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SCHWEINFURT: Filmaktion gegen Rechts im KuK

SCHWEINFURT

Filmaktion gegen Rechts im KuK

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    Nein zu Nazi-Misstönen: Im KuK präsentierten SPD-Frau Corinna Lindacher (Lehrerin an der FOS/BOS), Regisseur Peter Ohlendorf, Mediaberaterin Angelika Fuchs, der SPD-Bildungsexperte Matthias Kihn (Mellrichstadt) sowie die Kissinger Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar eine Doku über die Rechtsrock-Szene.
    Nein zu Nazi-Misstönen: Im KuK präsentierten SPD-Frau Corinna Lindacher (Lehrerin an der FOS/BOS), Regisseur Peter Ohlendorf, Mediaberaterin Angelika Fuchs, der SPD-Bildungsexperte Matthias Kihn (Mellrichstadt) sowie die Kissinger Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar eine Doku über die Rechtsrock-Szene. Foto: Foto: Uwe Eichler

    Die Szenen sind heimlich, unter Lebensgefahr aufgenommen, und geben einen Einlick in Abgründe der deutschen Rechtsrock-Szene. „Wir wollen Euren Jesus nicht, das alte Judenschwein“, grölt brauner Mob, der im Schummerlicht anderen Göttern huldigt: „Adolf Hitler, steig hernieder und regiere Deutschland wieder.“ Eine (SS-)schwarze Division marschiert im Song auf Kreuzberg zu, um die Multikulti-Hochburg einzuebnen, die „U-Bahn von Jerusalem nach Ausschwitz“ wird gefordert, zwecks Vergasung, zum Führergruß dröhnt das von den Nazis umgetextete „Heckerlied“ von 1848: „Blut muss fließen, knüppelhageldick, wir sch… auf die Freiheit der Judenrepublik.“

    Die widerwärtigen Zeilen geben den Titel eines Dokumentarfilms wieder, der an diesem Tag im KuK gezeigt wird, auf Initiative der SPD-Landtagsabgeordneten Sabine Dittmar, unterstützt vom Bündnis „Schweinfurt ist bunt“, finanziert von der Landtagsfraktion: „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“. Ein provokanter, aufwühlender Film, der 2012 auf der Berlinale lief und einen Alternativen Medienpreis erhielt, dessen Macher aber zugleich über Finanzierungsprobleme und fehlendes Interesse der „Öffentlich-Rechtlichen“ klagen.

    „Thomas Kuban“ ist das Pseudonym des mutigen Journalisten, der sich 15 Jahre lang Zugang zur deutschen wie europaweiten Neonaziszene verschafft und mit versteckter Kamera gefilmt hat. Da ist zunächst der Osten, wo Gelder für attraktive Jugendprojekte gestrichen wurden, laut Film daher ein „prickelndes Gelände“ für die neue Rechte. Die trifft sich konspirativ in Altbauten zu Adolfs „Schlägerhitparade“. Immer wieder finden sich junge, politisch noch unbedarfte wirkende „Normalos“ auf der braunen Partymeile, nicht zuletzt Frauen.

    Bayerns früherer Innenminister Beckstein laviert im Film zu Vorwürfen, seine Polizei greife nicht ein, wenn sie Zeuge strafrechtlich brisanter Hetzgesänge werde. Die Pressestelle von Bundesinnenminister Schäuble stört sich an Kubans Verkleidung, die er mit Morddrohungen aus der Szene begründet, und verweigert ein Direktgespräch.

    Dass beide Minister auf Pressekonferenzen vor islamistischem oder linksextremen Gewaltpotential warnen, während dem rechten Terror in Deutschland in zwanzig Jahren 150 bis 180 Menschen zum Opfer gefallen seien: eine Hauptkritik im Film. Zivile Aktionsbündnisse gegen Rechts, etwa in Kirtorf (Hessen) oder die Berliner Polizei geben das Gegenbeispiel. In der Bundeshauptstadt werden Beamte geschult, bei Nazi-Aufmärschen illegale Hasslieder zu erkennen und Straftäter rigoros herauszuholen.

    In der zweiten Hälfte geht es um das europäische Netz der Nazis: Beim einstigen NS-Verbündeten Ungarn regiert die rechtskonservative „Fidesz“ unter Viktor Orbán. Die Erben der massenmörderischen „Pfeilkreuzler“ paradieren ganz offen mit deutschen Spießgesellen durch Budapest. Wobei sie eher Ethno-Rock und sentimentale Volkslieder anstimmen: „Musik, die unter die Haut geht“, wie eine ungarische Medienwissenschaftlerin die „Einstiegsdroge Nummer eins“ nennt.

    Lebhaft die Diskussion nach dem Film, mit Regisseur Peter Ohlendorf. Eine Frage gilt der Band „Frei.Wild“. Als „nicht rechtsextrem“ schätzt der Münchner Filmemacher die Truppe um Philipp Burger ein. Völkische Anklänge, das betonte Heimatgefühl der Lieder könne für Unerfahrene aber ein „erstes Treppchen“ zu Hardcore-Texten sein. „Klar ist, dass diese Musik wirkt“, so Ohlendorf, und zwar dort, wo Nazis aufgrund fehlender Alternativen „Alleinunterhalter“ für Jugendliche werden: „Die NSU ist in dieser Musikwelt groß geworden“. Ein NPD-Verbot könne etwas bewirken, meint er auf Nachfrage von Grünen-Kreisrat Walter Rachle. Zumal derzeit etwa ein Viertel der Konzerte als (rechtlich geschützte) Parteiveranstaltungen liefen. Allerdings müsse man dann bei der Problembekämpfung „tiefer gehen“. Im Saal wird die Sorge laut, dass mit zunehmender sozialer Schieflage und Eurokrise die Rechte weiter erstarkt. „In Ungarn geht die Demokratie gerade verloren“, warnt Ohlendorf vor Rechtspopulismus und fehlender „Trennschärfe“ zum Nazitum. In Bayern wirke die Strauß-Doktrin nach, dass es rechts von der CSU keine Partei mehr gebe, vermutet der Filmproduzent. Die einseitige Fixierung auf Linksextreme sei selber eine Gefahr für den Staat.

    Ohlendorf betont aber, dass gegen rechts eine „gemeinsame Basis“ aller Parteien nötig sei. Am Nachmittag haben sich zahlreiche Berufsoberschüler den Film angesehen und waren laut Lehrern tief beeindruckt.

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