Die 400 Meter hat Kurt Vogel im Silvana in 12:30 Minuten gekrault. Der 71-jährige Stadtrat hätte sich viel mehr Zeit lassen können: 17:15 Minuten sind für über 70-Jährige „erlaubt“, um die Bedingung fürs Bayerische Goldene Leistungssportabzeichen in dieser Disziplin zu erreichen. Die 12:30 sind der Wert für 30-Jährige. Ende 2011 hat der noch immer topfite Kurt Vogel das „Goldene“ nun zum 50. Mal „eingetütet“. Er weiß, dass es nicht viele gibt, die diese Marke schaffen, spricht aber – erstaunlich bescheiden – von „eher selten“.
2011 also die Rekordmarke, die der BLSV-Kreischef „eigentlich schon 2009“ geholt hatte. Er habe aber zwei Urkunden („wohl umzugsbedingt“) nicht mehr gefunden. Weil somit der Nachweis fehlte, habe er „bis jetzt gewartet, ich hab's ja auch vergeigt“.
Zum ersten Mal geht Kurt Vogel 1959 an den Start, er lebt noch in Kitzingen. Für die Stadionrunde (400 Meter) benötigt er 57 Sekunden, für die 400 Kraulschwimmen nur knapp über drei Minuten. Eine der fünf Disziplinen ist einarmiges Gewichtheben. 44 Kilogramm stemmt der 19-Jährige nach oben. 1963 wird er dann Sportabzeichenprüfer.
1972 folgt der Wechsel nach Schweinfurt, er schließt sich „gleich der Laufgruppe“ um den bekannten Mittelstreckler Erich Preßler beim TV Oberndorf an, ist bald wieder auch Prüfer. Später übernimmt Vogel den Job des Sportabzeichen-Referenten für die hiesige Region – übrigens vom damaligen Stadtrat Max Jopp. Seit zehn Jahren heißt die Referentin Meta Vogel-Jehli seine Frau.
Das weiß-blaue Sportabzeichen in Gold abzulegen, „war mir Verpflichtung“, sagt Kurt Vogel. Zum einen, um seine eigene Fitness „zu testen“, aber auch um fürs Sportabzeichen zu werben. Insofern sei auch der Artikel über seine Leistung „wieder Werbung fürs Sportabzeichen“, das Vogel heute wichtiger denn je nennt. Immer mehr jungen Leuten fehle es an Bewegung. Fast-Food und Internet machten viele bewegungslos. Nicht ohne Grund hätten die Krankenkassen das Sportabzeichen anerkannt: Wer den Nachweis liefert, dessen Beitrag reduziert sich.
Der ehemalige Humboldt-Sportlehrer ist „dauernder Werber“ für Sportabzeichen. Bei der DJK und beim TV Jahn Schweinfurt sowie in Sennfeld, Schwebheim und Grettstadt wird er gut gehört, er spricht von Sportabzeichen-Nestern. Inklusive der Jugendabzeichen (an Schulen) waren es in Stadt und Landkreis letztes Jahr 2700. Vogel nennt die Zahl „ganz ok“. Das heißt: Es könnten mehr sein.
Einige Stadträte – Wolfgang Kattner, Hannes Nägle, Roland Schwab – und Rathaus-Verantwortliche – die Referenten Martin Baldauf und Jürgen Mainka – habe er überzeugen können. Weniger die Kolleginnen im Stadtrat, „die haben kein Interesse, aber schau sie Dir doch an“, grinst Vogel.
Apropos Anekdoten. Deren liefert der drahtige Mann beim Pressegespräch viele. Der BLSV-Präsident Peter Kapustin habe beim 100-Meter-Lauf einen Fehlstart verursacht, die „Prüfer trauten sich aber nicht, ihren Präsidenten zurückzupfeifen“. Im Ziel habe er, Vogel, Kapustin dann doch noch abgefangen. Er berichtet, dass Oberbürgermeister Sebastian Remelé der Hinweis auf die vergessene Badehose nichts half. Vogel organisiert eine Silvana-Leih-Hose. Vogel freut sich, dass er endlich Sportamtsleiter René Gutermann überzeugen konnte. „Es reichte aber nur für Bronze“. Das Frotzeln kann Vogel nicht lassen.
Der Deutsche Olympische Sport Bund (DOSB) habe sich durchgerungen, die weißblauen Sportabzeichen-Regeln zu übernehmen. „Wer's deutsche Goldene wollte, brauchte mitunter 15 Jahre“, sagt Vogel. Deshalb habe er nie das Deutsche Abzeichen angestrebt: „Weil ich in Bayern gleich Gold mit besserer Leistung bekommen habe“. Zum 100-Jährigen des DOSB im Jahr 2013 gelten nun bundesweit die Bayern-Regeln. Das heißt: Wer die Vorgaben schafft, wird jedes Jahr mit Gold dekoriert.
Fünf Disziplinen sind nötig. Vogel hat sich neben den 400 Meter Kraul noch für zwei weitere Schwimmstrecken entschieden: die 100 beziehungsweise 200 Kraul meisterte in 2:30 und 5 Minuten (nötig sind 4 bzw. 7 Minuten). Das sind die Werte für 40- bzw. 50-Jährige, lacht Vogel, der 1991 und 1992 den Berlin-Marathon noch in dreieinhalb Stunden unter die Füße nahm. Für die 500 Meter mit dem Rad bei fliegendem Start war er beim Rekord-Gold mit 48 Sekunden deutlich schneller als nötig. Und auch beim Hochsprung jumpte er über die verlangten 1,05 Meter. „Die Disziplin hat mir aber immer Schwierigkeiten bereitet, weil ich zu kurz bin“, schont er am Ende auch sich selbst nicht.