Schlange stehen, um den triumphalen Empfang Jesu in Jerusalem, aber auch seine Kreuzigung mitzugestalten: Dieses Bild prägte die Robert-Seemann-Halle in Sömmersdorf, als sich dort über 200 Volksdarsteller der Fränkischen Passionsspiele in die verschiedenen Listen eintrugen.
Bis auf den Zuschauerplatz des Passionsspielgeländes hinaus standen die Menschen, um sich registrieren zu lassen. Ihre grundsätzliche Bereitschaft, bei den Fränkischen Passionsspielen vom 24. Juni bis 19. August auf der Bühne zu stehen, war zwar bereits im vergangenen Sommer abgefragt worden. Aber der Andrang an potenziellen Darstellern von Männer, Frauen und Kindern des jüdischen Volkes vor 2000 Jahren überraschte auch den Vereinsvorstand und die beiden Regisseure, Hermann J. Vief und Marion Beyer. Denn diese Spieler ergänzen die 120 Sprechrollen des Theaterstücks vom Leiden und Sterben Jesu. „Die 300er-Marke ist geknackt“, freute sich Vief über das 680-Einwohner-Dorf.
Zusätzliche Stühle wurden herbeigeholt, Platz für Kinderwagen geschaffen. Denn auffällig viele Babys und Kleinkinder waren von ihren Eltern mitgenommen worden. „Weil es einfach dazu gehört“, wie auch Tanja Homrighausen, eine junge Mutter, erklärte, die von Kindesbeinen an alle fünf Jahre auf der Bühne steht. „Und weil es Spaß macht“, ergänzte Sandra Garbe. Als „Eingeheiratete“ ist es auch für sie selbstverständlich, diesmal mit ihren drei Kindern „Hosianna“ zu rufen.
Für die Kostümfrauen heißt das, neue Kindergewänder zu nähen, bestätigte Ruth Stark. Bei einer großen Kleideraktion waren bereits Ende 2017 viele Volksdarsteller mit Kostümen versorgt worden. Für die Allerkleinsten werden jetzt noch Tragetücher angefertigt, „auch für die noch nicht Geborenen“, wie Elke Grünewald lächelnd ergänzte.
Beeindruckt vom großen Andrang zeigte sich Vereinsvorsitzender Robert König. Mehr Beteiligte als 2013 wollen die Passion weitertragen, freute er sich. Und obwohl er so gut wie alle Freiwilligen kenne: „Ich lerne hier neue Menschen kennen. Das ist einfach toll.“ Auch für die mitspielenden und mithelfenden Sömmersdorfer, die angestammten, neu Zugezogenen oder Weggezogenen, ist das Passionsspieljahr eine ideale Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen.
Einen genauen Probenplan hatten die Regisseure ausgetüftelt, nicht nur für die 120 Sprechrollen, auch für die vier unterschiedlichen Volksgruppen, die sich für verschiedene Auftritte auch summieren.
Zwölf gestandene Männer, „Hardliner“, wie Vief sagte, wurden als erste für das Volk IV gesucht. Sie müssen sich vor allem an der Steinigung der Ehebrecherin beteiligen, aber auch an der Ölbergszene oder der Kreuzabnahme. Die ausgelegte Liste füllte sich zunächst nicht ganz, durch gutes Zureden des stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Norbert Mergenthal fanden sich schließlich doch genügend Freiwillige.
Leichter war es mit der Namensliste für das Volk I: 25 Personen, die beim Einzug in Jerusalem, bei der Vertreibung der Händler aus dem Tempel, der Geißelung, der Verurteilung und der Kreuzigung mitspielen wollen. „Bei der Tempelszene ist es lebendig auf der Bühne, da werden Hühner und Stoffe verkauft“, lockte Regisseur Vief.
Gut 50 Personen trugen sich für das Volk II ein, das bei diversen Szenen die jüdische Bevölkerung erweitert: Beim Einzug, der Geißelung Jesu, der Verurteilung oder dem Kreuzweg, wobei allerdings keine Kinder beteiligt sind. Diese sind mit ihren Müttern vor allem bei der ersten Massenszene, dem jubelnden Empfang in Jerusalem, dabei. Dafür wird das Volk III gebraucht. Es dauerte denn auch einige Zeit, bis sich alle Sömmersdorfer dafür in die Namenslisten eingetragen hatten.
Klare Ansagen gab es dann von der Regie: Ab 22. April wird in Kostümen geprobt, die eigenverantwortlich zu Hause aufbewahrt werden. „Auf keinen Fall bügeln“, lautete die Vorgabe, möglichst knittrig, auch zerschlissen sollten die Volksgewänder sein. „Wir stellen schließlich reales Leben dar.“
Infos zum Kartenverkauf: www.passionsspiele-soemmersdorf.de