Billig-Räder von der Stange für unter 200 Euro sind nicht das Geschäft von Winora & Co. Dieses hat man Fernost überlassen. Mit Innovationen, mit hoher und höchster Qualität, sei man aber durchaus konkurrenzfähig, sogar ganz vorne auf dem Markt der Top-Modelle. Und diesen Markt deckt Winora gleich mit vier Marken ab: Der „Familienmarke“ Winora, die alles für alle bietet – vom Kinderfahrrad bis zum hochwertigen Tourenrad. Bei Winora stellt die Entwicklungsabteilung Komponenten verschiedener Anbieter zusammen. Beim Fahrrad der Mittelklasse wird so auf den Endpreis geachtet. Etwas anders sieht es bei der Marke Staiger aus. In einem Staiger-Fahrrad stammen alle Teile eines Schalt- oder auch eines Bremssystems von dem jeweils gleichen Hersteller, der schon von sich aus die einzelnen Komponenten optimal aufeinander abstimmt. Außerdem sind Staiger-Räder besonders leicht.
Für den Sportlichen, egal ob im Gelände oder auf der Straße, gibt es seit 1995 das Hai-Bike – vom Mountain Bike über das Rennrad bis hin zum Custom-Made-Sportgerät, das der Kunde nach seinen Wünschen zusammenbauen lässt. Im komfortablen Segment eröffnet die Marke Sinus diese Möglichkeit. Susanne Puello sagt, dass man mit dem Sinus/Hai-Custom-Made-System auf Erfolgskurs ist. Die Resonanz sei „fantastisch“. Die Produktionszeit dieser Räder, trotz aller Individualität, liege bei längstens acht Arbeitstagen – von der Bestellung bis zur Auslieferung an den Händler. Die Produktion des Sinus/Hai-Custom-Made-System findet am Standort Schweinfurt statt.
In der Max-Planck-Straße 6 gibt es heute nur noch Einzelmontageplätze. Das gilt für hochwertige Serienmodelle und vor allem für Custom-Made. Fahrräder aus Schweinfurt kosten beim Fachhändler nicht unter 1500 Euro, bis 5000 Euro und mehr. Für diese Aufträge ist eine (Einzel-)Lackiererei eingerichtet.
Winora, Hai, Staiger und Sinus verkaufen jährlich in Deutschland und den Nachbarländern mehr als 100 000 Fahrräder. Aus dem hiesigen Werk mit 160 Mitarbeitern stammt davon nur ein Fünftel. Seit November 2001 führt die Winora Group die Geschäfte unter dem Dach der niederländischen Accell-Group (auch Hercules gehört zu dieser Gruppe). Und so wird heute an verschiedenen Accell-Standorten sowie in Tschechien und Fernost produziert. Eine hochmoderne Accell-Fabrik steht zudem in Ungarn. Dort werden preissensible Fahrräder in hoher Stückzahl hergestellt.
Die Ursprünge der Winora Group, so der Name seit Ende 2001, gehen auf das Jahr 1914 zurück. Radrennfahrer Engelbert Wiener war der Firmengründer. Er baute auf; 1956 übernahm der Enkel Bernd Seuffert die Geschäfte, produzierte damals jährlich 6000 Räder. Die Fließband-Fertigung kam Anfang der 80er Jahre, die Ölkrise sorgte für einen Boom. 1988 folgte die Übernahme von Staiger (bisher Stuttgart, 1898 von dem Radrenn-Sportler Paul Staiger gegründet). Anfangs der 1990er Jahre engagierte sich Winora in den neuen Bundesländern, kaufte eine Fahrradfabrik, rüstete auf, scheiterte, weil auch Osteuropa Zugang zum globalen Markt hatte, alte Auftragsbücher nicht mehr galten. Am Standort Schweinfurt blieben danach nur noch 95 Mitarbeiter.
Mit neuen Ideen wurde der Neuanfang geschafft. So war Winora eine der ersten Marken, die ein vollgefedertes City-Bike auf den Markt brachte.
Ein zweites Standbein der Winora-Group ist der Großhandel. 11 000 verschiedene Fahrradteile, Komponenten und Accessoires sind aus Schweinfurt von Fahrrad-Herstellern und vom Fachhandel abzurufen. Für den Handel und die eigene Produktion ist ein vollautomatisches Hochregallager mit Platz für 3400 Paletten in Sennfeld eingerichtet. Überdies sind Kleinteile in traditionellen Regalen in drei Stockwerken eingelagert.
Das Wachstum des Unternehmens brachte jetzt die logistische Abwicklung an die Grenzen der bestehenden Möglichkeiten. Der Umbau zur Erweiterung während des Winters wurde durch das milde Wetter und das dadurch bedingte gute Geschäft jedoch verzögert. In vielen Samstagsschichten meisterte die Belegschaft gemeinsam mit den Lieferanten das Vorhaben. Durch bauliche Veränderungen gewann der Wareneingang über 75 Prozent mehr Fläche auf jetzt 500 Quadratmeter, die neue Bandförderanlage misst 180 Meter. Ein großes staplergeführtes Teilelager (1500 qm) und das computertgesteuerte Hochregallager mit mehreren Entnahmestellen bringen die Teile in den Versand (jetzt 280 qm), der ebenfalls per Bandförderanlage bedient wird. Über eine Packanlage werden die Pakete auf die wichtigsten Versandpartner aufgeteilt. Rund 2000 Pakete verlassen in Spitzenzeiten täglich diese Anlage. Mit den Umbauten konnte die Lagerkapazität verdoppelt und damit der 24-Stunden-Service für den Fachhandel gefestigt werden.