„Josef Stangl verstand es, Menschen in seelischer oder materieller Not Wege aus der Krise heraus zu zeigen“, erinnert sich Psychologe Erhard Scholl. Scholl leitete bereits vor dem Umzug ins Bischof-Stangl-Haus die Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Hauptstelle Schweinfurt innerhalb der Diözese. Allein die Ehe- und Familienberatung des Beratungsstelle haben in den 25 Jahren 12 250 Ratsuchende aufgesucht. 74 000 Beratungsstunden wurden geleistet.
Hinzu kommen die Angebote des „Sozialdienstes katholischer Frauen“ (SkF), der Kindern, Jugendlichen sowie Frauen und Familien in besonderen Lebenslagen hilft. Seit 2004 ist Elisabeth Maskos Vorsitzende dieses Vereins. Sie berichtet von 8500 Einzel-Unterstützungen in 25 Jahren, allein im Bereich Hilfe für Frauen in Schwangerschaft und nach der Geburt.
„Familien brauchen zunehmend Hilfe zur Bewältigung von Krisen und Herausforderungen“, berichten Maskos und Scholl, denn neue Lebensformen und wirtschaftlicher Druck sorgten für verschiedenste Konflikte. So entstünden Belastungen nicht mehr nur durch Arbeitslosigkeit, sondern bereits durch höhere Arbeits-Anforderungen, um den Job nicht zu verlieren. Regelrechte „Seismographen für gesellschaftlich-strukturelle Entwicklungen“ seien die Beratungsstellen, deren Dienste sich ständig auf wechselnde Problem-Situationen einstellen.
„Unsere Vielfalt ist das große Plus des relativ kleinen SkF“, sagt Elisabeth Maskos. Vom Einmal-Kontakt bis zur jahrelangen Begleitung reiche die Arbeit von fünf Sozialpädagoginnen in Teilzeit und über 100 Ehrenamtlichen. Entstanden im Jahr 1925, war der SkF nach seiner Wiedergründung 1953 vor allem ein Fürsorgeverein für die vielen Kriegswaisen und Flüchtlinge. Engagiert war er aber auch schon in der Straffälligen-Hilfe und in der Betreuung von Vormundschaften.
In jüngerer Zeit wurden die Schwangeren-Beratung und die Betreuung alleinerziehender Frauen wichtige Arbeitsbereiche des SkF, mit Projekten wie „Starke Eltern – Starke Kinder“. Schulen bietet der SkF sexualpädagogische Aufklärung an. Sie soll auch jungen Männern die Probleme einer zu frühen Schwangerschaft verdeutlichen und Werte in Sachen Liebe und Verantwortung vermitteln.
Bei der allgemeinen sozialen Beratung hilft der SkF Menschen mit persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die durch Scheidungs-Situationen entstehen. Noch ein Schwerpunkt liegt auf der Übernahme rechtlicher Betreuungen sowie der Fortbildung von ehrenamtlichen Betreuern. Schließlich engagiert sich der SkF stark im „Täter-Opfer-Ausgleich“. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft hat er das Ziel, Täter und Opfer zur außergerichtlichen Konfliktlösung miteinander in Kontakt zu bringen. Bezahlen müssten Ratsuchende nichts, erklärt Maskos. Die Schwangeren-Beratung trage die Kirche alleine, „andere Bereiche finanzieren die Kommunen mit“.
Auf verschiedenen Wegen, durch Vermittlung der Kirche, der Jugendämter, des Frauenhauses oder der Justizbehörden, aber nicht selten auch direkt und vor allem auf persönliche Empfehlung hin kommen Menschen ins Bischof-Stangl-Haus. Erhard Scholl ist dort einer von acht Psychologen und Sozialpädagogen, die – alle mit spezieller Weiterbildung – in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diözese tätig sind. In Schweinfurt entstand diese Stelle 1951. Auch damals, so Scholl, habe materielle Not bestanden oder Alkohol zu Krisen geführt. „Und es gab Kriegsheimkehrer, die traumatische Erlebnisse zu verarbeiten hatten.“
Im Gegensatz zu damals aber werde heute in zwei Dritteln aller Fälle von Frauen die Scheidung erwogen. Dabei gehe es um Nicht-Anerkennung seitens der Partner, Eltern oder Schwiegereltern, ebenso wie um sexuelle Probleme. Beratung setze da beim richtigen Reden an. „Denn wer gut miteinander spricht, lässt sich weniger oft scheiden“, betont Scholl. Dazu gehöre, dass Streitende keinesfalls mit einem „Du hast . . . !“ ihren Ärger kundtun, weil dies in die Defensive dränge und Blockaden baue, die immer höher und stärker würden.