Wer von den Einheimische kennt sie nicht, die Allee östlich von Herlheim? Ganz selbstverständlich und ohne sich große Gedanken zu machen, fährt man in Richtung Alitzheim durch diese Baumreihen. Nie käme man auf die Idee, dass die Allee etwas Besonderes sein könnte. Das ist sie allerdings in der Tat. Sie ist sogar eine Alleebaumrarität. Dies zumindest kann man dem Bildband von Olaf Schulz, „Die schönsten Alleen in Deutschland“, entnehmen.
Die knapp 900 Meter lange, mit Bäumen bepflanzte Strecke der Straße ist im Buch des blv-Verlags eine von 64 ausführlich beschriebenen Alleen in ganz Deutschland.
Nicht wegen ihrer großen und mächtigen Bäume nahm sie der Naturfotograf und Journalist mit Schwerpunkt Ökologie in seinem Werk auf, sondern wegen ihrer Artenvielfalt und den seltenen Alleebaumarten. Deshalb nennt er sie auch „Arche-Noah-Allee“.
Die meisten im Bildband erwähnten Alleen bestehen aus einer einzigen Baumart, etwa Kastanien, Linden, Eichen, Pappeln oder auch Obstbäumen. Oft sind diese Bäume schon Jahrhunderte alt und begrenzen nicht nur Straßen, sondern beispielsweise auch Zufahrten zu Schlössern und Gutshöfen und sogar Bahnlinien oder sie sind auch einfach in der Landschaft zu finden.
Die meisten Alleen gibt es laut Schulz, der seit seiner Geburt in Brandenburg lebt, noch im Osten Deutschland. Dort wurde in der Zeit der zwei deutschen Staaten anscheinend nicht so rigoros abgeholzt. In den westlichen Bundesländern sind, so der Brandenburger, die nächsten schönen Alleen weit von Herlheim entfernt. Sie befinden sich bei Fulda, bei Karlsruhe in der Oberpfalz und im Alpenvorland.
Feuchtigkeitsliebende Arten
Acht verschiedene, feuchtigkeitsliebende Baumarten hat Olaf Schulz in der Mischallee bei Herlheim entdeckt, ist dem Buch zu entnehmen. Abgesehen von Berg- und Spitzahorn handele es sich um lauter vom Aussterben bedrohte Alleebaumarten. So fand der Fotograf und Journalist neben gewöhnlichen Erlen und einer Silberweide auch Ebereschen, Schwarzerlen und Eschenahorn, die alle heute kaum noch in einer Allee zu finden seien. Die Schwarzpappel stehe sogar auf der „Roten Liste“ der gefährdeten Alleebaumarten.
Ganz bewusst hat sich Erich Rößner aus Alitzheim die Bäume entlang der Straße angeschaut. Als Naturschutzwächter ist er für das Landschaftsschutzgebiet „Herlheimer Wiesen“ zuständig, zu dem auch die Allee gehört. Er kommt indes zu einem etwas anderen Ergebnis als Olaf Schulz. So suchte Rößner vergeblich eine auf der roten Liste stehende echte Schwarzpappel. Allerdings gebe es einige Pyramidenpappeln, ebenfalls eine Schwarzpappelart. In feuchten Gebieten komme dieser säulenartige Baum allerdings häufiger vor, auch im Steigerwaldvorland.
Nicht oder nicht mehr – das Buch wurde allerdings bereits 2005 gedruckt – konnte Rößner Ebereschen, Weiden und Eschenahorn finden. Dafür entdeckte er allerdings eine Silberpappel.
Ein Alter von zehn bis 100 Jahre haben die Bäume in der Allee, hat Olaf Schulz recherchiert und lobt die Herlheimer für deren ausgezeichnete Pflege. Dieses Lob gebührt allerdings nicht den Dorfbewohnern, sondern den Arbeitern des Straßenbauamtes des Landkreises Schweinfurt. Sie hegen und pflegen die Allee.
Schon wegen der Verkehrssicherheit sei es nötig, gefährliche Äste regelmäßig zu entfernen, berichtet Straßenbaumeister Norbert Müller, der diese Straßenstrecke schon lange kennt. Wenn Bäume gefällt werden müssen oder eventuell umfallen, würden sie grundsätzlich ersetzt.
In den vergangenen Jahren wurden meist Ahorn oder Eschen gepflanzt, so der Straßenbaumeister. Die genaue Pflanzstelle und die Baumart werden immer mit Jürgen Kiefer von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt abgesprochen.
Erscheinungsbild erhalten
Das Ziel bei den Pflanzungen sei, das Erscheinungsbild der Allee, den geschlossenen Bestand, bestmöglichst zu erhalten, sagte Jürgen Kiefer hierzu. So müsse der Abstand zu den anderen Bäumen und der Straße sowie die Stammhöhe bei einer Neupflanzung beachtet werden.
Auch Krankheiten und der Klimawandel spielten bei der Wahl der Baumart eine Rolle. Zum Beispiel sei es fraglich, ob in Zukunft noch Eschen, wegen des Eschentriebsterbens, gewählt werden können. Auch Hybridpappeln und eine Zitterpappel gebe es in der Allee, vervollständigt der Beamte des Landratsamtes die vorhandenen Baumarten.
Weder Jürgen Kiefer noch Erich Rössner kennen den Bildband von Olaf Schulz und zeigten sich überrascht, dass die Herlheimer Allee zu den schönsten Deutschlands zählen soll. Beide bestätigten jedoch, dass solche Mischalleen eher selten zu finden sind.