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SCHWEINFURT: „Es macht einfach keinen Spaß mehr“

SCHWEINFURT

„Es macht einfach keinen Spaß mehr“

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    Ralf Wiertelorz, Kapitän der „Stadt Schweinfurt“, ist von der Stadt Schweinfurt enttäuscht, weil diese ihn im Kampf gegen Randalierer nicht genügend unterstützt, wie er findet.
    Ralf Wiertelorz, Kapitän der „Stadt Schweinfurt“, ist von der Stadt Schweinfurt enttäuscht, weil diese ihn im Kampf gegen Randalierer nicht genügend unterstützt, wie er findet. Foto: FOTO Laszlo Ruppert

    „Vandalismus“ nennt er als Grund für seinen Frust. Dieses Jahr habe er über 10 000 Euro für Reparaturen bezahlt. Weil die Versicherung eine Eigenbeteiligung von 500 Euro verlangt, kann er diese oft nicht in Anspruch nehmen. Und trotzdem hat die Versicherung den Beitrag ganz ordentlich aufgestockt, der vielen Vorfälle wegen.

    Seit April schläft Wiertelorz Nacht für Nacht auf seinem Schiff. Die Ungewissheit, ob nicht irgendein Spinner, eine Gruppe Jugendlicher, die sich am Wochenende vor dem Discobesuch mit Alkohol zudröhnen, oder stadtbekannte Randalierer mit geleerten Bier- und Schnapsflaschen die Scheiben seines Schiffes einschmeißen, hält ihn nicht mehr in der Wohnung.

    Wilde Pinkler allenthalben

    Dass es am Morgen an der Gutermann Promenade nach Klärwerk rieche, weil allenthalben wilde Pinkler unterwegs waren, damit kann der Kapitän noch leben. Dass mittlerweile jedoch etliche Einkaufswagen, mit denen die Gangs bis zu sechs Kästen Bier in die Parkanlage transportierten, im Main gelandet seien, das sei für das Schiff eine Bedrohung. Gleiches gelte für die Bierkästen im Fluss.

    Jüngst wurde auf dem Schiff eingebrochen, die gesamte Toilettenanlage verwüstet. Zehn Tage lang blieb das Schiff an den Leinen. Fahrten mussten abgesagt werden. Scherben der zerschmetterten Bierflaschen auf dem Oberdeck sorgen dafür, dass der Farbkübel nahezu ständig im Einsatz sei. Neu auf dem Schiff ist auch die Bestuhlung, nicht weil die alte nicht mehr intakt war, sondern weil sie ungebetene Gäste über Bord geworfen haben.

    Und im Main würden sich sicherlich auch viele der verschwundenen Tischdecken, Fahnen und Stromkabel samt Glühbirnen finden, schätzt Wiertelorz. Gefunden hat er die Reste seiner Biergarnituren, jedoch nur die Stahlgestänge. Mit dem Holz wurde wohl ein wärmendes Feuer bereitet. Gut verdient auch ein Glaser bei Wiertelorz. An der Anlegeseite sei kaum noch ein Fenster, das nicht in den letzten Jahren ausgewechselt werden musste.

    Teuer zu stehen kam den Kapitän auch die Nacht, in der er von der Polizei alarmiert wurde, dass sein Schiff herrenlos vor dem Kraftwerk treibe. Feuerwehr und Taucher kassierten jeweils rund 500 Euro.

    Nahezu täglich komme die Polizei, doch meist nur, um Schäden aufzunehmen, darunter Graffitischmierereien am Schiff und im gesamten Bereich der von ihm von der Stadt angemieteten Anlegestelle.

    Gesprochen hat der Kapitän mit dem städtischen Sicherheitsreferenten Jürgen Montag und Hans Schnabel, Chef des Liegenschaftsamtes. Doch herausgekommen ist nur ein Schreiben von „gerne daheim in Schweinfurt“, das Wiertelorz auffordert, selbst präventiv in Vorleistung zu gehen. „Nichts ist von denen gekommen“, sagt Wiertelorz, nicht einmal eine Zusage über eine bessere Ausleuchtung der der Stadt gehörenden Kaimauer, an der schon längst kein Privatboot mehr liege, weil die Eigentümer um ihre Boote fürchten müssten.

    Sieben Jahre lang habe er wie kaum ein anderer Touristen nach Schweinfurt gebracht. Und jetzt lasse man ihn in der Luft hängen, ärgert sich Wiertelorz. Eigentlich wolle er lieber heute als morgen den Standort wechseln. Doch zumindest bis Ende August ist sein Auftragsbuch bestens gefüllt, die Fahrten werden auch alle stattfinden, versichert der Kapitän.

    Vorglühen vor dem Disco-Besuch

    Höchstens dann nicht, wenn irgendwelche Rowdys das Schiff lahmlegen. Verschärft habe sich die Situation heuer wegen der noch immer geschlossenen Gaststätte in der Disharmonie. Solange dort die Gäste aus- und eingehen, halten sich die Randalierer in den hinteren Bereichen der Parkanlage auf, hat der Schiffseigentümer beobachtet. Jetzt toben sich schon am Abend Jugendliche an der Gutermann Promenade aus, beim „Vorglühen“ vor dem Discobesuch.

    Hans Schnabel versteht die „berechtigten Sorgen“ des Kapitäns. Doch die Probleme seien von der Stadt und auch von der Polizei nicht in den Griff zu bekommen. Eine ständige Überwachung sei nicht zu leisten. Die Stadt sei jedoch Wiertelorz durchaus entgegengekommen, habe ihm angeboten, das Schiff flussaufwärts am Jugendgästehaus in der Nacht anzulegen. Eine doppelte Miete würde ihm nicht berechnet, sagt Schnabel. Aus zwei Gründen lehnt Wiertelorz ab: Oberhalb der Maxbrücke liege das Schiff in der Fahrrinne, und dort könnten sich Randalierer noch unbeobachteter fühlen. Außerdem gehöre das Schiff an seinen Platz, an den Platz, den alle Schweinfurter kennen.

    So bleiben am Schluss zwei Aussagen. Schnabel: „Wir bedauern.“ Wiertelorz: „Es macht hier einfach keinen Spaß mehr.“

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