Wahrscheinlich ist es ein Glücksfall für die Michelauer, dass ihr Bürgermeister Siegfried Ständecke hauptberuflich Polizist ist und in seinem Berufsleben schon Erfahrung bei der Wasserschutzpolizei gesammelt hat, deren Aufgabe es auch ist, Umweltverstößen nachzugehen.
"Ablagerungen nicht rechtens"
Als ihn vor etwa 14 Tagen Bürger über die Vorgänge in der Sandgrube zwischen der Kreisstraße nach Prüßberg und der Volkach informierten, war für ihn auf den ersten Blick klar, dass die Ablagerungen nicht rechtens sein konnten. An und zwischen den Schottersteinen fanden sich neben Metallteilen Emulsionen und Chemikalien, wie sie in der Industrie bei der Metallbearbeitung verwendet werden.
Das unverzüglich eingeschaltete Wasserwirtschaftsamt zog fünf Proben, deren Auswertungsergebnis nicht nur Ständecke die Haare zu Berge stehen ließ: Die wohl gefährlichsten Inhaltsstoffe des auf rund 1500 Quadratmetern ausgebrachten Schadstoff-Cocktails sind so genannte PAK-Stoffe (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe), die nachweislich Krebs erregend sind.
Dass besonders diese Stoffe ins Grundwasser gelangen können, ist Ständeckes Hauptsorge. Die Sandgrube hat nach unten keine Abdichtung und die Sohle der Volkach liegt zwei Meter über der tiefsten Schürfstelle für den abgebauten Sand.
Was den Bürgermeister am meisten ärgert: "Jeder Laie sieht, dass das belastetes Material ist und trotzdem wurde es hierher gekippt." Nicht nur im Interesse der Michelauer Grundstücksbesitzer, sondern auch im ureigensten Interesse der Gemeinde hat er alle Hebel in Bewegung hesetzt, "um das Zeug da wieder weg zu bekommen." Denn wenn nach dem Abbau des Sands die Grundstücke zur Nutzung wieder an die Besitzer zurückgehen, fände sich dort nicht mehr und nicht weniger als eine Problemmülldeponie. Vom Wasserwirtschaftsamt, so Ständecke, habe er eine mündliche Bestätigung, dass die Halden aus so genanntem Z-2-Material bestehen, das die Definition "deutlich belastet" trägt.
Landratsamt setzt Frist
Ständeckes Einsatz hatte Erfolg. Denn das Landratsamt hat angeordnet, zunächst die Schotterhalden abzudecken, damit nicht durch Niederschlag Schadstoffe ausgewaschen werden und ins Erdreich dringen können. Wichtiger noch: Bis zum 16. Januar muss das problematische Material wieder aus der Sandgrube entfernt sein. Das teilte die Presseprecherin des Landratsamts, Renate Eckert mit. Für die Grube besteht eine Verfüllgenehmigung nur mit "reaktionsträgem Material". "Was jetzt drin ist, entspricht dieser Definition absolut nicht", sagt Eckert.
"Die von der Transportfirma vorgelegte Analyse war in Ordnung", begründet Bauoberrat Norbert Schneider vom Wasserwirtschaftsamt Schweinfurt die amtliche Genehmigung für den Antransport nach Michelau. "Tatsächlich ist das Material aber nicht sauber. Jeder sieht vom bloßen Augenschein, dass das wieder raus muss. Wir fühlen uns echt hinters Licht geführt."
Die Wasserschutzpolizei Schweinfurt ermittelt unterdessen wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen. "Rein formal ist die Firma Dotterweich aus dem Schneider", sagt Hauptkommissar Roland Merz. Der Ermittler stellt auch eindeutig fest, dass ein Teil der abgeladenen Schottermassen unbedenklich ist.
Recherchen haben Folgendes ergeben: Das Material stammt vom Bahnhof Aschaffenburg, kam von dort mit dem Zug in den Schweinfurter Hafen und lag hier vier bis fünf Wochen. Dummerweise schwebte in dieser Zeit ein Magnetkran über der Halde, von dem wohl die Metallteile herabgefallen sind. Erst dann hat die Transportfirma das Material nach Michelau gebracht.
Die Analyse für das Transportgut habe er von einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb aus Bamberg erhalten, nimmt Unternehmer Fritz Dotterweich auf Anfrage Stellung zu den Vorgängen. "Das Material war beprobt, die Genehmigung zum Abladen lag vor, mehr können wir nicht tun", weist Dotterweich auf die absolute Einhaltung seiner Sorgfaltspflicht hin.
Fast gleich lautend die Stellungnahme des Geschäftsführers der Bamberger Firma, der die Analyse wiederum von einem Ingolstädter Unternehmen erhalten hat. Die gezogenen Proben seien zudem nur von verdächtigen Stellen der Halde, die sich daraus ergebenden Werte nicht repräsentativ für das gesamte Transportgut.
Wer übernimmt die Kosten?
Das Problem ist nun, wer die Kosten für den vom Landratsamt verfügten Abtransport des umstrittenen Materials übernimmt. Dass es wegkommen soll, auch wenn es in seinen Auge nicht komplett nötig wäre, dafür ist auch der Bamberger Entsorger. Schon um die Gemüter zu beruhigen. Er will dazu alle Beteiligten, zu denen auch die Schweinfurter Hafenspedition gehört, an einen Tisch bitten, um die Kostenfrage zu lösen.