Es ist wie so oft: Eine Straße ist wegen Bauarbeiten für den Verkehr gesperrt. Doch anstatt die offizielle Umleitungsstrecke zu nutzen, suchen sich manche Verkehrsteilnehmer auf eigen Faust eine Alternativroute – über Flur- und Forstwege oder direkt durch die Baustelle, so lange das irgendwie ohne Achsbruch zu riskieren ist.
Mustergültig ließ sich dies vergangene Woche auf dem seit 19. Mai gesperrten Abschnitt der Staatsstraße 2274 zwischen Dingolshausen und Michelau ablesen. Dort verkehren trotz der unübersehbar aufgestellten Verkehrszeichen 250 (weißer Kreis mit rotem Rand) alle möglichen Fahrzeuge durch den Baustellenbereich. Besonders beliebt scheint es zu sein, sich zwischen beiden Ortschaften über Feldwege durchzuschlagen.

Kurz vor dem Dingolshäuser Ortsschild wurden sogar extra die zusätzlich zum Durchfahrt-Verboten-Schild aufgestellten Sperr-Barken zur Seite geschoben, um genügend Platz zu haben, damit ein Auto auf die eigentlich gesperrte Straße gelangen kann. Ein Augenzeuge berichtet gegenüber dieser Redaktion auch von Autos, die auf dem parallel zur Straße laufenden Radweg unterwegs gewesen seien.
Verstöße sind keine Seltenheit
Dass die gesperrte Straße in der vergangenen Woche illegal befahren wurde, ist dem zuständigen Staatlichen Bauamt Schweinfurt bekannt. Auf Nachfrage dieser Redaktion ist dort von "einigen Malen" die Rede, dass solche Verstöße festgestellt wurden. "Leider ist dies keine Seltenheit bei Baumaßnahmen unter Vollsperrung", berichtet die Pressesprecherin der Behörde, Nina Marder, weiter.

Doch nicht nur zwischen Dingolshausen und Michelau wird die Streckensperre missachtet. Dasselbe gilt laut Marder auch für den ebenfalls gesperrten Abschnitt zwischen Michelau und Geusfeld, der zeitgleich saniert wird. Auch dort wurden "Falschfahrer" festgestellt.
Wenn Mitarbeiter der ausführenden Baufirma sowie des Staatlichen Bauamts Verkehrsteilnehmer feststellen, die falsch fahren, weisen sie diese auf ihr Fehlverhalten hin, berichtet die Pressesprecherin. Die Überwachung des Verbots obliegt ihr zufolge jedoch der örtlichen Polizei. Und diese kontrolliert die Streckensperre auch regelmäßig im Rahmen der Streifenfahrten, versichert Bernhard Warmuth, der Leiter der Gerolzhöfer Polizeidienststelle auf Nachfrage.
Keine Ausnahme mehr für Linienbusse
In der ersten Woche der Straßensperre durften Linienbusse auf den gesperrten Straßenabschnitten noch fahren, bestätigt das Staatliche Bauamt eine entsprechende Vereinbarung mit Busunternehmen. Ziel war es, den Linienbusverkehr möglichst lange aufrecht zu erhalten. Da in der ersten Woche der Fahrbahnbelag nur abgefräst worden war, war dies mit gewissen Einschränkungen beim Fahrkomfort auch möglich.
Nach Pfingsten ist damit Schluss. Denn dann wird laut der Pressesprecherin der neue Straßenbelag aufgetragen. Dies mache eine Vollsperre der Strecke für alle Fahrzeuge notwendig – ohne Ausnahmen. Auch landwirtschaftliche Fahrzeuge, die während der ersten Woche im gesperrten Bereich zu beobachten waren, dürfen dann dort unter keinen Umständen mehr fahren.

Vorgesehen ist, dass die Sperre der Straße in zwei Wochen beendet ist. Ab 11. Juni soll der Verkehr wieder ungehindert fließen. Bis dahin lotst die ausgeschilderte Umleitung den Verkehr ab Dingolshausen über die Kreisstraße SW 52 nach Bischwind und Hundelshausen bis Fabrikschleichach. Ab Fabrikschleichach geht's über die St 2258 bis Untersteinbach und zurück auf die St 2274 in Richtung Geusfeld. Die Umleitung erfolgt genauso in die entgegengesetzte Richtung.
Tankstelle verliert Kunden im großen Stil
Gewaltige Umsatzeinbußen aufgrund der gesperrten Strecke verzeichnet bereits nach wenigen Tagen Marcel Heilmann. Er betreibt die Tankstelle in Michelau. obwohl diese am Ortsausgang Richtung Dingolshausen knapp vor dem gesperrten Bereich liegt und für Fahrzeuge erreichbar ist, verirren sich kaum noch Kundinnen und Kunden dorthin. Laut Heilmann sind es seit Beginn der Sperre nur noch etwa ein Fünftel der sonst üblichen Kunden.
Einen Anspruch auf Entschädigung des entgangenen Geldes hat der Tankstellenbesitzer nicht, erklärt das Staatliche Bauamt. Es bestehe "kein Rechtsanspruch auf die steige Nutzbarkeit der Straße". Dennoch hofft Heilmann, wenigstens einen gewissen Ausgleich aus einem Härtefallfonds zu erhalten, über den der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags entscheidet. Er versteht auch nicht, weshalb beide Streckenabschnitte (Dingolshausen-Michelau und Michelau-Geusfeld) zeitgleich saniert werden.

Michelau ist während dieser Zeit nur noch über die schlecht ausgebaute Straße von Hundelshausen her erreichbar, was kaum jemanden zum Tanken in den Ort locken dürfte. Der für die Tankstelle wichtige Durchgangsverkehr fällt komplett weg.