Aufdringlich ist er jedenfalls nicht, der seltene Gast, der sich in einem dichten Laubwald bei Grettstadt den Sommer eingenistet hat. Schön versteckt, hoch in den Wipfeln hat ein Wespenbussard-Pärchen sein Nest gebaut – und wäre wohl niemandem aufgefallen. Wäre da nicht Dr. Theodor Mebs, ein passionierter und renommierter Ornithologe aus Castell gewesen.
Mebs, der neben vielen anderen Fachbüchern auch den Kosmos-Naturführer „Greifvögel Europas“ mitverfasst hat, informierte Vogelfreunde und Michael Firsching, den Naturschutzbeauftragten der Gemeinde Grettstadt, über seine Entdeckung: Im Eichig, einem lichten Laubwald in der Gemarkung Grettstadt, hatte der sehr zurückgezogen lebende Wespenbussard ein Nest gebaut. Darin: zwei Eier.
Und daraus schlüpften schließlich und endlich auch zwei Jungtiere, die in den ersten drei Wochen allein vom männlichen Wespenbussard versorgt wurden. Erst dann kümmerte sich das Weibchen mit um den Nachwuchs. 40 Tage dauert die Nestlingszeit der Wespenbussarde. Eines der Jungtiere hat es dabei nicht geschafft, lag am Fuße des Brutbaumes. Das zweite Jungtier haben Mebs und seine Helfer beringt.
Inzwischen sind die Wespenbussarde ausgeflogen, haben Grettstadt und ihren Wald weit hinter sich gelassen und eine weite Reise ins Winterquartier angetreten – in Richtung Sahara. Bewusst hatten die Vogelfreunde ihre seltene Beobachtung nicht eher an die Öffentlichkeit gebracht. Schließlich, so Mebs, sei die Vogelart sehr menschenscheu. Und weit verbreitet. Nur, dass die Tiere wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem gemeinen Mäusebussard oft gar nicht vom Laien als Wespenbussarde erkannt werden.
Der Wespenbussard lebt bevorzugt in lichten Laubwäldern mit sonnigen Lichtungen, Wiesen oder Schneisen. Seinen Namen verdankt er seiner Hauptnahrung: der Wabenwespe und deren Larven. Aber auch andere Insekten, Würmer, Frösche und andere Amphibien stehen auf seinem Speiseplan. Mit seinen Grab- und Scharrfüßen, einer schuppigen Befiederung der Schnabelwurzel, die gegen Wespenstiche schützt, und sehr kleinen Nasenöffnungen, in die beim Graben kaum Sand eindringen kann, ist der Greifvogel für die Nahrungssuche bestens gewappnet.
Acht Monate des Jahres lebt der Bussard in Gebieten südlich der Sahara, kommt im Mai zu uns, um das Gebiet nach gut drei Monaten wieder zu verlassen. Obwohl Fachleute seinen Bestand auf 10 000 bis 30 000 Brutpaare schätzen, gilt der Wespenbussard als gefährdet und ist deshalb in der Roten Liste zu finden.