Mitten auf dem Weg zum Flugplatz sitzt schon die erste Erdkröte – ein kleines Männchen – und starrt in meine Autoscheinwerfer. Sabine Look vom Freiwillige-Team orakelt: "Da ist heute sicher einiges los" und lotst mich, während sie die Kröte aufsammelt, vorsichtig weiter.
Ich bin ein wenig aufgeregt. Seit Jahren schon wollte ich das mal machen, was Erwin Pelzig in seinen Programmen spaßhaft als "Fröschli-Schlepp'" mit dem Bund Naturschutz bezeichnet, aber irgendwie hat es nie geklappt. Bis vor kurzem: Da kam eine Nachricht von Sonja Müller (Kreisgruppe BN), die seit über 20 Jahren federführend den Amphibien-Wanderweg vom Gochsheimer Wald über die Kreisstraße zu den Flugplatz-Seen betreut.
Nun bin ich also unterwegs mit einer kleinen Truppe Freiwilliger. Es ist schon ziemlich dunkel, nicht besonders kalt und es nieselt leicht – perfektes Wetter also für die vielen heimischen Amphibien, die im Frühjahr zum Laichen zu den Flugplatz-Seen wandern. In diesem Jahr ging die Amphibien-Wanderung viel zu zeitig bereits im Februar los, da standen noch nicht einmal die niedrigen grünen Zäune.
Jetzt, zwei Wochen später, ist alles gerichtet: Entlang der Kreisstraße Richtung Gochsheim stehen die grünen Plastik-Schutzzäune auf einer Länge von zwei Kilometern, etwa alle 100 Meter sind dazu Eimer verbuddelt, in die die Kröten und Frösche gerne hüpfen. In kleinen Gruppen geht es in Warnweste und mit Taschenlampe los. Wir sind zu dritt unterwegs mit zwei Eimern, die ersten Kröten lassen nicht lange auf sich warte – die aktuelle feuchte Wetterlage ist optimal, im Gegensatz zum trockenen Jahr 2018, da wanderten manchmal tagelang kaum Amphibien, wie Sonja Müller erzählt.
Ich bin gespannt: Den letzten Frosch hatte ich vor über 40 Jahren in irgendeinem Dänemark-Urlaub auf der Hand und frage mich nun doch, ob ich das noch so toll finde, wie damals als Kind. Um es kurz zu machen: Ja, es ist auch heute noch so toll, ein ganz und gar unglaubliches Gefühl. Die Kröten bleiben im Taschenlampenlicht ganz brav sitzen, man kann sie leicht hochnehmen. Sie sind ein bisschen kalt und klammern sich an meinen Fingern fest, irgendwie hat man das Gefühl, sie wissen, dass man ihnen helfen will.

Die männlichen Kröten, die neben dem kleineren Körperbau und geringerem Gewicht auch an den braunen bis schwarzen Brunstschwielen der jeweils drei inneren Finger zu identifizieren sind, kommen in den einen Eimer. Die manchmal fast doppelt so schweren, viel größeren Weibchen in den anderen. Oft haben sie auf ihrem Rücken schon ein Männchen kleben, meine Tochter Eliza kommentiert gleich grinsend: Typisch, die Frau muss wieder schleppen.
Gut zwei Stunden gehen wir die Schutzzäune auf und ab, immer wieder finden wir Kröten, Laubfrösche, grüne, recht hüpffreudige Frösche und Molche, die aus dem Wald kommend in den Eimern landen oder an den Schutzzäunen stranden. Echt lustig: Eine Kröte im Eimer ist mucksmäuschenstill, aber sobald die zweite dazu kommt, geht das Gequake los, als wollten sie sich gegenseitig von ihren Erlebnissen berichten. Leuchtet man mit der Taschenlampe in den Eimer, verstummt das Geschnatter, sobald sich der Lichtkegel entfernt, geht es wieder los.

Es ist faszinierend und völlig verständlich, warum die gut 20-köpfige Truppe da über so viele Wochen einen Großteil der morgendlichen und abendlichen Freizeit in die Rettung der Amphibien investiert. Am Morgen ist ein fester "Frühaufstehertrupp" unterwegs, am Abend die Berufstätigen – die meisten seit vielen Jahren. Die gut gefüllten Eimer werden immer wieder über die Straße getragen und die Amphibien im Flugplatzsee vorsichtig wieder ausgesetzt.

Im Scheinwerferlicht bilden sich schnell Paare, ziehen einzelne Kröten ihre Bahnen und sehen dabei aus, wie bleiche kleine Brustschwimmer. Gegen halb zehn wird es langsam weniger, nach einem kleinen Plausch zerstreut sich die Truppe, schließlich ist morgen auch noch ein Tag zum "Fröschli-Schlepp'".
Später kommt eine WhatsApp: Insgesamt haben wir an diesem Abend und am nächsten Morgen 1203 Erdkröten-Männchen, 208 Erdkröten-Weibchen, 21 Molche, 93 grüne Frösche und drei Laubfrösche über die Straße getragen – das macht schon ein bisschen stolz.
Anmerkung der Redaktion: Die Geschichte über die Amphibienwanderung ist vor der Corona-Ausgangsbeschränkung entstanden. Aktuell dürfen nur Helfer mit einer offiziellen personalisierten Ausnahmegenehmigung die Amphibien-Zäune betreuen.