Wenn sich an diesem Freitag die hohe, helle Halle des neuen Verwaltungs- und Ausstellungsgebäudes der Firma Käfer Stahlhandel mit 220 geladenen Festgästen aus Politik und Wirtschaft füllt, dann geht für die Belegschaft eine lange Durststrecke zu Ende: Der Bau im Gochsheimer Gewerbegebiet Atzmann wäre schon vor einem Jahr bezugsfertig gewesen. Doch drei Tage vor dem Umzugstermin setzten Einbrecher alles unter Wasser: Irgendwann zwischen Samstag, 22. März 2014, 17.15 Uhr, als der letzte Arbeiter ging, und Sonntagabend drauf drehten sie alle Wasserhähne auf, schraubten Siphons ab und legten sogar Schläuche, um möglichst viel Schaden anzurichten.
Und es gelang ihnen. Im Polizeibericht hieß es damals: „Durch die Flutung wurden alle Böden stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Wasser lief auch in Elektroschächte, große Teile der Deckenverkleidung hatten sich gelöst und waren zerstört. Der Sachschaden bewegt sich im sechsstelligen Eurobereich.“
Wenn geschäftsführende Gesellschafterin Daniela Wetterich von der Sache erzählt, merkt man ihr heute noch die Fassungslosigkeit an: „Das war reine Sabotage. Wir waren alle erstmal in Schockstarre. Und du fragst dich: Wer tut dir so was an?“ 60 000 Liter Wasser waren in das Gebäude gelaufen, die Wände hatten sich vollgesogen, die Böden waren praktisch zerstört. „Wir mussten das Haus auf den Rohbau zurückbauen, das hat uns neun Monate zurückgeworfen“, sagt Daniela Wetterich.
Verwaltung, Innendienst und Geschäftsführung, bis dato beengt und dunkel in einem abgetrennten Bereich der großen Werkhalle untergebracht, hatten bereitgestanden, nach nebenan umzuziehen – der Spatenstich hatte im März 2013 stattgefunden und das Richtfest im August 2013. Doch daraus wurde erstmal nichts. Hinzu kamen die Ermittlungen der Polizei, die „in alle Richtungen gingen“, wie Wetterich erzählt. „So etwas berührt dann auch das Privatleben.“
Der oder die Täter konnten nicht ermittelt werden. Nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Axel Weihprecht ist das Ermittlungsverfahren inzwischen eingestellt worden. Weiterhin winkt aber eine Belohnung von 5000 Euro, ausgesetzt von der Firma Käfer für Hinweise, die doch noch zum Täter führen.
Nach dem ersten Schock hat die Wasserkatastrophe die Belegschaft zusammengeschweißt. „Wir haben das gemeinsam durchgestanden.“ Und: Die Handwerksfirmen, die nach Ablauf der geplanten Bauzeit längst andere Aufträge hatten, blieben fast alle dabei und zogen das Projekt durch. „Ihnen muss ich meine Hochachtung aussprechen.“
Im vergangenen Dezember konnten also endlich 21 der 60 Mitarbeiter die neuen Räume beziehen. Platz ist zudem für elf weitere, die Käfer Stahlhandel GmbH & Co. KG will weiter wachsen. „Wir hatten zwischenzeitlich sogar einen Einstellungsstopp – neue Mitarbeiter hätten wir nicht untergekriegt“, sagt Wetterich. „Was angesichts der großen Nachfrage ganz schön gefährlich war, es braucht nämlich bis zu sechs Monate Einarbeitung für eine neue Beratungskraft.“
Käfer Stahlhandel steht im Wesentlichen auf zwei Säulen: Betonstahl für kleine und mittlere Bauunternehmen und Türen und Tore aller Art. Der Betonstahl wird auf Kundenwunsch zurechtgeschnitten und -gebogen. Und zwar möglichst schnell. „Wir denken in Zwei-Tages-Abständen, zur Not geht es aber auch über Nacht“, sagt Geschäftsführer Robert Erhard.
Auch Türen und Tore werden vorab genau an ihren Montageort angepasst und von den Servicemitarbeitern als fertiger Bausatz angeliefert und eingebaut. „Unsere elf Montagefahrzeuge sind permanent unterwegs“, sagt Wetterich. Die Sparte Neubau bewege sich weiterhin auf nicht sehr hohem Niveau, aber es werde viel in Renovierungen und Aufwertungen investiert. „Gerade ältere Hausbesitzer gönnen sich was, zum Beispiel ein breiteres Garagentor. Und ein Doppelgaragentor können wir an einem Tag ersetzen“, sagt Erhard.
Richtige Beratung spielt dabei eine große Rolle: Es geht um gestalterische, technische, energetische und gesetzliche Aspekte. Ein Beispiel für ein richtig großes Tor, das perfekt in eine Glasfassade eingefügt wurde, können die Kunden jetzt im Neubau sehen: Es führt zur großen Halle, die die Ausstellung des Türen- und Tore-Angebots aufnehmen wird, sobald die festliche Eröffnung am Freitag vorbei ist. Derzeit ist die Ausstellung noch in einem Nebenraum der Werkhalle untergebracht.
Entworfen hat den elegant-sachlichen Neubau mit großen Glasflächen das Schweinfurter Büro Rudloff, Wild & Partner, den Rohbau hat Glöckle erstellt. Auch die anderen Gewerke sind an Firmen der Region gegangen, unter ihnen viele Kunden, sagt Daniela Wetterich.
Stolz sind Wetterich und Erhard auf die energetischen Eigenschaften des Niedrigenergiegebäudes: Ein Gutteil des Stroms kommt vom Dach, geheizt wird mittels Wärmepumpe, ein Be- und Entlüftungssystem wärmt die Luft im Winter vor und kühlt sie im Sommer ab. Auf eine Klimaanlage wurde bewusst verzichtet. Nachts schalten sich alle Steckdosen ab, mit Ausnahme denen der Kühlschränke und der EDV. Das Licht kommt aus LED-Leuchten, die dank Tageslichtsensoren und Präsenzmelder möglichst sparsam gesteuert werden. Neben großzügigen und hellen Büros gibt es nun auch schöne Sozialräume für alle Mitarbeiter und einen Schulungsraum für bis zu 80 Teilnehmer.
Tage der offenen Tür mit vielen Attraktionen sind am 25. und 26. April geplant.
Gebäude-Streckbrief
Investition (ohne Schadensbeseitigung): 2,5 Millionen Euro. Reine Bauzeit: ein Jahr. Plus neun Monate Reparaturzeit nach Wasserschaden. Grundstücksfläche: 4000 Quadratmeter. Gesamtfläche Gebäude: 1500 Quadratmeter, davon 516 Büroräume und 230 Ausstellung. Glasfläche: 4000 Quadratmeter. Verlegte Datenkabel: 17 000 Meter.