Oberwerrn (kab) Über sich redet er nicht gerne - auch wenn Dr. Karl Stolz "viele Geschichten zu erzählen hätte". Doch die handeln in erster Linie nicht von ihm, sondern von denjenigen, die damit zu tun hatten. Damaligen Mitarbeitern oder den Künstlern, die sein Heimatbuch illustrierten.
So wundert es kaum, dass er dem Empfang, den die Gemeinde zum 90. Geburtstag ihres Ehrenbürgers gibt, gelinde gesagt mit gemischten Gefühlen entgegen sieht.
Wirbel um seine Person hat Stolz nicht gerne. Auch wenn er sich freuen wird, Stellvertreter der Institutionen, denen er einst vorstand, zu sehen. Die Gästeliste ist so lang wie die seiner Ehrenämter: insgesamt 24 Jahre lang war er Gemeinderat in Oberwerrn, stellvertretender Bürgermeister, 1952 bis 1956 Kreisrat, 1976 bis 1978 Bürgermeister Oberwerrns. Der letzte vor der Gebietsreform. Bis 1984 saß er im Rat von Niederwerrn.
Damit nicht genug: Stolz war Flüchtlingsobmann, Aufsichtsratsvorsitzender Siedlungsbau "Werntalsiedlung", Mitbegründer der Wasserwacht, Vorsitzender der Rückertgesellschaft Schweinfurt, der örtlichen Feuerwehr, Gründer einer Theatergruppe und und und. Seine Verdienste wurden mehrfach gewürdigt: unter anderem mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der BRD und, 1984, mit der Ernennung zum Ehrenbürger der Gemeinde.
Dass er nach Oberwerrn kam - ein Zufall. Eigentlich sollte der Transport, mit dem das Ehepaar Stolz Wien verließ, nach Würzburg gehen. Dann wurde daraus Schweinfurt und schließlich Oberwerrn. Der Ort, an dem er seit Kriegsende lebt, wo seine Tochter zur Welt kam, wo er und seine Frau ein Haus bauten, in dem heute Bilder der zwei Enkel hängen, ist Heimat geworden. Dass er in Prag geboren ist, dieser "geheimnisvollen" Stadt, macht ihn stolz. Aber, sagt Stolz: "Ich fühle mich als Oberwerrner."
Nicht erst nach seiner Pensionierung 1978 hat sich der ehemalige stellvertretende Leiter des Olympia-Morata-Gymnasiums "ein bisschen mit Heimatkunde beschäftigt", wie er es selbst nennt. 1959 gab Stolz das Heimatbuch Oberwerrn heraus. Und wartete mit einer Überraschung auf: Stolz konnte belegen, dass Hugo von Trimberg in der Gemeinde geboren wurde, die damals Werna hieß. Dessen älteste urkundliche Erwähnung legt er in Beiträgen zum Heimatbuch II vor, sie datiert aus dem Jahr 1069.
Noch 2004 will der Kulturkreis, der sich im Rahmen der Dorferneuerung gegründet hat, das Buch herausgeben. Zu verdanken hat die Gemeinde Stolz' jahrelangen Recherchen, Archivarbeit und seinem Engagement auch die inzwischen umfangreichste Sammlung über den Musikpädagogen Christian Heinrich Hohmann sowie eine Broschüre.
Mit 90 Jahren will Stolz nun "endlich den Ruhestand genießen". Das tun, was er gerne macht: Lesen, Fernsehen, mit dem Computer im Internet surfen, Kreuzworträtsel lösen.