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Hellas, Ole für König Otto II.

Stadt Schweinfurt

Hellas, Ole für König Otto II.

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    Die Amerikaner nicht gerechnet leben in der Stadt 6600 Ausländer. Die Griechen sind nach den Türken (fast 2000) mit rund 800 Landsleuten die zweitgrößte Gruppe. Im früheren "Gallo" neben dem Zeughaus war am Donnerstag Abend Fußball angesagt. Seit kurzem betreibt die griechische Institution Kostas Arvanidis die Kneipe, der er - warum auch immer - den Namen "Atlantic" verpasste.

    Am Fenster hängt eine griechische Fahne. Eine zweite am Eingang muss man wie einen Vorhang beiseite schieben, wenn man rein will. Der Fernseher steht in der Ecke. Via Satellit hat man den griechischen Sender nach Schweinfurt geholt und auf dem Tischchen darunter steht ein Foto von König Otto, Blumen umrahmt. Rehhagel haben die Griechen längst als einen der Ihren kassiert. "Der Otto ist der zweite König", jubelt Dimitrios Papadimitrou, den seine Landsleute in den Ausländerbeirat zu wählen pflegen. Häme gegen die deutschen Balltreter gibt's keine. Das liegt ein bisschen am Denkmal Rehhagel, aber auch daran, dass die Griechen vorleben, dass man mit Leidenschaft auch viel erreichen kann, wie Papadimitriou das sagt.

    Ortswechsel. Die Stimmung im El Greco in der Ignaz-Schön-Straße wird zunächst durch stille Sympathie für die griechische Mannschaft geprägt. Hier, wo die griechische Küche nach allen Regeln der Kunst gepflegt wird, ist Wirt Ioannis Kalteremidis fast der einzige Grieche unter vielen Deutschen. Doch nachdem die Rehhagel-Kicker die erste Halbzeit schadlos überstanden haben, Grillteller und gefüllte Kalamaris verspeist sind und Kalteremidis die erste Lokalrunde Ouzo geschmissen hat, werden die Freunde der griechischen Küche auch immer mehr zu Freunden des griechischen Fußballs. Der Fernseher steht voller Symbolkraft vor einem Wandgemälde, das eine Szene aus dem Trojanischen Krieg zeigt: Achilles besiegt Hektor. Kalteremidis lockt seine Gäste aus der Reserve, schwenkt eine Fahne, ruft Hel-las, Hel-las, spendiert eine zweite Runde. Als der Siegtreffer fällt, gibt es für ihn kein Halten mehr. Der Wirt küsst den Bildschirm, lässt Teller in die Brüche gehen, tanzt mit seinen Gästen ausgelassen zu griechischer Musik. Spätestens jetzt sind im El Greco alle zu Griechen geworden. Gleiches geschieht an den Hundertäckern, wo mit dem griechischen Hockey-Wirt Stamoules Sberedon längst alle deutschen Gäste nur noch Griechenalnd die Daumen drücken.

    Mit dem Erreichen der zweiten Runde waren für Schweinfurts Griechen die kühnsten Erwartungen schon übertroffen. Der Sieg gegen Frankreich wurde enthusiastisch gefeiert, dennoch machte sich gegen die Tschechen lange Zeit Skepsis breit, erst recht, als Thomas Rosickis Schuss an die Latte knallte. Da war es mucksmäuschenstill - im Atlantic. 0 : 0 zur Pause und mit jeder Minute, in der die Festung Griechenland standhielt, wurde es lauter: "Hel-las, Hel-las, ole". Einer begann, alle stimmten mit ein.

    Auch der Bosnier Stukan Mirsad und Alexander Ziegler, einige der wenigen "Ausländer" im Lokal. Mirsad ist mit vielen Griechen befreundet und der Student Ziegler hat Griechenland als Urlauber lieben gelernt und schaut sich solche Spiele lieber in Kneipen an. "Diese südländische Stimmung, das ist doch großartig", sagt er, der - wie so viele - dem Außenseiter die Daumen drückte. Wirt Arvanidis, der wohl noch nie in seinem Leben mehr Zigaretten geraucht haben dürfte, heizt ein, schimpft auf Koller, obwohl er dem Tschechen eigentlich dankbar sein müsste, dass der gerade wieder einmal eine Großchance versiebt hat.

    Dann fällt das Tor und es gibt kein Halten mehr. Jeder herzt jeden und draußen knallen Feuerwerkskörper in die Luft. Aus allen Ecken kommen Autos mit SW-Kennzeichen, aus denen griechische Fahnen ragen. Ein Korso bildet sich, ein Hup-Konzert beginnt und immer wieder Umarmungen, Gesänge, südländischer Enthusiasmus pur in der Bauerngasse Schweinfurt. Das Endspiel? Alle sagen einen Sieg gegen Portugal voraus, weil "wir die ja schon einmal geschlagen haben".

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