Nicht zu wissen, was los ist. Das ist das Schlimme. Die nervenzehrende Ungewissheit war für Katja Uttinger fast noch schrecklicher als die qualvollen Krämpfe. „Irgendwann fängst du an, an dir zu zweifeln.“ 20 Jahre lang lebte die Gochsheimerin mit einer zwar gutartigen, aber äußerst schmerzhaften Krankheit, die keiner ihrer Ärzte erkannte.
Dabei ist Endometriose gar nicht so selten. Zwischen zwei und sechs Millionen Frauen in Deutschland sind betroffen, schätzt die Endometriose-Vereinigung; etwa 40 000 erkranken jedes Jahr neu. Das Problem ist, dass die Krankheit „ein Chamäleon der Medizin“ ist. Bei Endometriose setzen sich gebärmutterschleimhaut-ähnliche Zellen auf Blase, Darm, Bauchfell und Eileitern fest und bluten dort zyklisch bedingt ab. Dies verursacht bei betroffenen Frauen vor allem während der Regelblutung Schmerzen und Verwachsungen.
Bei Katja Uttinger ging das Leiden schon als Teenager los. Sie litt an ziehenden und stechenden Unterbauchschmerzen. „Ibuprofen 800 hab' ich geschluckt wie Smarties.“ Ihr Gynäkologe meinte: „Ich solle mich nicht so anstellen.“ Er ging wohl davon aus, dass Frausein mit Leid verbunden ist.
Katja Uttinger lernte den Beruf der Arzthelferin. Manchmal wurde sie mitten am Tag ohnmächtig – eine Folge der Schmerzen. Damit anderen Frauen eine ähnliche Odyssee erspart bleibt, engagiert sich die Gochsheimerin dafür, dass Endometriose ein öffentliches Thema wird und dass schon junge Mädchen darüber aufgeklärt werden. Und dafür, dass Ärzte besser aus- und fortgebildet werden.
Noch immer ist die Ursache für die Erkrankung nicht bekannt. Individuelle Behandlung jedoch kann den Patientinnen viel Lebensqualität zurückbringen. „Schon allein deshalb ist es Zeit, das Schweigen zu beenden“, findet Katja Uttinger und lädt am Samstag, 28. März, zusammen mit der Endometriose-Vereinigung Deutschland zum „Endo-March“ nach Schweinfurt ein.
Vorbild ist der amerikanische „Endo-March“, der 2014 erstmals stattfand und heuer in 50 Ländern wiederholt wird. Im Rahmen der Schweinfurter Frauenwochen veranstalten Uttinger und ihr Team ab 14 Uhr einen Info-Nachmittag mit Vorträgen von Experten, Fachärzten und Betroffenen. Danach formiert sich ein Zug zum Marktplatz.
Über 20 Jahre hat es gedauert, bis Katja Uttinger erfuhr, dass sie eine chronische Krankheit hat. Die Erkenntnis verdankt die heute 48-Jährige einem Zufallsbefund. Im Jahr 2000 musste ihr Blinddarm entfernt werden. Der Arzt entdeckte dabei die Schleimhaut-Herde auf der Blase.
Die Schmerzen hatten jetzt zwar einen Namen, weg waren sie damit aber nicht. Katja Uttinger unterzog sich insgesamt 13 Operationen. Doch leider nisten sich immer wieder neue Endo-Herde im Bauchraum ein. Derzeit befindet sie sich in Behandlung mit Traditioneller Chinesischer Medizin, die ihr gut hilft. Allerdings sei der ständige Kampf mit der Krankenkasse, die viele Kosten nicht übernehmen will, kräftezehrend. „Auch deshalb ist der Endo-March wichtig“, sagt Uttinger.
Das Schweigen brechen – beim Endometriose-Marsch
„Endo“ – was ist das? Wenn sich Schleimhautzellen wie in der Gebärmutter auch am Darm, an Eierstöcken und Eileitern, an Blase oder Bauchfell ansiedeln und dort zyklisch abbluten, spricht man von Endometriose (griech.: endo = innen; metra = Gebärmutter). Die Erkrankung ist gutartig, hormonabhängig und chronisch.
Symptome: Typische Beschwerden sind starke Schmerzen und Krämpfe im Unterbauch vor und während der Regelblutung, beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang und Wasserlassen. Nicht selten leiden Patientinnen auch unter Migräne, plötzlichen Ohnmachten oder ungewollter Kinderlosigkeit.
Schweigen brechen: Katja Uttinger und die Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. laden am Samstag, 28. März, zum Endometriose-Marsch („Endo-March“) nach Schweinfurt. Unter dem Motto „Time to end the silence“ wird weltweit auf die Krankheit aufmerksam gemacht. In Schweinfurt kommen Experten und Betroffene zu Wort (14 Uhr, Friedrich-Rückert-Bau, Leopoldina-Saal); danach Zug zum Marktplatz. Kostenlose Teilnahme.
Infos: www.endometriose-vereinigung.de; kuttinger@web.de. *ldk*