Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Gauleiter Sauckels Wurzeln lagen am Main

Stadt Schweinfurt

Gauleiter Sauckels Wurzeln lagen am Main

    • |
    • |

    1898 zogen die Eltern nach Schweinfurt. Der für "Höheres" bestimmte Sohn sollte das seit 1904 besuchte Gymnasium nicht abschließen. Im Februar 1909 verließ er das Elternhaus und befuhr als Matrose alle Weltmeere. Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, wurde Sauckels Schiff im Ärmelkanal aufgebracht und die Besatzung in französische Zivilinternierung überführt. Über fünf Jahre verbrachte er im Lager auf der "langen Insel" westlich von Brest.

    Der Weltkrieg griff also tief in Sauckels Lebensplanung ein. In Nürnberg schrieb er hierzu: "Dies war besonders tragisch für mich, denn ich war gerade 20 Jahre alt, hatte meine praktische seemännische Ausbildung beendet und das Geld für meine nautischen Studien erspart." Statt Seeoffizier zu werden, begann Sauckel nach seiner Rückkehr im November 1919 die Tätigkeit als Hilfsarbeiter in der Kugellagerfabrik Fischer.

    Der späte "Kriegsheimkehrer" fand im völkischen Radikalnationalismus eine politische Heimat. Er teilte die weit verbreitete Ablehnung des Versailler "Schandfriedens" 1919. Die im November 1918 ausgerufene Republik galt ihm als aufgezwungen und "undeutsch". Noch Ende 1919 trat er in Schweinfurt dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund (DVSTB) bei, der zu diesem Zeitpunkt die rechte Szene beherrschte. Der Bund versuchte mit Hilfe einer antisemitischen Organisation eine Massenbasis gegen die neue Republik zu gewinnen. Denn der Antisemitismus bot großes demagogisches Potenzial, da er im und nach dem Ersten Weltkrieg sehr an "Popularität" gewonnen hatte.

    Hass auf die Juden

    Freilich korrespondierte jener Hass auf die Juden meist mit der Vorstellung einer harmonischen nationalen Volksgemeinschaft. Denn Sauckel entstammte zwar dem bürgerlich-protestantischen Milieu, mittlerweile hatte es ihn aber in die Welt des Industrieproletariats verschlagen. Er wohnte in der elterlichen Wohnung in der Kreuzstraße 5 in Oberndorf.

    Der eigene Arbeiteralltag schärfte bei Sauckel die Sensibilität für den Nährboden der sozialistischen Ideen. Die Verhältnisse der Nachkriegszeit mit dramatischen Auswirkungen auf die Volksgesundheit kamen hinzu. Auch um Schweinfurt machte die "erheblich im Ansteigen begriffene Tuberkulosemorbidität" keinen Bogen, war "der Allgemeinzustand der Kleinkinder weniger zufriedenstellend", waren die "Folgen verminderter Abwehrfähigkeit und Widerstandskraft des Körpers" nicht zu übersehen, wie es in einem Magistratsbericht heißt.

    Sauckel wurde rasch zum Motor und Vorsitzenden der erfolgreichen Schweinfurter DVSTB-Ortsgruppe. Dies ist um so bemerkenswerter, als es die völkische Bewegung in der "roten Arbeiterstadt" mit einem eher liberalen Bürgertum alles andere als leicht hatte. Am 14. Mai 1920 war mit Dr. Benno Merkle der Kandidat der Sozialdemokraten zum Bürgermeister gewählt worden, konnte die Linke sich als dominierende politische Kraft bis zur Machtergreifung der Nazis etablieren. Auch das tonangebende bürgerliche Schweinfurter Tagblatt habe von den Völkischen lange kaum Notiz genommen.

    In einer der ersten, von zwei Hakenkreuzen eingerahmten kleinen Annonce des DVSTB, die eine Rede Gottfried Feders am 3. Juni 1921 über die "ewige Zinsknechtschaft" des deutschen Volkes ankündigte, heißt es: "Da unserer Sache keine Kapitalisten fördernd gegenüberstehen, müssen wir Eintritt erheben".

    Sauckel schreckte auch nicht vor Konflikten mit dem Establishment zurück. Als die Stadt im Mai 1921 von ihm die Anmeldung als politischer Verein verlangte, versagte er dies demonstrativ. Nach mehrfachen Mahnungen erging am 23. November 1921 Strafanzeige.

    Weltbild von Schweinfurt geprägt

    Der frühe Erfolg von Sauckel dürfte eine Ursache gerade darin gehabt haben, dass dieser es verstand, die Sprache der Bürger und Arbeiter zu sprechen, zupackend und rückhaltlos den Gedanken einer nationalen Gemeinschaft aller "reinrassigen" Deutschen zu vertreten.

    Dieses Weltbild erwuchs aus der krisengeschüttelten Nachkriegsgesellschaft Schweinfurts, in deren herkömmlichem politischen Spektrum Sauckel keine Alternative für sich sah: "So wurde ich ein immer überzeugterer Anhänger Hitlers und seiner Lehre einer deutschen Volksgemeinschaft durch Überwindung der Klassenbegriffe Bürger und Proletarier."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden