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SCHWEINFURT: FOS-Abi-Pleite: Eltern klagen gegen die Schule

SCHWEINFURT

FOS-Abi-Pleite: Eltern klagen gegen die Schule

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    Sie hätten neben Markus Lanz auf dem Sofa sitzen können. Hätten beim am Sonntag ausgestrahlten ZDF-Jahresrückblick „Menschen 2013“ den Schauspieler Til Schweiger, den Fußballer Bastian Schweinsteiger und den Stabhochsprungweltmeister Raphael Holzdeppe treffen können. Eingeladen waren sie nämlich, die 27 Schüler der privaten Schweinfurter Fachoberschule Schwarz, die im Sommer einer breiten Öffentlichkeit dadurch bekannt wurden, dass sie als Klasse gemeinsam durchs schriftliche Abi gefallen sind. Doch gekommen sind die Schüler nicht. Wie die ZDF-Pressestelle bestätigt, haben die „angefragten“ Schüler abgesagt. Und zwar alle.

    „Im Fernsehen drüber zu reden, dass man gescheitert ist – nein danke“, sagt uns eine Schülerin. „Darauf hatten wir keinen Bock; da waren sich alle einig.“ Es muss viele Medienanfragen gegeben haben, hört man; neben dem Redaktionsteam von Markus Lanz soll unter andrem auch das von Günther Jauch in Schweinfurt angefragt haben. „Aber die Schüler wollten ihre Ruhe haben“, sagt eine Mutter. „Es war schlimm genug. Es war und bleibt eine Tragödie“, sagt eine andere.

    Die „Schweinfurter Abi-Pleite“ hatte im Sommer bundesweit Schlagzeilen gemacht. Dass eine ganze Klasse geschlossen durchs schriftliche Abi gerasselt war – das hatte es in Deutschland zuvor auch noch nicht gegeben. Zwei Schülern gelang es später, sich in den mündlichen Prüfungen so zu verbessern, dass sie ihr Abi dann doch noch bestanden. Die anderen 25 Jugendlichen hatten das Nachsehen.

    Neuer Anlauf an staatlicher Schule

    An den Folgen der Abi-Pleite haben viele ehemalige Schwarz-Schüler noch immer zu kauen. Berichten von Schülern und Schülereltern zufolge sind viele von ihnen in die staatliche Fachoberschule Schweinfurt gewechselt, nehmen dort einen erneuten Abi-Anlauf. Sie brauchen dafür einen langen Atem.

    Denn bei den meisten der Schulwechsler hätten aber die vorhandenen Kenntnisse nicht gereicht, um die zwölfte Klasse besuchen zu können, sagt der Leiter der staatlichen Fachoberschule, Harald Bauer. Deshalb müssten die meisten der ehemaligen Schwarz-Schüler erneut die elfte Klasse durchlaufen. „Meine Tochter hat viel geweint in den letzten Monaten“, erzählt eine Mutter. „Sie war abwechselnd deprimiert und grantig. Es ist ja auch nicht leicht für eine 19-Jährige, noch mal zwei Jahre zum Abi vor sich zu haben, wenn man schon mal kurz davor stand.“ Erst in der staatlichen FOS und erst rückblickend habe die Tochter gemerkt, wie schlecht ihre ganze Klasse damals in der privaten FOS aufs Abi vorbereitet worden sei, sagt diese Mutter. „Obwohl sie wiederholt, muss sie ganz schön viel neuen Stoff pauken. Da haben Grundkenntnisse gefehlt.“

    Schulleiter Bauer sagt, dass sich die ehemaligen Schwarz-Schüler seiner Kenntnis nach gut integriert hätten. Insgesamt 35 Schüler – acht in der zwölften Klasse und 27 in der Elften – hat er mit Billigung und Unterstützung des Kultusministeriums von der privaten FOS übernommen. Unter ihnen sind viele der durchgefallenen Abiturienten, außerdem auch Schüler, die aus der elften Klasse der privaten Schule kommen. An der privaten Fachoberschule Schweinfurt ist im Schuljahr 2013/14 der Betrieb eingestellt worden.

    Gericht verhandelt im Januar

    Für viele Eltern ist das Kapitel Private Fachoberschule aber noch nicht abgeschlossen. Wie die Würzburger Anwältin Patricia Fuchs-Politzki bestätigt, vertritt sie rund zehn Eltern und Schüler vor Gericht. „Wir klagen gegen die Schule auf Rückerstattung des Schulgelds, das pro Monat 140 Euro betrug“, so die Anwältin. Außerdem wird ein sogenannter Erwerbsschaden eingeklagt – dabei geht es darum, was die Schüler finanziell dadurch verlieren, dass sie ihr Abi nicht wie vorgesehen im Sommer 2013 machen konnten. „Die Klagen liegen dem Gericht schon vor; ab Januar wird in Schweinfurt verhandelt werden“, so Fuchs-Politizki.

    Sicherlich wird im Gericht auch darüber gesprochen werden müssen, wer schuld ist an der Abi-Pleite. Wie mehrfach berichtet, hat das Kultusministerium dieser Zeitung gegenüber im Sommer schon bestätigt, dass an der privaten Fachoberschule drei Lehrer unterrichtet hatten, denen das Referendariat fehlte.

    In einem umfangreichen Bericht des Kultusministeriums, der im Juli auch schon dem Landtag vorgelegt worden war, hatte das Ministerium mitgeteilt, dass die Schule selbst „erhebliche Versäumnisse und Fehler“ eingeräumt habe. Unter anderem seien Schüler mit sehr schwachen Noten im Zeugnis in die private FOS aufgenommen worden; nur 12 von 27 Schülern hätten nach dem mittleren Schulabschluss einen Durchschnitt von 3,5 und damit überhaupt die Eignung für die FOS gehabt. Außerdem seien Unterstützungsmaßnahmen der Dienststelle des Ministerialbeauftragten nicht angenommen worden; auch hätten die Lehrkräfte es nicht hinreichend verstanden, die Schüler zu Leistungen zu motivieren.

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