Der Schauspieler Tom Hanks hat ein eher ungewöhnliches Hobby: In sozialen Netzwerken wie Instagram postet er regelmäßig Fotos von verlorenen Gegenständen, insbesondere Mützen und Handschuhe, und sucht so nach deren Besitzern. Einer amerikanischen Studentin konnte er nach einem Suchaufruf auf Twitter sogar ihren verlorenen Studentenausweis zurückgeben.
Soziale Netzwerke werden zu Online-Fundbüros
Mit seinem Hobby ist Tom Hanks aber nicht allein. Immer mehr Menschen nutzen soziale Netzwerke mittlerweile, um online die Besitzer verlorener Gegenstände ausfindig zu machen, oder um verlorene Handys oder Eheringe wiederzufinden. Hat das gute alte Fundbüro also schon längst ausgedient?
Im Fall des Fundbüros im Sennfelder Rathaus lautet die Antwort definitiv nein. Christine Winkler, zuständig für den Bürger-Service und damit auch für das Fundbüro, kann sich vor Fundstücken kaum retten. Vor allem „im Familienbad sind die Fundsachen extrem“, sagt sie. Handtücher, Badekappen und Bikinis – so würden innerhalb eines halben Jahres schon einmal sechs bis sieben Säcke voller Fundsachen zusammenkommen.
Geht es unserer Gesellschaft zu gut?
Insgesamt sechs Monate werden die gefundenen Sachen aufgehoben. Gut erhaltene Kleidungsstücke oder Handtücher spendet die Gemeinde nach Ablauf der Frist oft ans Frauenhaus. Der Rest kommt weg und das ist nicht wenig. Laut Christine Winkler werden im Sennfelder Fundbüro mehr Dinge abgegeben, als wieder abgeholt. „Der Gesellschaft geht es zu gut, man kann ja alles gleich neu kaufen“, erklärt sie die Ursache für dieses Ungleichgewicht. „Nur vereinzelt“ fänden Besitzer und Fundstück wieder zusammen.
Und in solchen Fällen ist die Freude dann groß. Als bei Christine Winkler vor ein paar Jahren ein Gebiss abgegeben wurde, konnte schließlich die Besitzerin wieder ausfindig gemacht werden. Und auch als Tier-Vermittlerin musste die Hüterin der Fundsachen schon einspringen. „Uns hat jemand mal eine kleine Baby-Katze gebracht“, erinnert sie sich. Die habe dann zwei Tage im Rathaus gewohnt, bis eine ältere Dame das Kätzchen schließlich adoptierte.
Ein Gebiss, das niemand vermisst hat
„Das Fundbüro wird denke ich nicht von Facebook abgelöst, denn es ist ja ein Service für die Bürger“, meint Esther Keller vom Gochsheimer Fundbüro. Ein- bis zweimal in der Woche werden bei ihr im Rathaus Fundsachen abgegeben und auch hier übersteigt die Abgabe die Nachfrage. Schlüssel, Brillen, Handys und auch Bargeld werden am häufigsten abgegeben, „die Menge ist aber überschaubar“. Die Fundsachen veröffentlicht die Funbüro-Leiterin anschließend im Gochsheimer Volksblatt.
Nach der gesetzlichen Frist von sechs Monaten sortiert Esther Keller den Fundsachenschrank aus. Bei wertvollen Dingen wie Bargeld oder Handys informiert sie zunächst aber die ehrlichen Finder, denn die haben, sofern sich der Besitzer nach einem halben Jahr nicht meldet, Anspruch auf die Fundstücke. Der kurioseste Fund waren übrigens auch in Gochsheim Zähne, genauer ein Stück eines Gebisses. Die hat laut Esther Keller aber niemand vermisst.
Kurioser Fund nach Fasching: Eine Trompete samt Koffer
Kurios und überraschend ist auch das, was Paula Putschka nach Fasching in ihrer Bar „Mephisto“ in Schweinfurt gefunden hat: eine Trompete samt Koffer. „Es war so viel los bei uns und auf einmal stand die Trompete an der Tür“, erinnert sich die Inhaberin. Für die Bar-Besitzerin ist die Trompete das erste Musikinstrument, das in ihrer Bar vergessen wurde. Deshalb startete sie in der Facebook-Gruppe „Schweinfurter fragen Schweinfurter“ einen Suchaufruf nach dem Besitzer: „Man spricht viele Menschen an, deshalb ist Facebook die erste Anlaufstelle.“
Ein Facebook-Aufruf mit Happy End
Und Paula Putschka kennt sich mit Fundsachen aus. In einer Theken-Schublade bewahrt sie vergessene Handys und Geldbeutel auf, in einem Nebenraum lagert eine Jacken- und Schalsammlung. „Dass die Leute nicht mal bei teueren Sachen nachfragen“, kann die Wirtin nicht nachvollziehen. Aktuell wartet in der Bar außerdem eine Tüte mit Shampoo und Handtuch auf ihren Besitzer.
Im Fall der vergessenen Trompete gab es dagegen ein Happy End. Kurz nach Veröffentlichung des Facebook-Aufrufs hat sich der Trompeten-Besitzer, ein Stammgast im Mephisto, bei Paula Putschka gemeldet. Er hatte durch einen Bekannten von der Facebook-Suche erfahren und hat seine Trompete auch schon wieder abgeholt. Wäre der Social-Media-Aufruf nicht so erfolgreich gewesen, hätte die Bar-Besitzerin die Trompete auf jeden Fall ins Schweinfurter Fundbüro gebracht.
Dort wäre die Trompete für Angela Clarke, stellvertretende Leiterin des Bürger-Service, zumindest das erste Fundinstrument in der großen Sammlung gewesen. Neben Brillen, Schlüsseln und Gebissen wurden im vergangen Jahr insgesamt 3167 Gegenstände im Schweinfurter Fundbüro registriert. Zum Großteil stammen die Fundsachen aus dem Silvana-Bad, der Stadtgalerie oder aus dem Fundus der Stadtwerke, erklärt Clarke.
Im Schweinfurter Fundbüro wird der Platz knapp
Der Großteil der Fundsachen lagert in Kisten in einem großen Raum im Keller. Dennoch „haben wir zu wenig Platz“, bemängelt die stellvertretende Service-Leiterin, denn „jede Woche kommt eine Kiste dazu.“ Im Keller steht auch ein Kinderwagen, vor kurzem wurde auch ein Rollstuhl abgegeben. „Was macht dann der, der da mal drinnen saß?“, fragt sich Angela Clarke.
Auch im Schweinfurter Fundbüro werden mehr Dinge abgegeben, als abgeholt. „Bei Wertsachen wie Bankkarten oder Geldbörsen ist das kein Problem“, sagt Clarke, denn in diesen Fällen werden die Besitzer direkt vom Fundbüro benachrichtigt. Dennoch kommt auch an diesem Tag ein junger Mann vorbei und fragt, ob sein Geldbeutel samt Ausweis gefunden wurde. Angela Clarke kann ihn nur vertrösten.
Facebook ist keine Konkurrenz
Den Rest der gefundenen Sachen, die nicht mehr abgeholt werden, spendet das Fundbüro restlos an wohltätige Zwecke, zum Großteil an das Rote Kreuz. Von manchen Fundsachen muss aber auch das Fundbüro die Hände lassen: „Wir haben auch schon Schwerter, Peitschen und Waffenmunition gefunden. Das geht aber ans Ordnungsamt“, erklärt Clarke. Wer etwas vermisst, kann sonst auf der Internetseite der Stadt nach seinen Wertsachen suchen, die das Service-Team regelmäßig einpflegt. Soziale Netzwerke sind deshalb auch für das Schweinfurter Fundbüro keine Konkurrenz.