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EBRACH/HAMMELBURG: Historiker gräbt neue Urkunde aus

EBRACH/HAMMELBURG

Historiker gräbt neue Urkunde aus

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    Lisa guckt überrascht: Die erste Urkunde über den Weinbau in Hammelburg ist 91 Tage älter als die bisher bekannte aus dem Jahr 777. Erfahren haben es die Mischlings-Hündin und 80 Tagungsteilnehmer der Gesellschaft für Geschichte des Weines von deren Präsidenten Hans R. Seeliger bei einem Umtrunk im Hammelburger Winzerkeller.
    Lisa guckt überrascht: Die erste Urkunde über den Weinbau in Hammelburg ist 91 Tage älter als die bisher bekannte aus dem Jahr 777. Erfahren haben es die Mischlings-Hündin und 80 Tagungsteilnehmer der Gesellschaft für Geschichte des Weines von deren Präsidenten Hans R. Seeliger bei einem Umtrunk im Hammelburger Winzerkeller. Foto: Foto: Roland Pleier

    Das Kapitel Weinbau und damit ein nicht unerheblicher Teil der Hammelburger Stadtgeschichte kann fortgeschrieben werden. Die in der Werbung gerne bemühte Behauptung, Hammelburg sei die älteste Weinstadt im Frankenland, stützt sich auf eine Urkunde aus dem Jahr 777. Tatsächlich gibt es jedoch ein Begleitdokument, das drei Monate älter ist. Dies erklärte Professor Hans Seeliger zum Abschluss der dreitägigen Herbsttagung der Gesellschaft für Geschichte des Weines bei einem Umtrunk im Winzerkeller.

    Seeliger ist Präsident dieser Gesellschaft mit Sitz in Wiesbaden, die gut 800 Mitglieder überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum zählt (aus dem Frankenland allerdings nicht einmal ein Dutzend). Die 80 Tagungsteilnehmer wurden am Freitag von Bürgermeister Peter Deeg in Bad Kissingen empfangen, besuchten tags darauf das für den Weinanbau bedeutsame Klosters Ebrach und genossen am Abend heimische Tropfen bei einer Weinprobe im Rossini-Saal.

    An sich ist der 63-jährige Tübinger ein Theologe und Inhaber des Lehrstuhls für Alte Kirchengeschichte der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Doch da die Geschichte des Weinbaus eng mit der Geschichte von Klöstern verbunden ist, gibt es durchaus Überschneidungen.

    Im Zusammenhang mit der Ersterwähnung Hammelburgs als Weinstadt hat sich Seeliger die entsprechende Urkunde von König Karl, dem späteren Kaiser Karl der Große, genauer angesehen. Sie ist datiert vom 7. Januar 777, ausgestellt in Héristal, damals eine Pfalz der Karolinger. Heute ist Herstal ein Vorort der belgischen Stadt Lüttich.

    Das Datum legt nahe: Diese Urkunde wurde geschrieben am ersten Arbeitstag nach dem Weihnachtsfest, das mit dem Dreikönigsfest beendet wurde. Zu dieser Urkunde hat Seeliger ein Begleitdokument ausgegraben, eine Art Vermessungsurkunde, datiert vom 8. Oktober 776. In den Tagen zuvor muss eine Grenzbegehung durch die Abtei Fulda stattgefunden haben, so Seeliger. Die Adeligen und Beamten seien in jedem Ort von ortskundigen Zeugen begleitet worden, deren Namen allesamt aufgezählt sind.

    Die Auflistung sei sehr umfangreich. Neben den Weinbergen wurden auch Ländereien und Höhe, halbfreie und unfreie Untertanen (also Leibeigene) aufgezählt, dazu Wälder, Wiesen und Weiden, Mobilien und Immobilien.

    Als Historiker ist Seeliger durchaus kritisch. Dass der Aphorismus, den die Hammelburger Winzerin Christina Schmid ihren Gästen mitgab, tatsächlich von Augustinus stammt, zweifelt der Theologe aus Tübingen an. Demnach habe Augustinus gesagt, dass Weintrinken keine Sünde sei – allerdings etwas, was sich nicht viele leisten könnten.

    Woher kommt der Silvaner?

    Auch dass die hierzulande weitverbreitete Rebsorte Silvaner aus Österreich stamme, wie Schmid auf die Frage eines Tagungsgastes bestätigte, ist nach Seeligers Überzeugung eine krasse Fehlinterpretation. Abgeleitet wurde dies bislang aus der Inschrift einer Steintafel, die sich heute im Keller des Bürgerspital-Weinguts in Würzburg befindet. Dort wird der Ebracher Abt Alberich Degen als jener bezeichnet, der 1665 „die Oestareiche Rebe (Sylvaner) Hier zuerst pflanzte“.

    Die These, Degen habe diese Rebe aus der Tochter-Abtei Rein in der Steiermark bezogen, ist seiner Forschung zufolge nicht haltbar. Heute spiele der Silvaner in Österreich keine Rolle, führte er in seinem Festvortrag in Ebrach aus, und Mitte des 17. Jahrhunderts habe es diese Rebsorte in Österreich überhaupt nicht gegeben. Möglicherweise habe die „Oestareiche Rebe“ gar nichts mit Österreich zu tun. Zudem sei das angegebene Jahr 1665 auf dem Gedenkstein „sicher falsch“. Seiner Einschätzung nach wurde die Inschrift erst Jahre später, im späten Barock, verfasst.

    Dies hielt die 80 Tagungsgäste freilich nicht davon ab, dem Weingenuss zu huldigen. 14 Weine aus der Region standen auf der Karte.

    Herausragend empfand Weinliebhaber Seeliger ausgerechnet ein Produkt aus Hammelburg: eine trockene Silvaner Spätlese vom Hammelburger Heroldsberg, Jahrgang 2011, des Weinguts Ruppert. Man merke, so Seeliger, dass die Winzer jüngeren Jahrgangs sind und den Silvaner moderner ausbauen.

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