Ein klareres Bekenntnis zum Naturschutzkonzept des Forstbetriebs Ebrach der Bayerischen Staatsforsten kann man nicht ablegen als Reinhard Mosandl. Der Waldbauprofessor an der Technischen Universität München erteilt zugleich einem Nationalpark auf Staatswaldgebiet im Nördlichen Steigerwald eine Absage, wenn er sagt: „Großflächige Stilllegungen von Wäldern und die damit verbundene Herausnahme des Holzes aus der Nutzung sind in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland nicht zu machen. Intelligenter ist es, Nutzung und Schutz wie in Ebrach zusammenzubringen.“
Mosandl ist felsenfest davon überzeugt, dass durch die Einbeziehung in die tägliche Arbeit im Wirtschaftswald wie im Ebracher Staatswald dauerhaft mehr für den Natur- und Artenschutz getan werde als durch Großschutzgebiete. Der Wald profitiere nämlich durch das Miteinander auf engstem Raum nicht nur punktuell, sondern auf der ganzen Fläche von den Maßnahmen, die zu einer am Naturschutz orientierten Waldbewirtschaftung in den Staatswäldern im Steigerwald beitragen sollen.
Reinhard Mosandl geht noch weiter. In seinen Augen ist das sogenannte „Ebracher Trittsteinkonzept“ nicht nur für Bayern und Deutschland wegweisend, sondern „ein Weltmodell und Beispiel für Entwicklungsländer, das man in Tropenwäldern ebenso fahren könnte wie bei uns“. Der Waldbauprofessor aus München war mit dem Masterstudiengang Forstwissenschaft und Ressourcenmanagement auf einer Baumarten-Exkursion durch markante bayerische Wälder der Buche wegen nach Ebrach gekommen.
Der Weg führte die Studenten in Begleitung von Forstbetriebsleiter Ulrich Mergner in ausgewählte Waldorte im Ebracher Forst, darunter das Schutzgebiet „Der Hohe Buchene Wald“ mit dem integrierten Naturwaldreservat „Waldhaus“. Die Stilllegung des 775 Hektar großen Schutzgebietes durch das Landratsamt Bamberg soll bekanntlich nach einer vom Landtag vorgenommenen Zuständigkeitsänderung im bayerischen Naturschutzgesetz von der Regierung von Oberfranken durch die Aufhebung der Verordnung wieder rückgängig gemacht werden.
Die Artenvielfalt in den Naturwaldreservaten wie vor allem „Waldhaus“ und „Brunnstube“ sei für den Forstbetrieb die Richtgröße für die Artenvielfalt im Wirtschaftswald, so Ulrich Mergner vor den Studenten.
Natürlich werde man den Individuen-Überschuss an Arten im Wirtschaftswald nicht haben wie im Naturwaldreservat, man werde ihn aber Stück für Stück deutlich artenreicher machen, als er aufgrund der Bewirtschaftung in der Vergangenheit war, und so die Artenvielfalt der Naturwaldreservate auf die gesamte Waldfläche bringen.
Ulrich Mergner: „Es ist ein Paradigmenwechsel, den wir hier auf den Weg gebracht haben. Ein derartiges Naturschutzkonzept braucht umso mehr die Begleitung und Unterstützung durch die eigenen Mitarbeiter und die Bevölkerung. Sie mussten mitgenommen werden, um Verständnis dafür zu wecken, dass wir zum Beispiel ,bestes Brennholz‘ im Wald verrotten lassen.“
Zugutegekommen sei dem Forstbetrieb in Ebrach bei der Durchsetzung seiner engagierten Ziele gegenüber der Zentrale der Bayerischen Staatsforsten in Regensburg sicher die Situation auf dem Holzmarkt, wie Mergner einräumte. Der Forstbetriebsleiter: „In Zeiten, wo der Holzpreis mehr Geld in die Kassen spült, kann man auch mehr Naturschutz und Extensivierung betreiben.“
Mergner an den Waldbauprofessor aus München und seine Studenten gewandt: „Wir können aber nur umsetzen, was wir wissen. Deshalb sind wir so interessiert an den Ergebnissen von Wissenschaft und Forschung.“
In diesem Zusammenhang habe der überraschende Nachweis eines Weibchens des im Steigerwald als ausgestorben angenommenen Eremiten-Käfers im Jahr 2006 in einer durch einen Gewittersturm umgeworfenen mächtigen Altbuche seine forstwirtschaftliche Denkweise nachhaltig verändert und die Vision von mehr über den Wirtschaftswald verteilten Wildnisflächen beflügelt, wie Ulrich Mergner bekannte.
Mergners mit Mosandl übereinstimmende Wald-Vision: „Damit die große Artenvielfalt wieder auf die Fläche kommt, brauchen wir Trittsteine, Totholz und Biotopbäume statt eines Großreservats.“
Wie die Studenten aus dem Mund von Ulrich Mergner im Wald erfuhren, sind es neben den sechs Naturwaldreservaten die mittlerweile 200 über das Staatswaldgebiet verteilten kleinen ökologischen Trittsteinflächen, die das Grundgerüst des nach ihnen benannten Konzepts bilden.
Dazu kommen als weitere zentrale Elemente der in Ebrach an den Tag gelegten ökologisch ausgerichteten Waldbewirtschaftung die ungenutzt bleibenden Waldränder, die Anreicherung des Totholzvorrates und die Erhöhung der Zahl der Biotopbäume auf am Ende zehn Stück pro Hektar.
Legt man die aus der Nutzung genommene Waldfläche von insgesamt 1900 Hektar zugrunde, entspricht dies einem Anteil von gut zehn Prozent an der vom Forstbetrieb seit 2005 betreuten Gesamtstaatswaldfläche von 17 000 Hektar im Nördlichen und Oberen Steigerwald auf dem Gebiet der ehemaligen Forstämter Ebrach, Gerolzhofen, Burgebrach und Eltmann.
Für einen Nationalpark im Nordsteigerwald sollten laut Forderungen des Bund Naturschutz 11 000 Hektar Staatswald in den Landkreisen Bamberg und Haßberge sowie zu einem kleineren Teil auch im Landkreis Schweinfurt aus der Nutzung genommen werden.