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SCHWANFELD: Frau mit dem Gespür fürs Dreidimensionale

SCHWANFELD

Frau mit dem Gespür fürs Dreidimensionale

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    Klassisch. In einem modernen Betrieb wird kaum mehr mit Hammer und Meißel gearbeitet. Auch Steinbildhauerin Kerstin Neuhoff nimmt diese Werkzeuge nur noch selten zur Hand.
    Klassisch. In einem modernen Betrieb wird kaum mehr mit Hammer und Meißel gearbeitet. Auch Steinbildhauerin Kerstin Neuhoff nimmt diese Werkzeuge nur noch selten zur Hand. Foto: Foto: Lux

    „Ich hab' gefressen wie ein Scheunendrescher und trotzdem abgenommen.“ Kerstin Neuhoff erinnert sich an ihre Ausbildungszeit. Nein, für Sport hatte sie keine Zeit mehr, ihr Beruf war ihr Sport genug. Die grazile 43-Jährige hat den Beruf des Steinmetz erlernt. Dabei hatte sie eigentlich ganz andere Pläne.

    Nach dem Abitur wollte sie Architektur studieren, aber sie bekam keinen Studienplatz. „Nur rumsitzen und warten“ wollte sie aber auch nicht. Handwerklich geschickt, wie sie war, wollte sie eine Ausbildung zur Schreinerin beginnen. „In Garmisch gibt es eine Schule, in der man in zwei Jahren eine Vollzeitausbildung machen kann“, erzählt sie. Da wollte sie hin, hatte aber die Anmeldefrist versäumt. Also ging sie kurzentschlossen in den elterlichen Betrieb, die Neuhoff Natursteinwerk GmbH. Um die Zeit bis zum Erhalt eines Studienplatzes zu überbrücken, begann sie ihre Lehre als Steinmetz. „Als ich dann nach einem Jahr einen Studienplatz bekam, wollte ich die Lehre aber auch nicht einfach so abbrechen“, erinnert sich Neuhoff.

    Die Eltern hätten das akzeptiert, obwohl sie sich wohl eher eine Banklehre für die Tochter vorgestellt hatten. „Aber das hätte ich nicht gekonnt“, meint Neuhoff kopfschüttelnd. Einen Tochterbonus habe sie nie gehabt, erklärt die Steinbildhauerin lachend, und die Tochter hätte sie auch nie raushängen lassen. Sie erlernte ihren Beruf von der Pike auf.

    Einsatz auch auf Baustellen

    Das hieß auch Einsatz auf Baustellen, aber Neuhoff hat diese in guter Erinnerung. „Natürlich ist man als Frau auch heute noch auf einer Baustelle etwas Exotisches“, stellt sie fest. Aber sie habe davon eher profitiert, meint sie, die Männer seien eher bereit gewesen, einmal mit hinzulangen und zu helfen.

    1995 war sie auch beileibe nicht die einzige Frau in diesem Ausbildungszweig. „In der Abschlussklasse an der Berufsschule waren wir 30 Schüler, darunter zehn Frauen“, erzählt sie. Das habe sich mittlerweile geändert. Es sei überhaupt schwer, Auszubildende zu finden, Mädchen seien kaum mehr dabei, weiß Neuhoff, die inzwischen in die Geschäftsleitung des Unternehmens gewechselt ist. Was die Frauen heute abschreckt, kann sie nur vermuten. Es sei schon ein harter Beruf, mit viel Lärm und Staubbelastung. Viele der Frauen von damals hätten die Ausbildung als Sprungbrett benutzt, sich weitergebildet zur Technikerin, studiert oder eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen.

    So wie ihre Berufsschulfreundin, mit der sie zusammen die Meisterausbildung mit Schwerpunkt Bildhauerei absolviert hat und die jetzt als Künstlerin im eigenen Atelier in Österreich arbeitet. „Das war nicht mein Weg“, erklärt Neuhoff, die sich für „zu wenig künstlerisch“ hält. Nach der Meisterschule in Freiburg arbeitete sie ein Jahr in Italien.

    Ein Gespür fürs Dreidimensionale brauche man in ihrem Beruf, erklärt sie, und man müsse ebenso viel Talent fürs Technische wie fürs Kreativ-Handwerkliche haben. Während sie in der Ausbildung noch sehr klassisch mit Hammer und Meißel den Stein bearbeitet hat, arbeitet man heute in einem modernen Betrieb vor allem mit Maschinen. Skulpturen fertigen sei die absolute Ausnahme, auch das Geschäft mit den Grabsteinen sei rückläufig, erklärt die Steinmetzmeisterin. Überwiegend sei man am Bau tätig: Treppen, Schwimmbäder, Dekorationen, aus Stein lässt sich viel machen.

    Ihre Steine holt sich die Firma aus aller Welt und sie ist auch international im Einsatz. Kerstin Neuhoff übernimmt inzwischen das Angebotswesen, den Verkauf und viel Organisatorisches. Sie kauft ein und wählt das Material aus. „Hier kann schon viel im Argen liegen“, erklärt sie. Dass sie das richtige Material findet, verdankt sie letztlich ihrer Ausbildung.

    Warum studieren?

    Was sie beschäftigt, ist die Tatsache, dass kaum mehr Auszubildende zu finden sind. „Steinmetz ist ein attraktiver Beruf und Handwerk hat wieder goldenen Boden“, meint sie. Aber es fehlt wie in vielen anderen handwerklichen Berufen halt die Wertschätzung, glaubt sie. Und damit meint sie nicht nur die finanzielle Anerkennung, sondern vor allem auch die gesellschaftliche Wertschätzung. Sie habe Freunde, die in guten, höheren Positionen arbeiten und immer noch darunter leiden, dass sie nicht studiert haben, erzählt Neuhoff und fragt sich: „Warum?“

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