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Bergrheinfeld: "Esst mehr Worscht": Metzgerssohn Klaus Reichert und sein Plädoyer bei der Kulturwoche in Bergrheinfeld

Bergrheinfeld

"Esst mehr Worscht": Metzgerssohn Klaus Reichert und sein Plädoyer bei der Kulturwoche in Bergrheinfeld

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    Im Gespräch mit Bibliotheksleiter Christian Schäfer (links) plädierte der Journalist und Metzgerssohn Klaus Reichert für Respekt und Demut im Umgang mit dem Lebensmittel Fleisch.
    Im Gespräch mit Bibliotheksleiter Christian Schäfer (links) plädierte der Journalist und Metzgerssohn Klaus Reichert für Respekt und Demut im Umgang mit dem Lebensmittel Fleisch. Foto: Horst Fröhling

    Der Journalist und Metzgerssohn Klaus Reichert erinnerte am Donnerstag mit seinem Buch "Fleisch ist mir nicht Wurst" an eine Zeit, in der das Metzgerhandwerk noch was zählte. Ein aufrüttelnd-humorvolles Plädoyer für einen Fleischkonsum mit Maß und Anspruch erlebten die rund 100 Besucherinnen und Besucher im Zehnthof in Bergrheinfeld im Rahmen der Kulturwoche. Reichert hat noch ein weiteres Buch unter dem Titel "Esst mehr Worscht - die Welt hinter der Fleischtheke" verfasst.

    Wie achtlos wir heute mit dem Thema Fleisch umgehen, hatte Klaus Reichert dazu gebracht, das Buch zu schreiben, das mit vollem Titel "Fleisch ist mir nicht Wurst - Über die Wertschätzung unseres Essens und die Liebe meines Vaters zu seinem Beruf" heißt. Es ist eine autobiografische Erzählung und ein Appell für bewussten Tierverzehr. Denn Fleischessen sei Teil unserer Natur, betonte der Autor.

    Fleischkonsum: Vom Töten der Tiere wolle keiner etwas wissen

    Dass tatsächlich alle auf Fleisch verzichten, hält er für unrealistisch: "Wir essen allein in Deutschland jährlich rund 700 Millionen Tiere", erklärte er. Dies sei eine unvorstellbare Zahl. Das infrage zu stellen und zu sagen, wir dürften das nicht mehr, sei eine Illusion. Man müsse einen vernünftigen Weg finden, wie wir damit umgehen. Das Problem für die Menschen sei, dass die Tiere getötet werden. Davon wolle keiner etwas wissen.

    Die Familie Reichert stammt aus dem damals armen Hohenlohe. Großvater Hans Reichert verließ 1933 seine arme Heimat, um sich in Frankfurt niederzulassen. Dort eröffnete er 1935 eine Metzgerei, die später sein Sohn Willi Reichert (Haxen Reichert) und dessen Sohn Thomas Reichert übernehmen werden. Die Metzgerei prägte nicht nur das Leben der Großeltern und Eltern, sondern auch das der Gebrüder Reichert. Der Autor erzählte, wie sich die Familie und die Metzgerei über die Jahrzehnte entwickelten, welche schönen und schaurigen Seiten das Leben im Familienbetrieb mit sich brachte und wie sich das Leben als Metzgerssohn auf die Kindheit der Gebrüder Reichert auswirkte und beide bis heute prägt.

    Reichert: "Ein genauer Blick hinter die Fleischtheke ist wichtig"

    Doch das klassische Metzger-Handwerk sterbe langsam aus. Das habe Folgen, erzählt Klaus Reichert. Es gebe rund 12.000 Metzgereien in Deutschland, dazu 7000 Filial-Betriebe. Dies sei nichts im Vergleich zur Anzahl der Metzgereien vor 30 oder 40 Jahren. Da habe es noch an jeder Ecke einen Metzger gegeben. Warum dieser Rückgang? Eine Metzgerei zu betreiben sei sehr viel Arbeit, bedeute hohe Auflagen, es gibt Probleme dabei, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und ein Familienbetrieb sei nicht mehr rentabel.

    "Ein genauer Blick hinter die Fleischtheke ist wichtig", betonte der Metzgerssohn. Heute gehe man zum Supermarkt. Alles sei steril und auf das Gramm genau abgepackt. Fleisch dürfe nicht an Körper erinnern. Der Verbraucherinnen und Verbrauchen wolle es preisgünstig haben und gleichzeitig solle es nachhaltig erzeugt und am besten aus der Region sein. "Geht das überhaupt?", fragte Reichert. "Wie kann ich denn Fleisch regional erzeugen, wenn ich keinen Schlachthof in der Nähe habe?"

    Reichelt: Der Mensch war dem Tier nie so fern wie heute

    Es beginne damit, dass die Diskussionen um das Thema Fleisch eine absolute Verlogenheit darstellt. Ich könne nur Fleisch tatsächlich hier in irgendwelchen Läden verkaufen, wenn ich die Möglichkeit habe, hier zu schlachten. "Die Wahrheit ist, dass 80 Prozent des Fleisches, was in Deutschland gegessen wird, in zehn großen Schlachtfabriken geschlachtet wird."

    83 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland bräuchten täglich rund 240 Millionen Mahlzeiten, erklärte der Autor. Wie solle das ohne Fleisch funktionieren, fragte er. Etwa ein Prozent der Bevölkerung seien Veganerinnen und Veganer, circa fünf Prozent Vegetarierinnen und Vegetarier, von denen viele nach zwei bis drei Jahren wieder damit aufhören würden. Der Anteil des Bio-Schweinefleisches betrage derzeit nur etwa 1,4 Prozent.

    Der Mensch und das Nutztier - seit Jahrtausenden lasse sich diese Verbindung zurückverfolgen. Aber noch nie sei der Mensch dem Tier so fern wie heute gewesen. Ein achtsamer Blick hinter die Fleischtheke könnte das wieder geraderücken - ganz nach dem Titel seines Buches "Fleisch ist mir nicht Wurst". In einer Kunden-Rezension auf einer großen Handelsplattform im Internet heißt es dazu: "Ein wunderbares Buch! Auch für Vegetarier!"

    Reichert plädierte für einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit diesem wichtigen Lebensmittel. "Jeder Neuntklässer sollte einmal einen Ausflug zum Schlachthof machen", betonte der Metzgerssohn. Das sei etwas, was man mal gesehen haben sollt, damit man wisse, was es bedeutet, wenn ein Tier stirbt.

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