Es ist ein Projekt mit Strahlkraft. Eines, das die Zukunft des Industriestandortes Schweinfurt nachhaltig sichern soll. Und das deshalb ganz hoch aufgehängt ist in der kommunalen Politik und bei den ortsansässigen Weltunternehmen. „Wir dürfen uns hinterher nicht über Fachkräftemangel beklagen, wenn wir vorher nichts dagegen getan haben“, sagt Peter Ottenbruch, Technikvorstand der ZF Friedrichshafen AG. Jetzt hat man etwas getan, auch auf seine Anregung hin.
Am Donnerstag wurde im Anschluss an eine Gründungsversammlung nur knapp ein halbes Jahr nach der Präsentation der ersten Idee die Satzung des neu zu gründenden Vereins „wissenswerkstatt Schweinfurt e.V.“ unterzeichnet. Mit kleinem „w“. Im Trausaal, also dort, wo gemeinhin der Bund fürs Leben geschlossen wird. „Wir haben unterschiedliche Interessen, ziehen hier aber an einem Strang“, sagt Ottenbruch mit Blick auf die teils im Wettbewerb stehenden Gründungsmitglieder (neben ZF und der Stadt Schweinfurt noch SKF, Schaeffler, Fresenius, die IHK und der VDI). Mindestens für zehn Jahre ist dank deren „großzügigen Finanzierungszusagen“ (Vereinsvorsitzender Martin Drescher) die Existenz des ehrgeizigen Projekts gesichert. So lange halten nicht alle im Trausaal geschlossenen Ehen.
Der Zusammenschluss der Großbetriebe und Institutionen in der „wissenswerkstatt“ hat – auch dies eine Parallele zu Hochzeiten – die Sicherungs des Nachwuchses zum Ziel. Junge Menschen zwischen acht und 18 Jahren sollen in der durch den Verein betriebenen Einrichtung, die im Juli 2012 nach Umbaumaßnahmen das Untergeschoss des Friedrich-Rückert-Baus beziehen wird, für Technik begeistert werden. Schulungsräume gibt es für Mechanik, Physik und Elektrotechnik; das Ganze folgt einer Blaupause der bereits existierenden und erfolgreich arbeitenden „wissenswerkstatt“ in Friedrichshafen, dem ZF-Hauptsitz.
„Wir wollen keine Konkurrenz zu schulischen Angeboten sein, sondern die Bildungseinrichtungen dabei unterstützen, junge Leute neugierig auf Technik zu machen“, betont Martin Drescher. Es wird ein Kursprogramm aufgelegt, an dem jährlich rund 2500 Jugendliche teilnehmen sollen. Themen wie Robotik, Geocaching, Automatisierungstechnik oder „Jugend forscht“ stehen auf dem „Lehrplan“. Bis zum nächsten Jahr sollen zwei hauptamtliche Mitarbeiter gefunden werden, die das aus Friedrichshafen adaptierte Konzept mit Leben füllen. Und Drescher setzt bewusst auch darauf, „dass die an der Gründung beteiligten Vertreter der Großindustrie uns künftig mit Rat und Tat zur Seite stehen.“
Dass von der Idee bis zur Umsetzung nur wenig Zeit verstrich, führt Peter Ottenbruch darauf zurück, dass es „nie um das Ob“ gegangen sei, sondern „stets nur um das Wie“. Dieses Wie stehe nun fest: Man wolle „Zukunft gestalten mit den Menschen in unserer Heimatregion“. Oberbürgermeister Sebastian Remelé nannte es „keine Selbstverständlichkeit“, dass sich die Großindustrie fast geschlossen in das Projekt eingebracht habe. „Dies ist ein klares Bekenntnis zu der Region und ein Ausdruck der Verbundenheit mit deren Bewohnern“, so der OB. Das Ziel, Nachwuchs für die technischen Berufe heranzuziehen, sei „eine Daseinsfrage“ für Schweinfurt und das Umland. Die Vereinsgründung selbst sei „extrem unbürokratisch, schnell und effektiv“ vonstatten gegangen.
Neben dem Vorsitzenden Martin Drescher gehören der Vorstandschaft in der ersten, dreijährigen Amtszeit Stellvertreter Wolfgang Sutterlüti (SKF GmbH) und die weiteren Mitglieder Martin Hellermann (Schaeffler Technologies AG & Co. KG) und Rolf Näder (Fresenius Medical Care) an. Über die Finanzen wacht als Schatzmeister der bewährte städtische Kämmerer Martin Baldauf. Die Arbeit der Vorstandsmitglieder erfolgt auf ehrenamtlicher Basis.
Nicht zu den Gründungsmitgliedern zählen einige Institutionen, deren Mitwirken im Gespräch oder doch zumindest erwünscht war; so auch die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. In Friedrichshafen sitzen mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (früher Berufsakademie) und der Hochschule Ravensburg-Weingarten hingegen gleich zwei Akademikerschmieden mit im Boot. Die Satzung ermöglicht indes den Beitritt weiterer Mitglieder, darunter könnte sich neben der FH eventuell auch die Handwerkskammer befinden.