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Geschichte lebendig machen

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Geschichte lebendig machen

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    Dr. Adolf Pahl hatte in seiner aktiven Zeit eine schier unvorstellbare Zahl von arbeitsintensiven Posten inne. Er leitete die Schweinfurter Museen, unterrichtete, nahm an Ausgrabungen teil, leitete die Volkshochschule der Stadt, baute die Volkswanderbewegung mit auf und erweiterte beharrlich die Schweinfurter Kulturlandschaft. Eine Krebserkrankung und die Folgen seiner Kriegsverletzungen haben der Reiselust der späten Jahre Einhalt geboten, nicht aber Pahls Schaffensdrang. Er arbeitet an seiner Autobiografie und sagt: "Ich habe noch für mindestens 20 Jahre zu tun."

    Frage: Sie waren fast fünf Jahrzehnte in Kulturämtern tätig. Wie würden Sie umreißen, was sich alles verändert hat?

    Adolf Pahl: Verändert hat sich vor allem der Umfang kultureller Aktivitäten in Schweinfurt. Das fing nach dem Krieg sehr bescheiden an. Ich habe 1955 erstmals das Amt des Museumsleiters übernommen. Parallel dazu war ich an der Universität Würzburg tätig und hatte Unterrichtsverpflichtungen an weiterführenden Schulen. Später kam die Volkshochschule dazu, und ab 1956 war ich Heimatpfleger. Aber die Arbeit sah anders aus als heute. Man musste fast alles allein machen, auch die Führungen. Ich war jedes Wochenende präsent - was sehr viel Verständnis von meiner Familie abverlangte.

    Umso erstaunlicher, dass Sie auch noch mehrere Posten innehatten, die heute jeweils einen ganzen Stab erfordern.

    Pahl: Das hatte einen Grund: Die Bezahlung in all diesen Tätigkeiten war äußerst gering. Ich kam 1945 aus der Internierung zurück und fing als Bauernknecht und Bau-Hilfsarbeiter an, bis ich 1946 als Lehrkraft an meine alte Schule ging, die Oberrealschule, Vorgängerin des Humboldt-Gymnasiums. Dort hatte ich mit 17 Jahren meinen Abschluss gemacht und war Soldat geworden. Im Wintersemester 1942 habe ich an der Universität München parallel zu meiner militärischen Ausbildung mit einem breit gefächerten Studium in den Fächern Geschichte, Philosophie und Psychologie begonnen. Ich musste geistig tätig sein, denn durch erste Verwundung und schwere Erkrankung war ich nicht mehr fronttauglich.

    In Schweinfurt sind Sie dann auf ein unbestelltes Feld gestoßen?

    Pahl: Ja, so war es. Das Museum Altes Gymnasium - mit aufgebaut von meinem Vater - leitete ein Baurat, der von Museumsarbeit wenig verstand. Man suchte nicht nach Entwicklungsmöglichkeiten - ein Stadtrat hat mir damals gesagt: Lass doch einfach alles, wie es ist.

    Was haben Sie vorgefunden?

    Pahl: Es gab ein Schema für die meisten Heimatmuseen in Bayern. Das war für mich damals furchtbar langweilig. Überall das gleiche: Vorgeschichte, dann ging es durch die Zeiten hindurch, ohne Schwerpunkte und besonders interessante Gegenstände. Als mich Bürgermeister Ignaz Schön bat, das Museum zu leiten, sagte ich zu. Zehn Jahre lang musste ich von Jahr zu Jahr um meine Weiterbeschäftigung bangen.

    Wie sind Sie vorgegangen?

    Pahl: Ich habe versucht, es aus eigener Kraft und oft mit eigenem handwerklichen Einsatz attraktiver und lebendiger zu machen. Oft muss man nur kleine Dinge verändern, die die Leute dann als wesentliche Verbesserung empfinden, etwa mit kleinen Vitrinen in den Räumen, so dass nicht alles einfach an den Wänden aufgereiht ist. Bei meinen Führungen waren die Exponate nicht weggesperrt, die Besucher konnten Dinge in die Hand nehmen. So habe ich zum Beispiel ins Posthorn geblasen oder auf dem Hammerklavier gespielt.

    In Ihre Amtszeit fielen wesentliche Erweiterungen der Museumslandschaft: Gunnar-Wester-Haus, Harmonie-Gebäude, Alte Reichsvogtei, die Sicherung der Sammlungen Luxburg und Rüdiger Rückert. Aus heutiger Sicht ist so ein Boom kaum mehr vorstellbar.

    Pahl: Man muss sagen, dass im Alten Gymnasium alles zunächst extrem beengt war. Die naturkundliche Sammlung Schuler etwa war in erbärmlichem Zustand. Die Vögel waren verschmutzt und so zusammengepfercht, so dass man oft nicht wusste, welcher Hals zu welchem Körper gehörte. Da habe ich dann keine Schulklasse mehr hineingeführt. Und dann kam die Sammlung Luxburg in ein ohnehin überfülltes Haus. Ich hatte Graf Luxburg auf dem Sterbebett versprochen, seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie das aber tun, wenn man mit den heimatgeschichtlichen Exponaten so eingeengt ist? Bald war klar: Ich musste da einfach raus.

    Würden Sie sagen, dass Einfallsreichtum die wichtigste Voraussetzung ist, um ein Museum zu leiten?

    Pahl: Unbedingt. Ein Museumsleiter muss immerzu Ideen haben. Ob er die alle verwirklicht, ist nicht so wichtig. Aber er muss über seine Grenzen hinausdenken. Wir hätten die Galerie Alte Reichsvogtei niemals bekommen, wenn ich nicht mit der Familie Meister, die damals dort wohnte, Kontakt gepflegt hätte. Im Gespräch über den Zaun habe ich dann Interesse angemeldet. Ich habe schon vorab geplant, was man ohne große bauliche Veränderungen mit den Räumen machen könnte, um dem Stadtrat die Sache schmackhaft zu machen. Es muss alles vorgeplant sein, sonst klappt es nicht. Wenn sich die Chancen ergeben, können Sie nicht erst anfangen nachzudenken.

    Aber irgendwann kam der Moment, wo Sie nicht mehr alles allein machen konnten.

    Pahl: Über die Jahre habe ich versucht, fähige Leute zu holen und hier zu halten. Dr. Erich Schneider etwa habe ich engagiert. So gelang es mir, einen Personalstand aufzubauen, den man in Schweinfurt nicht gewöhnt war. Man kannte bis dahin nur den Museumsleiter, der alles allein machte. Ich habe oft die Stadträte geführt, um langsam das Bewusstsein zu wecken, dass man für ein gutes Museum eben auch finanzielle Mittel braucht. Das war am Anfang ziemlich schwer.

    Irgendwann schein es Ihnen aber gelungen zu sein. . .

    Pahl: Ja, aber von wesentlicher Bedeutung war damals der Oberbürgermeister-Wechsel, als Kurt Petzold kam. Petzold war Schüler von mir gewesen.

    Sie kannten also viele der entscheidenden Leute von klein auf?

    Pahl: Das war wichtig. Ein Großteil der verantwortlichen Leute ist bei mir in die Schule gegangen. Ich habe ja auch als Lehrer versucht, über den Rahmen des rein Sachlich-Fachlichen hinauszugehen, zu begeistern. Oft waren Schüler bei Ausgrabungen dabei und haben erlebt, wie man Geschichte lebendig machen kann.

    Heute werden Dinge wie Sponsoring immer wichtiger. Hat die Wirtschaft in Ihrer Arbeit eine Rolle gespielt?

    Pahl: Ich habe immer wieder versucht, Kontakte aufzubauen, aber da ist anfänglich nichts gekommen. Von Sachs konnte man überhaupt nichts erwarten, da zählte nur der Sport. Und von der Familie Schäfer aus war nach dem Scheitern des Museums am Obertor zunächst kein Interesse, die Städtischen Sammlungen zu erweitern. Trotzdem habe ich mit der Familie Schäfer immer wieder versucht, die Sammlung Georg Schäfer ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Ich habe mit der Familie in zweijährigem Abstand große Ausstellungen mit Spitzweg, Menzel, Waldmüller und anderen gemacht. Leihgaben aus der Sammlung steigerten die Attraktivität der neuen Kunstgalerie. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass die Firma SKF den Neubau des Gunnar-Wester-Hauses für die Sammlung Graf Luxburg mit einem beachtlichen Geldbetrag förderte.

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