Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, hatte die damalige Kreisstadt Gerolzhofen gerade mal 4328 Einwohner. So gut wie alle wohnten in der auch heute noch bestehenden Altstadt, denn Siedlungsgebiete gab es damals noch nicht.
Heute hat Gerolzhofen knapp 7000 Einwohner. Doch im Bereich des Fördergebiets für das Programm „Soziale Stadt“, das weitgehend identisch mit der Altstadt ist, leben nur noch 1435 Menschen, also nur noch ein Drittel von 1945 und nur ein gutes Fünftel der heutigen Bevölkerung.
Es erscheint also sinnvoll, wenn der Stadtrat beschlossen hat, einen kommunalen Zuschuss für den Bau oder Kauf von Wohnraum auf die Altstadt zu beschränken. Das soll einen Anreiz geben, dass das Zentrum nicht noch weiter ausblutet.
Leerstände
Die Leerstände bei den Geschäften sieht man, die bei den Wohnungen nicht, sagt Bürgermeister Thorsten Wozniak. Auch größere Wohnhäuser, in denen mehrere Partien wohnten, stehen heute völlig leer wie zum Beispiel in der Schuhstraße. Viele Häuser sind auch nur noch von einem einzigen Menschen bewohnt. „Die Kinder sind groß geworden und aus dem Haus, der Ehepartner gestorben“, da bleibt oft nur noch ein Single-Haushalt übrig, analysiert der Bürgermeister.
Rückgang also in der Altstadt, Wachstum dafür in den übrigen Teilen. Bei den ersten Wohnsitzen steuert Gerolzhofen wieder stramm auf die 7000er-Marke zu. Zum Jahreswechsel waren es noch 6923, am 22. Januar sind es schon 6937.
Bis 2013 stagnierte die Einwohner zahl noch bei 6700. In den vergangnen beiden Jahren nahm sie dann um je etwa 100 auf gut 6900. Woher kommt dieser Einwohnerzuwachs? Zu vermuten wären zunächst einmal die Flüchtlinge, die ihren ersten Wohnsitz in Gerolzhofen haben, sobald ihnen eine Bleibe in der Stadt zugewiesen wird.
Dazu kommt die Seniorensiedlung Wohn-Art 55-plus nördlich der Weißen Marter. Hier zogen 2014 rund 60 Menschen in die Bungalows und 2015 noch einmal rund 50 in die Wohnungen in zwei Wohnblocks. Dass Flüchtlinge und Senioren aber nicht die einzigen Kriterien für Zuzug sind, zeigt die Bilanz von Zu- und Wegzügen.
Diese Bilanz war von 2010 bis 2013 noch ziemlich ausgeglichen. So gab es 2010 365 Zuzüge und 347 Wegzuge, 2011 waren es 389 Zuzüge und 363 Wegzüge. 2012 lautete das Verhältnis 381:360, 2013 war es 414:368. Erst 2014 schlug das Pendel deutlich zugunsten der Zuzüge aus: 485:339, 2015 hieß es gar 560:401. Das heiß, es muss auch andere, jüngere Neubürger oder Familien nach Gerolzhofen gezogen haben.
Dazu muss man auch sehen, dass Asylbewerber nicht nur zugezogen, sondern auch wieder weggezogen sind. 2014 wurden 37 Asylbewerber als zugezogene Neubürger in Gerolzhofen gemeldet, 2015 waren es 87. Diese Zahl erscheint erst seit 2014 in der Statistik.
Und auch die Relation von Geburten und Sterbefällen ist negativ. In den letzten Jahren starben in der Stadt rund 100 Menschen pro Jahr, nur 50 wurden geboren. Aus „eigener Kraft“ würde sich Gerolzhofen bei der Einwohnerzahl also rückwärts entwickeln.
Bauplätze sind gefragt
Die Nachfrage nach den vorhandenen Bauplätzen am TV-Platz und am Nützelbach ist groß und ein Indiz dafür, dass der zu erwartende Bauboom noch einmal einen Einwohnerschub bringen wird. Dabei könnte es gut sein, dass das Allzeit-Hoch bei den Einwohnern wieder erreicht wird. Das stammt aus dem Jahr 1996. Damals hatten 7140 Menschen ihren ersten Wohnsitz in Gerolzhofen. Der Tiefststand in den letzten 20 Jahren lag bei 6702 im Jahr 2010.
Zuverlässige Einwohnerstatistiken gibt es in Gerolzhofen übrigens erst seit 1952. Damals hatte die Stadt 4956 Einwohner. Sieben Jahre nach dem Krieg hatte sich die Zahl damit stark erhöht, was natürlich den Flüchtlingswellen und den Heimatvertriebenen der ersten Nachkriegsjahre geschuldet ist.