„Mein Mundwerk ist mein Kapital“. Das sagt Karl-Heinz Hennig selbst von sich. Er weiß, dass er spannend erzählen und Vorträge halten kann, dass er mit Humor und mit Leidenschaft, aber auch mit Wiederholung und Standfestigkeit seine Botschaft unter die Leute bringen kann. Die da heißt: Schätzt Eure Heimat, Eure Geschichte, Eure Kultur. Dafür kämpfte der scheidende Kreisheimatpfleger für den nördlichen Landkreis 35 Jahre lang in seinem Ehrenamt. Und mit seiner offiziellen Verabschiedung am 20. April ist damit sicher nicht Schluss.
„Meine Vortragstätigkeit führe ich weiter“, erklärt der 78-jährige Hambacher mit Bestimmtheit. Schließlich hat er, seit er 18 Jahre alt war, insgesamt 22 Themen recherchiert und ausgearbeitet, hat 35 000 Dias geschossen und sieben Bücher geschrieben. Er kann mit seinen Lichtbildervorträgen jede Vereinsversammlung, jeden Seniorenkreis oder jede Schulstunde bereichern. Sei es, dass es um Landschaften geht, um die bäuerliche Selbstversorgung, um Alt-Schweinfurt, um die Gestaltung von Friedhöfen oder den Eisernen Vorhang. „Aber die Problem-Themen werden nicht so gefragt“, fügt er hinzu.
Er selbst geht den Problemen nicht aus dem Weg. Genauso wenig, wie er sich nicht scheut, seine Meinung klar und deutlich, manchmal auch recht laut zu äußern. Wenn es beispielsweise um die Verschandelung der Dörfer geht, um „Unser Dorf soll hässlich werden“, wie ein Vortrag provokant heißt. „Der Hennig is grad ,raus. Der sacht des, was er denkt“, zitiert er häufige Äußerungen. Was ihm nicht nur Freunde beschert. Aber das hält er aus.
Nah am Bürger
Hennig hat mit seiner Art das Ehrenamt geprägt. „80 Prozent meiner Tätigkeit war ich nah am Bürger“, meint er. Der Rest waren – gemäß der gesetzlichen Vorgabe für Kreisheimatpfleger – häufig Stellungnahmen zu Bauvorhaben. Aber: „Nicht die Briefmarke wert“ sei seine Arbeit manchmal gewesen, grummelt er, dann wenn sein Standpunkt in den Gemeinderäten nicht beachtet wurde.
Dabei hat der Hambacher viel Zeit und Herzblut in sein „Hobby“ investiert. Von April 1973 bis Dezember 1987 übernahm er zum ersten Mal das Amt des Kreisheimatpflegers, auf Bitten des damaligen Landrats Georg Burghard. Und das neben seiner Arbeit bei SKF, wo sich der gelernte Werbe- und Gebrauchsgrafiker seit 1960 um das technische Archiv kümmerte.
Bei SKF Systematik gelernt
Dort lernte er auch die Systematik des Ordnens, die er für seine eigenen Zwecke brauchte.
Weil er ab 1984 bei SKF für die Organisation von Freizeitgestaltung und Jubilarfeiern zuständig war, und er deshalb abends und am Wochenende häufig nicht zu Hause bei der Frau Elsbeth und den zwei Kindern war, gab Hennig den Kreisheimatpfleger vorübergehend auf. Aber 1995, nach seiner Pensionierung ein Jahr zuvor, ließ er sich noch einmal für das Ehrenamt überreden, das er bis zum 31. März dieses Jahres innehatte, also noch einmal 21 Jahre. „Ich hab's gern gemacht. Es war mir ein Plaisir“, blickt er heute zurück.
Bald feiert Hennig 80. Geburtstag
Eine Krankheit und sein Alter - „ich werde nächstes Jahr 80“ - waren die Gründe für seinen Rücktritt. Und, Karl-Heinz Hennig verhehlt es nicht, die fortschreitende Digitalisierung. Er hat nichts am Hut mit Internet und E-Mail, war daher von vielen Informationen, gerade aus der Verwaltung, ausgeschlossen.
„Bei mir gilt halt noch die Buschtrommel“, sagt er. Er arbeitet mit Diaprojektoren, sieben Stück hat er. Technikfeindlich ist er also nicht. Er hat sich auch bemüht, die Findbücher für sein umfangreiches Privatarchiv aus 100 Ordner und unzähligen Fachbüchern digitalisieren zu lassen. Aber sein Helfer musste aufgeben.
So breit und tief Hennigs angehäuftes Wissen über Geschichte, Brauchtum, Tracht, Lieder, Tanz, Mundart, Architektur, Baustile, Fachwerk oder Vor- und Frühgeschichte des Landkreises und weit darüber hinaus mittlerweile ist, so umfangreich sind auch seine Erinnerungen.
Stoibers Kahlschlag kritisiert
An die 70er Jahre, als Denkmalpflege und Kreisheimatpfleger pro Jahr 100 000 DM an Projekte verteilen konnten. An den „Stoiberschen Kahlschlag“ Mitte der 90er Jahre, der dies deutlich reduzierte. An große Erfolge des „Tags des offenen Denkmals“, als zehntausende Besucher zu den Schätzen pilgerten. „Ich bitte darum, dass der Landkreis den Tag wieder zu seiner Herzensangelegenheit macht“, sagt er.
Stolz ist der kleingewachsene Mann mit dem großen Herzen für seine Heimat auf einige wichtige Erfolge: Beispielsweise in den 90er Jahren auf die Außeninstandsetzung des Wasserschlosses Wetzhausen im Rahmen des Entschädigungsfonds.
Keltisches Grab entdeckt
Oder auf die spektakuläre Rettung des ältesten evangelischen Pfarrhauses in Bayern, das in Zell. Er hat eine jungsteinzeitliche Siedlung in Zell monatelang ausgegraben, hat ein keltisches Grab in Hambach entdeckt.
„Das kann zur Sucht werden“, denkt Hennig zurück, als er sonntags über die Felder ging und Scherben suchte. „Ich habe meiner Familie viel zugemutet“.
Das hat er offenbar auch manchem Bürgermeister, mit dem er „Tacheles“ redete. Wenn es beispielsweise um Amsel-, Drossel- oder Finkenstraßen in Neubaugebieten ging, hielt Hennig nicht hinterm Berg mit seiner Meinung. „Da müssen doch die alten Flurnamen hin“.
Schöne Begegenungen überwiegend manchen Misserfolg
Rückblickend weiß er, dass „ich wesentlich mehr schöne Begegnungen hatte als Misserfolge“. Und er fügt hinzu: „Es war mir eine Ehre, dieses Ehrenamt auszuüben.“