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GEROLZHOFEN: Glücksgefühle beim Entrümpeln

GEROLZHOFEN

Glücksgefühle beim Entrümpeln

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    Bertram Schulz inmitten der Funde, die er im ehemaligen Anwesen Breitenbach in der Gerolzhöfer Marktstraße gemacht hat. Dazu zählt der Meisterbrief von Alfred Breitenbach. 1932 hatte er durch die Eheschließung mit Maria Vollmuth in den Metzgerbetrieb seines Schwiegervaters in Gerolzhofen eingeheiratet.
    Bertram Schulz inmitten der Funde, die er im ehemaligen Anwesen Breitenbach in der Gerolzhöfer Marktstraße gemacht hat. Dazu zählt der Meisterbrief von Alfred Breitenbach. 1932 hatte er durch die Eheschließung mit Maria Vollmuth in den Metzgerbetrieb seines Schwiegervaters in Gerolzhofen eingeheiratet. Foto: Foto: Norbert Vollmann

    Es ist einer dieser mit besonderen Glücksgefühlen verbundenen Glücksmomente gewesen, von denen sich Bertram Schulz ruhig mehr wünschen würde. Zeit, Staub oder Dreck spielen in diesem Moment keine Rolle für ihn, wenn sich die Chance auftut, in alten Häusern nach brauchbaren Dingen für das Stadtmuseum stöbern zu dürfen.

    Dieser Tage bekam der ehrenamtliche Museumsleiter von Karlheinz Weisensee die Möglichkeit geboten, sich nochmals in der ehemaligen Metzgerei Breitenbach in der Marktstraße umzuschauen, bevor dort weiter entrümpelt wird.

    Bekanntlich hat in das Haus mit dem in den 1950er-Jahren freigelegten Fachwerk jüngst eine sogenannte Pop-up-Bäckerei als Filiale Einzug gehalten, die ihre Backwaren für einige Stunden an Sonn- und Feiertagen feilbietet. Dafür musste schon einmal der alte Verkaufsraum der Metzgerei freigemacht werden.

    Außerdem haben Karlheinz Weisensee und seine Frau Hildegund jetzt nach der Schließung ihres eigenen Uhren- und Schmuckgeschäfts Zeit, jetzt nach und nach in dem schon um die Jahrtausendwende erworbenen Nachbarhaus auszusortieren.

    Für Bertram Schulz, der zusammen mit Klaus Vogt das Stadtmuseum leitet, war es wie gesagt, ein Glücksfall, das Gebäude aufgrund des Angebots der Weisensees nach erhaltenswerten und interessanten Dingen für das Stadtmuseum vom Dachboden bis zum Keller durchkämmen zu können.

    Das sich in die Ecke schmiegende Häuschen zwischen dem Geschäfts- und Wohnhaus der Weisensees zur Linken und dem Deko-Laden zur Rechten entpuppte sich zur Freude von Bertram Schulz als richtige kleine Fundgrube. „Es sind super Sachen dabei“, so ein begeisterter Museumsleiter.

    Inzwischen hat das Sichten und Säubern der teils kräftig verstaubten Fundstücke begonnen. Die Bandbreite ist groß. Sie erstreckt sich vom Andachtsbild aus Altötting bis zur vollständig erhaltenen alten Gerolzhöfer Weihnachts-Bretterkrippe. Derjenige, der sie um 1900 herum anfertigte, hat die Figuren und den Aufbau mit der Laubsäge aus dem Holz alter Zigarrenkisten herausgesägt.

    Schulz wird nun den Gerolzhöfer Krippenexperten Bruno Steger um eine Expertise bitten. Vielleicht ist das Unikat schon im Rahmen der Gerolzhöfer Krippenstraße an Weihnachten zu bewundern.

    Breitenbachs Meisterbrief

    Alfred Breitenbach hatte 1932 durch die Eheschließung mit Maria Vollmuth in den Metzgerbetrieb seines Schwiegervaters Georg Vollmuth eingeheiratet und schließlich den Betrieb übernommen. Aus dieser Zeit stammen Breitenbachs Meisterbrief, seine Metzgerschürze und verschiedene andere Metzgerutensilien wie ein alter Rechnungsblock.

    Über „Schuldigkeit und Zahlung“ hat sein Schwiegervater in einem Büchlein von 1903 Buch geführt. Die Aufzeichnungen geben einen interessanten Einblick in die damals von dem Metzgerbetrieb abzuführenden Steuern und Abgaben.

    Noch vom Bauhof abgeholt werden muss aufgrund des Gewichts von über vier Zentnern ein massiver, auf gedrechselten Holzfüßen stehender Hackstock, der ebenfalls aus dieser Zeit um 1900 stammt.

    Ferner hat Bertram Schulz eine alte, ringsum mit Marmor verblendete Fleischwaage mit Jugendstil-Ornamenten gesichert. Sie ziert das Zunftwappen der Metzger mit gekreuztem Beil und Rindskopf.

    „Ganz lustig“ empfand Bertram Schulz Funde, die im Zusammenhang mit dem 90. Geburtstag des in Würzburg geborenen Prinzregenten Luitpold von Bayern am 12. März 1911 stehen. Zum einen handelt es sich um eine Gedenkschrift zu dem auch in Gerolzhofen gebührend gefeierten Anlass.

    Zum anderen zog der Museumsleiter aus einer Ecke im Dachboden sechs Rautenfähnchen in den weiß-blauen bayerischen Farben hervor. Sie dürften zum Geburtstag des beliebten Monarchen in Gerolzhofen fleißig geschwenkt worden sein.

    Dazu hat Bertram Schulz viele Bilder aus der Haus- und Familiengeschichte mitgenommen. Leider sind sie in der Mehrzahl undatiert und unbeschriftet, so dass sich vielfach nie mehr herausfinden lassen wird, wer darauf zu sehen ist. Wenn es um die Breitenbachs selbst und ihre beiden Kinder Hans (Johann) und Marianne geht, können zum Glück noch die Weisensees als Nachbarn helfen.

    Seinem Kennerblick hat Bertram Schulz einen ganz besonderen Fund zu verdanken. Obwohl das Glas des Rahmens gesplittert war, befand sich darunter die „Neu vermehrte Post-Charte durch gantz Teutschland nach Italien, Franckreich, Niederland, Preußen, Polen, Ungarn etc.“

    Auf dem kolorierten Kupferstich-Druck eines Nürnberger Verlags aus dem Jahr 1714 sind die damaligen Postrouten in ganz Mitteleuropa verzeichnet. Der Ortsname von Gerolzhofen ist darauf nicht zu finden, aber dafür der von Neuses am Sand als der damals bedeutendsten Poststation in der Gegend.

    Comic aus dem Jahr 1943

    Auch Dokumente aus der Kriegs- und Nachkriegszeit haben in dem Anwesen überdauert. Angefangen von einem Comic-Heft aus dem Jahr 1943, über einen Aufruf des örtlichen Luftschutzführers zur Mitgliedschaft im Reichsluftschutzbund bis hin zu einem Appell von Bürgermeister Karl Schmitt vom September 1945, für den Wiederaufbau des zerstörten Würzburg zu spenden.

    Eine weitere Rarität ist die Pillenschachtel mit „Apotheker Schwaab‘s Schlaftabletten“ aus den 1950er-Jahren, als die St. Michaels-Apotheke vor dem Umzug in die Marktstraße zunächst in der Rügshöfer Straße beheimatet war und die Apotheker noch ihre eigenen Mittelchen und Pülverchen herstellten.

    Und passend für das Nähmaschinenmuseum hat sich der Gesellenbrief von Anna Vollmuth, der Schwester von Maria Vollmuth, verheiratete Breitenbach, aus dem Jahr 1926 als Schneiderin gefunden.

    Bei geplanten Entrümpelungen oder Haushaltsauflösungen stehen die Museumsleiter zur Durchsicht bereit. Kontaktaufnahme zu Bertram Schulz und Klaus Vogt über die Tourist-Info unter Tel. (0 93 82) 90 35 12 möglich.

    Das Haus Marktstraße 15 (früher Hausnummer 103) in Gerolzhofen

    Am 27. Mai 1890 eröffnet Metzgermeister Georg Vollmuth im Haus seines Vaters, Büttnermeister Valentin Vollmuth (dieser war dort seit etwa 1880 ansässig), sein Metzgereigeschäft.

    1932 heiratet der im Spessart geborene Alfred Breitenbach durch die Verehelichung mit Maria Vollmuth in das Anwesen ein. 1936 übernimmt er vermutlich nach dem Tod seines Schwiegervaters Georg Vollmuth die Metzgerei. Seine Schwiegermutter Mathilde Vollmuth, eine geborene Fuchs aus Obervolkach bleibt weiter im Haus in der Marktstraße wohnen.

    Alfred und Maria Breitenbach haben zwei Kinder, die 1934 geborene Marianne und den 1935 geborenen Johann, Hans genannt.

    1970 gibt Alfred Breitenbach das Metzgereigeschäft auf. Er stirbt bereits 1972, seine Frau Maria 1980. Weiter im Haus wohnen bleibt danach noch für eine längere Zeit die ebenfalls bereits gestorbene ledige Tochter Marianne.

    Um die Jahrtausendwende erwirbt die Familie Weisensee das Nachbarhaus Marktstraße 15 (früher Haus Nummer 103) der Breitenbachs, wie aus den Nachforschungen von Museumsleiter Bertram Schulz weiter hervorgeht.

    Die Freilegung des Fachwerkgiebels an dem denkmalgeschützten Haus aus dem 18. Jahrhundert erfolgte übrigens im Jahr 1954.

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