„Kunst hat die Aufgabe, etwas auszusagen.“ Dies war einer der Leitsätze für das Schaffen G. Hubert Neidharts
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Der 1928 geborene und 1999 gestorbene Künstler hatte in der Tat etwas zu sagen, und er tat dies zwar oft humorvoll verpackt, jedoch deutlich, klar und unmissverständlich.
Und so war es folgerichtig, dass er in einer Zeit, in der das Gegenständliche nur wenig galt, ja verpönt war, gegenständlich arbeitete, der abstrakten Kunst eine geistig-schöpferische Aussage absprach.
Mit dieser Haltung hat sich Neidhart in Schweinfurt und in der Region eine große Fangemeinde geschaffen und so war es kein Wunder, dass der Andrang bei der Eröffnung der ihm gewidmeten Retrospektive in der Kunsthalle sehr groß war.
Mitbegründer Gruppe Schweinfurter Künstler
Neidhart war Kunstlehrer und Künstler. Er war aber auch der Mitbegründer und Motor der heute nur noch auf dem Papier existierenden Gruppe Schweinfurter Künstler. Unvergessen sind die Weihnachtsausstellungen im Rathaus, in denen seine Arbeiten in der Regel den breitesten Raum einnahmen. Das durfte man durchaus als Ausdruck seiner Schaffenskraft, aber auch als Hinweis verstehen, dass hier jemand eine Botschaft unter die Menschen bringen wollte.
Mit einem Konvolut von 65 Arbeiten, die erste entstand noch vor dem Studium Neidharts und zeigt eine Gerolzhöfer Brücke, die letzte aus dem Todesjahr , eine „Mainpartie bei Schweinfurt“, ist er sehr stark in den Sammlungen der Stadt vertreten.
Ausstellung in zwei Räumen
Hausherrin Andrea Brandl hat die
Ausstellung kuratiert und auf zwei Räume verteilt: auf die Galerie² im Erdgeschoss und den „Salong“ des mitveranstaltenden Kunstvereins, eine Etage höher.
In der Galerie² sind regionale Motive zu sehen, ein Wald von Antennen, ein bedrohlich wirkendes Gewirr von Bahngleisen, das Rückert-Denkmal, bedrängt von einer Welt des Konsums. Dort begegnen dem Betrachter auch traurige gesichtslose Gestalten oder ein Stillleben mit einer graulichen Maske.
„Wo sind wir denn!“ ist die Ausstellung überschrieben. Der Titel bezieht sich auf eine Aquatinta-Radierung aus dem Jahr 1994, wo er jedoch mit einem Fragezeichen versehen ist. Das Bild zeigt ein älteres Paar mit Stock, ein einem Sprachführer in der Hand inmitten von einem Meer von Reklame. Es wirkt verwirrt, ja hilflos, als würde es tatsächlich fragen „Wo sind wir denn?“.
Sehr guter Katalog
Neidharts Nichte Johanna Bonengel weist in dem sehr guten Katalog darauf hin, dass im Werk des Künstlers das Fragezeichen meist von einem Ausrufezeichen überlagert wird. Dabei war sein kritischer Blick nie abgehoben oder gar überheblich. Er hielt den Menschen einfach den Spiegel vor Augen, schärfte ihren Blick.
Das wird besonders schön deutlich im „Salong“ mit einer ganzen Reihe kleinformatiger Radierungen, die mit ihren witzigen Pointen ein bisschen an Spitzweg denken lassen. „Don't feed animals“, „Bussi-Bussi-Gesellschaft“, ein „Wahlredner“ vor leeren Stühlen oder der Stammtisch „Handymade“ (aus dem Jahr 1996!) zeigen Neidhart als aufmerksamen bisweilen auch seiner Zeit vorauseilenden Beobachter.
Hier sind auch einige Porträts zu sehen. Wohl nicht von realen Personen, sondern Typen wie „Der Professor“ oder „Le bourgeois“, wobei Neidhart von Max Beckmann oder Otto Dix inspiriert worden sein könnte, wie Brandl in ihrer Einführung anmerkte.
Der bereits erwähnte Katalog enthält neben den Essays von Bonengel und Brandl auch Beiträge des Vorsitzenden des Kunstvereins Ralf Hofmann, von Alt-OB Kurt Petzold, ein Interview mit Peter Wörfel, von Neidhart-Schüler Wolfgang Vorwerk und Mathis Neidhart.
Die Ausstellung ist bis zum 8. Januar zu sehen.