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SCHWEINFURT: Hype um Schweinfurt-Fanseite bei Facebook

SCHWEINFURT

Hype um Schweinfurt-Fanseite bei Facebook

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    Eigentlich wollte sich die heute in Denver/Colorado lebende, gebürtige Schweinfurterin Leila Freeman mit Freunden aus Deutschland nur ein bisschen über die „guten, alten Zeiten“ austauschen. Weil man sich angesichts der räumlichen Distanz schwerlich in einer Kneipe treffen konnte, gründete sie eine Facebook-Gruppe und gab ihr den - auf den ersten Blick - nicht unbedingt inspiriert klingenden Namen „Du weißt, Du bist aus Schweinfurt, wenn...“ 20 bis 30 Gleichgesinnte wollte sie mit dieser so genannten „Fanseite“ eigentlich ansprechen, hoffte, dass über deren Kontakte etwa 100 Interessierte online zusammenkommen würden. Das ist auch ziemlich genau die Zahl ihrer „Freunde“ bei Facebook. Ihre Fanseite aber hatte bis Montag Abend schon über 2750 Anhänger – und wächst immer noch rasant.

    Wann weiß man eigentlich, dass man aus Schweinfurt ist? Die Antworten auf diese Frage sind so vielfältig, wie die Erinnerungen der zumeist aktuellen und ehemaligen Einwohner an ihre Jugendzeit. Viele erinnern sich noch an den Haxenbauer in der ehemaligen Bahnhofsgaststätte, das längst verstorbene Unikum, das regelmäßig auch zu Stadtratswahlen auf dem letzten Listenplatz der CSU antrat. Und an das Chalet, jener Diskothek für das Jungvolk in einem oberen Stockwerk des „Zementrums“, in die man ab 16 Jahren rein durfte, tatsächlich aber mit gefälschtem Schülerausweis schon mit 14 drin war. Hoch im Kurs steht bei der in Erinnerungen schwelgenden Facebook-Gemeinde auch der Blaue Klaus, jener eigenbrötlerische Zeitgenosse, der in der immer gleichen, blauen, abgewetzten Montur durch die Stadt schlurfte und trotz seines seltsamen Auftritts angeblich super reich und super intelligent gewesen sein soll.

    Wenn jemand ein solches Stichwort aus der Schweinfurter Historie auf der Facebookseite „postet“, bekommt er schnell Unmengen von Kommentaren und „Gefällt mir“-Bewertungen. Fast so, als wären alle Nostalgiker rund um die Uhr online und würden nur darauf warten, dass einem ihrer Mitstreiter wieder irgendeine neue schräge Erinnerung mit ihnen teilt. Neben dem Sommerbad und dem Waldspielplatz mit seinem „Indianerfort“ – den Standard-Kindheitserinnerungen fast aller Schweinfurter – ist vor allem die frühere Kneipenszene ein Schwerpunktthema der Gruppe. Die Poppenhäuser Bierstube in der Spitalstraße (sie ist heute ebenso Geschichte, wie das dort ausgeschenkte Bier), der Grüne Baum am Obertor (in dem einst gut bürgerlich gekocht wurde, jetzt aber mexikanisch), der Wienerwald (der später einer Parkgarage und noch später dem Museum Georg Schäfer Platz machte), Fred Gehrings Szene-Kneipe Set Up auf der Maininsel (in der heute Pasta und Pizzen mit viel „Pomodoro“ serviert werden): alles altbeliebte Treffpunkte der „Schnüdel“, an die sich Weggereiste wie Hiergebliebene teils mit Wehmut erinnern. Und dann gibt es da ja noch die Verbalanachronismen, die nun bei Facebook noch einmal vielstimmig zusammengetragen werden: Der „Horten“, der sich als Bezeichnung für das Kaufhaus am Jägersbrunneneck ebenso hartnäckig hält, wie der „Grasberger“ oder das „Kaufhaus Kretschmar“ und natürlich das „East Side“, das später Wohnzimmer hieß und heute W3, aber das jeder eingeführte Taxifahrer auch heute noch schnurstracks anpeilt, wenn man ihm zumurmelt, dass man nochmal „zum abtanzen ins East“ gefahren werden möchte.

    „Die Kommentare wärmen mein Herz“, schwärmt die Initiatorin der Seite, Leila Freeman (geborene Mack), angesichts der unerwartet großen Resonanz. Man erlebe hier, „dass die Schweinfurter ihre Stadt lieben, egal wohin das Leben uns führt.“ Selbst wollte sie eigentlich nie aus Schweinfurt („...eine perfekte Stadt, nicht zu groß aber kein Kleindorf.“) wegziehen, lernte in Kitzingen aber ihren amerikanischen Ehemann kennen, der dann 1993 beruflich nach Denver versetzt wurde. Mit Tochter Tamia ist sie immer wieder in der alten Heimat zu Gast. Als „Administratorin“ der Facebookseite ist sie keine allzu fleißige Schreiberin, liest aber eifrig mit und freut sich, dass sie an Sachen erinnert wird, „die ich schon total vergessen habe, wie die Currywurst vom Antlitz.“

    Wirklich nett sind neben den verbalen vor allem die visuellen Fundstücke, die die Facebookgemeinde inzwischen zusammengetragen hat: der 2-DM-Getränkebon für's Chalet vom 16.4.1989, ein Foto des früheren Bavaria Filmkinos am Roßmarkteck oder das legendäre Calypso-Holzskateboard von SKF. Das Internet ist das „kollektive Gedächtnis der Menschheit“, heißt es. Und Facebook das der Schweinfurter. . .

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