Der Tagesordnungspunkt mit dem Titel "Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr N 16c I Kindergarten Gartenstadtstraße" klang harmlos, aber in der Diskussion war ordentlich Pfeffer. Das Problem: Verwaltung und Teile des Bauausschusses empfinden das vorgeschlagene Grundstück und die gewünschte Gebäude-Gestaltung für den dringend benötigten Kindergarten als suboptimal. Doch ein direkt an der Straße gelegenes freies Grundstück wollte der Eigentümer nicht verkaufen. Jetzt ist man aber unter Zeitdruck, da der geplante Kindergarten dringend gebraucht wird und Zuschüsse bis 2022 abgerufen sein müssen.
Die Lebenshilfe für Behinderte e.V. Schweinfurt plant als Betreiber und Bauherr einen eingeschossigen Neubau für einen integrativen Kindergarten mit Krippengruppe. Es gibt zwölf Plätze für Kinder unter drei Jahre und 75 für Kindergartenkinder. Das Besondere an der Einrichtung, die direkt im Anschluss an das bestehende Lebenshilfe-Gebäude neben dem Bunker an der Blauen Leite entsteht, sind die sieben Plätze für die Betreuung von Kindern mit Behinderung bzw. für von Behinderung bedrohte Kinder.
Die Bauverwaltung ist der Ansicht, ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren für das 3000 Quadratmeter große Grundstück ohne Umweltprüfung sei nötig. Es liegt zwischen der Gartenstadtstraße, der Blauen Leite und der Galgenleite.
Köhlers Kritik löst hitzige Debatte aus
Die Debatte löste die Kritik von Rüdiger Köhler (CSU) aus. Als er die Pläne sah, dass der Kindergarten nicht auf den freien Grundstücken an der Gartenstadtstraße - hier hatte der Bauverein vor Jahren alte Gebäude abgerissen - sondern im rückwärtigen Bereich entsteht, der im Moment eine verbuschte Grünfläche mit Bäumen ist, empfand er das als "reingequetscht". Überraschend sein Plädoyer pro altem Baumbestand (Köhler war der Initiator der Abschaffung der Baumschutzverordnung). "Ist das ein zukunftsträchtiger Entwurf an dieser Stelle?", fragte sich Köhler.

Von Verwaltungsseite gab es Verständnis für Köhlers Kritik. Stadtbaumeister Markus Sauer, Ordnungsreferent Jan von Lackum und Oberbürgermeister Sebastian Remelé empfinden die vorgeschlagene Lösung auch als "suboptimal", sehen aber keinen anderen Ausweg. Der Grund: Der Grundstückseigentümer Bauverein wollte nach Darstellung der Verwaltung die aus Stadtsicht besser geeigneten Grundstücken direkt an der Gartenstadtstraße nicht verkaufen.
"Ich fühle mich erpresst."
CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler über den Appell der Verwaltung, dem Vorschlag für den Neubau eines Kindergartens in der Gartenstadt trotz Bedenken wegen des Standortes unbedingt zuzustimmen.
Der OB appellierte mehrfach, die aus seiner Sicht berechtigten Bedenken zurück zu stellen, da der Kindergartenneubau eine absolute Notwendigkeit sei. "Wir müssen jetzt in die Pötte kommen", so Remelé. Sichtbar verärgert war der OB wegen Redebeiträgen der SPD-Räte Thomas End und Johannes Petersen.
End erklärte, der jetzige Standort sei ein Architektenvorschlag gewesen. Der Kindergarten an dieser Stelle sei für die sich erneuernde Gartenstadt wichtig, es müsse endlich losgehen, sonst sei die Förderung gefährdet. Ends Beitrag kommentierte der OB ungewohnt bissig: Er konstatierte dem Sozialdemokraten, der lange Aufsichtsratsvorsitzender des Bauvereins war, "erstaunliches Selbstbewusstsein". Man habe mit "Engelszungen" auf den Bauverein eingeredet, nicht die sub-, sondern die optimale Lösung zu ermöglichen. Die zeitliche Verzögerung sei den langwierigen Verhandlungen geschuldet, so der OB.
Ulrike Schneider (Freie Wähler/Schweinfurter Liste) kritisierte den Bauverein ebenfalls deutlich. Sie wies darauf hin, dass 15 alte Bäume gefällt würden und man an diesem Beispiel sehe, dass Bebauungspläne eben keinen Schutz für Bäume böten. Baureferent Ralf Brettin erklärte, man habe alle Fragen zum Standort oder einer möglichen Zweigeschossigkeit des Gebäudes auch im Vorfeld diskutiert. Der Nutzer drohe aber damit, dass das Projekt scheitere, wenn man nicht wie gewünscht bauen könne. Daraufhin erklärten Köhler und Ulrike Schneider unisono, sie fühlten sich erpresst. Sie stimmten deswegen dagegen, dennoch folgte die Mehrheit dem OB-Appell - wenn auch, mit Ausnahme der SPD, mit Bauchschmerzen.