht nur in diesem Bereich immer weiter ausgebaut, sondern auch mit ausgewählten Drucken von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Realismus erweitert. Eine besondere Rolle spielte dabei die Barockliteratur.

    Die Katalogisierung überstieg die Kapazitäten Otto Schäfers und seines Beraters, des Münchner Antiquars Adalbert Lauter (1885-1972), erklärt Drescher. Dieser bat bald aus Altersgründen um die Entbindung von seinen Aufgaben. Mit Manfred von Arnim (1935-2009) zog 1967 erstmals ein eigener Antiquar in Schäfers Domizil. Nun konnten die Sammlungen sich interessiertem Fachpublikum öffnen. Um 1990 sollte sich das Spektrum seiner Bibliothek immer mehr erweitern, zuletzt auch um Künstlerbücher des 20. Jahrhunderts. Mit dem aufwendigen Katalog der Drucke des 15. Jahrhunderts (1984), der dem Standard angloamerikanischer Sammlungen um 1900 folgte, und der Ausstellung Fünf Jahrhunderte Buchillustration im Germanischen Nationalmuseum und der Bayerischen Staatsbibliothek 1987/1988 galt die Bibliothek Otto Schäfer als eine der zehn bedeutendsten europäischen Sammlungen auf dem Gebiet des alten Buches, sagt Drescher.

    Die Mitte der 80er Jahre gegründete Dr. Otto-Schäfer-Stiftung e.V. übergab 1991 nach dem Umbau des Anwesens von Otto G. Schäfer die Bibliothek Otto Schäfer der Öffentlichkeit. Die Graphik-Sammlung verblieb im Privatbesitz der Familie. Die Krise der Firma Kugelfischer zwang den Trägerverein 1994/95 zu weitgehenden Verkäufen aus der Sammlung der illustrierten Bücher, der bis 2014/15 weitere folgen sollten. 2015 erwarb der Trägerverein im Gegenzug die private Dürer-Sammlung Otto Schäfers. Zwei Jahre später gingen die Sammlungen, das Vereinskapital (fünf Millionen Euro) und das Anwesen Judithstraße 16 in den Besitz der Otto Schäfer Stiftung der Stadt Schweinfurt über, die seit dieser Zeit das Museum Otto Schäfer unterhält.

    Das am Stadtrand gelegene Haus beherbergt nicht nur die Sammlung Otto Schäfers, sondern hat auch die wertvolle Glassammlung Morell, die Reichstädtische Bibliothek, die Bausch-Bibliothek (Mitgründer der Leopoldina), die Bibliothek der Pfarrei St. Johannis. Mittelfristig soll das Museum in die Innenstadt in das entstehende Kulturforum verlegt werden.

    Museum Otto Schäfer: Öffnungszeiten. Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag und Feiertag 10 bis 17 Uhr, www.museumottoschaefer.de

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