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WIPFELD/CAPUTH: Fähren-Urteil: „Chancen stehen 50 zu 50“

WIPFELD/CAPUTH

Fähren-Urteil: „Chancen stehen 50 zu 50“

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    Preisfrage: Kennen Sie Caputh? Sie kennen es – sehr gut. Sie kennen es nicht – dann ist das für sie auch nicht weiter schlimm. Doch die Verantwortlichen unterfränkischer Fähren-Standorte, die sollten es kennen. Denn in dem brandenburgischen 4 200-Einwohner-Ort, in dem als Attraktion ein ehemaliges Sommerhaus von Albert Einstein steht, ist die Fähre Caputh GbR beheimatet. Und die, die leistet am Verwaltungsgericht Potsdam mit einem Verfahren Widerstand gegen Neuerungen, die von der in der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mainz angesiedelten Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission und Schiffseichamt eingefordert werden.

    Im Fall Caputh heißt dies: Aufrüstung in Form eines Radargerätes oder eines Fährjungen. Bekommt die Firma von Karsten Grunow Recht, hätte das wohl bundesweite Auswirkungen. Und es wäre ein Sieg von David über Goliath. Denn Grunows Firma besteht, ihn selbst eingerechnet, gerade mal aus drei Mann, sprich aus drei Fährmännern. Die steuern auf der unteren Havel eine Seilfähre über insgesamt gerade mal 80 Meter Wasserweg von Caputh nach Geltow und zurück.

    Nicht sinnvoll

    Für Grunow machen beide Neuerungen keinen Sinn. Das Radar nicht, „weil wir bei Nebel sowieso nicht fahren und weil unsere Fähre – genauso wie ein Sport- oder Freizeitboot – nachts beleuchtet ist“. Und wo die Berufsschiffe fahren, das bekommen der 40-jährige Unternehmer und seine Kollegen über Funk mit. Und die Radar-Alternative Fährjunge, die auf der Havel als „Warschauer“, also als Ausguck eingesetzt werden würde, die sei auf seiner Fähre auch überflüssig. Denn der zweite Mann würde an der Spitze des 23 Meter langen und sechs Meter breiten Gefährtes stehen, gerade mal fünf Meter entfernt vom Steuerhaus. „Das bisschen, das können wir doch selbst abdecken“, sagt Grunow, dessen Unternehmen seit 1853 besteht und immer in Familienhand war.

    Die Chancen auf einen juristischen Erfolg in Potsdam taxiert Karsten Grunow auf 50 zu 50. Offen sei auch der Zeitpunkt des Urteilsspruches. Eins ist aber schon sicher: Eine automatische Festmach- beziehungsweise Loslöse-Einrichtung für die Fähre und ferngesteuerte Schranken wird der Caputher Fährmann nicht installieren müssen, weil schon vorhanden. Das wurde 1998 miterledigt. Damals wurden 1,3 Millionen Mark in Fähre und Anlegestelle investiert, gefördert vom Land Brandenburg und der Gemeinde Caputh, die heute zur Kommune Schwielowsee gehört.

    Mit Spannung blickt man auch in Wipfeld nach Brandenburg. Schließlich kämen, sollten die Neuerungen tatsächlich in Kraft treten, auch auf den Fähren-Standort am Main erhebliche Kosten zu in punkto Investition und Unterhalt. Wobei in Wipfeld neben der Pflichtaufgabe Radar eine zweite Neuerung auch ein Muss wäre: Automatische Festmach-Einrichtung oder Fährjunge heißen dabei die Alternativen.

    Saurer Apfel

    Gesetzt also den Fall, Wipfeld habe in den sauren Apfel zu beißen, dann müssten zu den drei fest angestellten Fährern drei Fährjungen für jede Schicht an Bord geholt werden. Oder eben Festmach-Einrichtungen. Käme die personenbezogene Variante, dann würden die Jungen das Wasser-Gefährt justieren und loslösen. Der Fährmann, der diese Aufgaben bisher miterledigt, müsste im Steuerhaus bleiben. „Diese Vorschrift gibt es natürlich schon. Doch der Fährmann musste und muss das Festmachen bis heute eben mitmachen“, informiert Bürgermeister Peter Zeißner, der die Anschaffungskosten für ein Radar-Gerät auf 10 000 Euro taxiert. „Zudem müssten wir unsere Leute auf Radar schulen. Auch das kostet.“ Bis dato und bis zum Tag X sorgte und sorgt der Bord-Funk für Sicherheit. „Die Fährmänner stehen mit den Schleusen in Verbindung, die Schleusenwärter geben die Schiffsbewegungen durch.“

    Grund für das Sterben nach höherer Sicherheit seien Fährunglücke „auf der Ostsee und auf dem Rhein“, berichtet Zeißner. So hat der knapp 1200 Einwohner zählende Fähr-Standort Wipfeld, der sich alle fünf Jahre dem TÜV stellen muss, zur Zeit nur ein „Fährzeugnis auf Abruf“.

    Und was ist auf dem Wipfelder Main-Wasser schon Schlimmes passiert? „Eigentlich nichts“, sagt Zeißner. Nur einmal, da habe sich was ereignet. Dies sei allerdings am helllichten Tag passiert, habe mit Nacht und Nebel nichts zu tun gehabt. Damals, vor zirka zehn Jahren, sei der Fährmann durch verschiedene Tätigkeiten und Umstände stark gefordert gewesen und habe ein Schiff zu spät bemerkt. „Das hatte dann einen Streifschuss zur Folge. Es gab eine kleine Schramme an der Fähre, am gegnerischen Boot war gar nichts.“

    Ferner werde Wipfeld nach den Auflagen für Fähren beurteilt, die viel härteren Anforderungen entsprechen müssten. „Die tun uns messen mit Fähren, die 20 Autos und drei Busse über den Rhein schaukeln“, lässt Zeißner wissen. Der Rhein sei aber nun mal ein ganz anderer Strom als der Main. „Und hier, bei Wipfeld, steht das Wasser wegen der Staustufe förmlich. Das ist ja fast wie ein See.“ Auch deshalb will Zeißner keinerlei Neuerungen.

    Wipfeld hält an Fähre fest

    Obwohl das aktuelle jährliche Defizit für die Wipfelder Mainfähre sich ohnehin schon auf „20 - bis 30 000 Euro“ beläuft und Neuerungen dieses nochmals kräftig in die Höhe treiben würden, steht die Gemeinde in Treue fest zu ihrem Wassergefährt. Schließlich verbinde die Fähre Wipfeld mit dem Ortsteil St. Ludwig und sei für den Tourismus wichtig, so Zeißner. Außerdem: 50 Prozent der Defizit-Summe fließt rückwirkend zurück in die Winzer-Gemeinde.

    Übrigens: Früher diente die Wipfelder Mainfähre auch und vor allem dem Transport von Heu. Das holten die Bauern von den gemeindlichen Wiesen auf der anderen Mainseite in den Hauptort. Doch „heute ist nur noch ein Bauer vor Ort, der Bullen hat“, so der Rathauschef.

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