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SCHWEINFURT: Gericht wirft Baumhögger Selbstjustiz vor

SCHWEINFURT

Gericht wirft Baumhögger Selbstjustiz vor

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    Bleibt vorläufig ein Mercure-Hotel: Das Landgericht München hat die einstweilige Verfügung gegen Baumhögger bestätigt. Die Accor-Gruppe darf das Hotel (Bildmitte) weiter betreiben, links das Konferenzzentrum, rechts das Pflegeheim der Diakonie.
    Bleibt vorläufig ein Mercure-Hotel: Das Landgericht München hat die einstweilige Verfügung gegen Baumhögger bestätigt. Die Accor-Gruppe darf das Hotel (Bildmitte) weiter betreiben, links das Konferenzzentrum, rechts das Pflegeheim der Diakonie. Foto: Foto: Norbert Steiche

    Das Gezerre und der Zirkus um das Hotel auf der Maininsel ist mittlerweile auch erstmals vor dem Landgericht München verhandelt worden. Wie berichtet, hatte der Eigentümer des Hotelbaus, Reinhard Baumhögger, dem Pächter Accor und damit dem größten Hotelkonzern der Welt den Stuhl fristlos vor die Tür gesetzt. Dieser sah keinen stichhaltigen Grund für die Kündigung, reichte kurzerhand Klage beim Landgericht ein und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Innerhalb einer Woche hieß der Hotelbau auf der Maininsel zuerst Mercure, dann Arcadia und mit der einstweiligen Verfügung nun wieder Mercure.

    „Ich dachte, ich habe eine Erscheinung“, kommentierte ein Mitarbeiter die Tatsache, dass plötzlich wieder die Mercure-Flaggen vor dem Hotel im Wind flatterten. Gegen diese einstweilige Verfügung legte Baumhögger nun Widerspruch ein. Verhandelt wurde die Geschichte nun in einem ersten Verfahren vor der dritten Zivilkammer am Landgericht München. Baumhögger war nicht angereist, hatte nur einen Beobachter und zwei Rechtsanwälte geschickt und wahrscheinlich schon geahnt, was in dieser Verhandlung auf ihn zurollen würde. Der Hotelkonzern Accor wurde von seinem Deutschlandchef Volkmar Pfaff, einem Rechtsanwalt und Justiziar vertreten.

    Wildwest Methoden in Franken

    Der Vorsitzende Richter, Matthias Musiol, machte von Anfang an klar, dass die Kammer den Widerspruch in zahlreichen Punkten als rechtsfehlerhaft einstufe und ihm keinerlei Chance auf Erfolg einräumen würde. Gleichzeitig wurde während der Verhandlung zudem bekannt, mit welch rabiaten Methoden Baumhögger seinen Hotelbau räumen ließ. Angerückt war der streitbare Eigentümer nicht nur mit einer eigenen Direktorin, sondern auch mit Bodyguards, die Direktor Michael Plume in fünf Minuten seine Sachen packen ließen, ihn vor die Tür begleiteten und ihm Hausverbot erteilten. Eine Szenerie, die der Richter in der mündlichen Verhandlung mit den Worten „verbotene Eigenmacht“, „unzulässige Selbstjustiz“ und „Wildwest-Methoden“ mehr als deutlich abwatschte.

    Durchaus mit harten Bandagen kämpfte damals übrigens auch der Hotelkonzern Accor, nachdem er die einstweilige Verfügung erwirkt hatte. Mittels Gerichtsvollzieher wurde die neue Direktorin aus dem Hotel geworfen. Seitdem wird das Haus auf der Maininsel von einer Sicherheits-Firma bewacht, was von einem der Rechtsanwälte kommentiert wurde: „Dass so etwas in Deutschland nötig ist, hätte ich in 20 Jahren nicht gedacht“.

    Deutliche Worte fand der Richter auch für die beiden Rechtsvertreter des Hamburger Investors und deren Argumentation. Die beiden Juristen wollten unter anderem erreichen, dass die Kammer den Pächter Accor als „Besitzdiener“ einstuft, mit stark begrenzten rechtlichen Ansprüchen. Eine komplett abwegige und lebensfremde Einstellung, befand das Gericht. Dies würde bedeuten, dass Mercure und Accor dem Eigentümer Baumhögger „weisungsgebunden“ und „untergeordnet“ wären. Dem wollte die Kammer nicht folgen, da Accor das Hotel nach außen und innen als Betreiber mit weitgehender Management-Befugnis und Verantwortung selbst betreibe.

    Sechs Prozent des Umsatzes muss jährlich an Baumhögger abgeführt werden. Der Rest des Gewinns verbleibt im Unternehmen. Dies begründet eine starke Vertragsstellung für den Pächter. „Ich sage es selten so deutlich, aber ihre Einstellung ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Sie entfernen sich von den Grundlagen deutscher Rechtsprechung auf der Basis von mehr als hundert Jahren“, hielt der Richter den Anwälten Baumhöggers vor. Sprach's und zog ein Grundsatzurteil zur Regelung des Besitzrechtes vom 3. November 1922 als Kopie hervor mit den Worten: „Aber erwarten Sie von mir in der der Urteilsbegründung keine historische Abhandlung über das Besitzrecht in Deutschland.“

    Nicht das letzte Verfahren

    Damit dürfte für die Justiz-Show um das Hotel auf der Maininsel aber nicht der letzte Vorhang gefallen sein. Die Hauptsacheklage, ob eine Kündigung des Pachtvertrages überhaupt möglich ist, wird in einem weiteren Verfahren Ende des Monats verhandelt.

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