In dem Gerichtsverfahren gegen einen 47-jährigen Kaufmann wegen 15-facher brutaler Vergewaltigung und Misshandlung einer heute 25-Jährigen sind an diesem Vormittag, dem zweiten Verhandlungstag, Öffentlichkeit und Presse für die Dauer der Vernehmung des mutmaßlichen Opfers ausgeschlossen worden.
Beantragt hatte dies die Nebenklägerin, das mutmaßliche Opfer. Der Oberstaatsanwalt „trat diesem Antrag bei“. Der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt hatte zuvor darauf hingewiesen, dass für den Fall des Ausschlusses auch der Presse nur die Version des Angeklagten bisher öffentlich bekannt sei. Der hatte am Montag bei seiner Einlassung zu den einzelnen Tatvorwürfen behauptet, er habe die Versicherungsangestellte, die zum Tatzeitpunkt halb so alt war wie er, nie vergewaltigt. Alle 15 Tatvorwürfe seien falsch. Sämtliche Sexualpraktiken seien einvernehmlich als Sadomaso-Spiele (SM) erfolgt – mit ihm im Part des Sadisten und ihr als Masochistin. Er habe sie über das Internet-Portal „www.sklavenzentrale.de“ kennengelernt, und sie sei dabei auf ihn zugegangen. Darüber hat diese Zeitung am Dienstag ausführlich berichtet.
Was die 25-Jährige zu den Behauptungen des Angeklagten im Einzelnen sagt, ob sie glaubhaft darlegen kann, dass die laut Anklage äußerst massiven sexuellen Übergriffe und Misshandlungen durch den Angeklagten nicht Bestandteil einer Sadomaso-Obsession beider waren – sondern brutale Vergewaltigung, Körperverletzung, Erniedrigung nach Streitereien, aus Wut und Eifersucht oder anderen Motiven: davon kann sich die Öffentlichkeit jetzt kein Bild aus eigener Anschauung machen.
Somit bleibt in einem Gerichtsverfahren für die Öffentlichkeit zunächst offen, wem sie in einem Verfahren, in dem Aussage gegen Aussage steht, Glauben schenken kann: der Frau, die seine „Sub“ (Unterwürfige) gewesen sein soll, oder dem Angeklagten, der sie als „Dom“ (Sadist) angeblich im Einvernehmen geschlagen, gepeitscht, gewürgt, an den Haaren gezogen und mit ihr die in der BDSM-Szene (Fesselung/Sadomaso) üblichen Sexualpraktiken ausgeübt haben soll.
Am Ende werden wohl – wie in Prozessen üblich, in denen nur Täter und Opfer Tatzeugen sind – die Gutachter die entscheidenden Argumente über Schuld oder Unschuld liefern. Dazu gibt es ein Glaubwürdigkeitsgutachten, das im Prozess aber öffentlich noch nicht eingeführt ist. Die 15 Vergewaltigungen und Misshandlungen der 25-Jährigen sollen zwischen Juli 2009 und Ende 2010 stattgefunden haben.
Der Angeklagte sitzt derzeit in Würzburg eine 18-monatige Freiheitsstrafe ab. Angeblich hat er in der Zeit, als er mit der Klägerin zusammenlebte, seinen Lebensunterhalt weitgehend durch Dealerei bestritten – mit Erlösen aus einer ertragreichen Cannabis-Plantage.