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Im Dauereinsatz zwischen Europas Metropolen

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Im Dauereinsatz zwischen Europas Metropolen

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    Bevor die Fluggäste an Bord gehen, dreht Co-Pilot Quirin Rall seine Runde um den Airbus. Das muss sein, auch wenn die Maschine mit Verspätung in Frankfurt gelandet ist und sich der Weiterflug nach Rom verzögern wird. Obwohl die Triebwerke still stehen, ist es laut unter dem Flugzeug. "Das ist die Kühlung der Bremsen", brüllt Rall gegen den Lärm an. 300 bis 400 Grad heiß sind sie bei der Landung geworden. Der 29-jährige Co-Pilot nimmt die Reifen unter die Lupe, überprüft die Drucksensoren an der Außenhülle des Airbus und wirft einen Blick in die Triebwerke. "Ein großer Vogel kann die Triebwerksschaufeln beschädigen. In diesem Fall müssten wir ein anderes Flugzeug nehmen."

    Man könnte meinen, die beiden Piloten würden täglich zusammen fliegen. Die Stimmung im Cockpit vor dem Start ist bestens, Kapitän Klaus "Charlie" Stallinger und sein Co-Pilot freuen sich auf den gemeinsamen Arbeitstag. Beide kommen aus dem Bayerischen Wald - zusammen geflogen sind sie aber erst ein einziges Mal. Feste Piloten-Teams gibt es nicht, die Crew wird ständig neu zusammengestellt. Damit soll vermieden werden, dass zu viel Routine einkehrt. Klare Kommunikation ist sicherer als blindes Verständnis.

    Der Arbeitstag hat für das Duo eineinhalb Stunden vor dem Flug nach Rom begonnen. In der Lufthansa-Basis am Frankfurter Flughafen haben sie sich mit den Flug- und Wetterdaten versorgt. Davon hängt ab, wieviel Sprit gebraucht wird. Der Computer hat errechnet, dass von Frankfurt nach Rom 4,2 Tonnen Kerosin nötig sind. Das hört sich nach viel an, entspricht pro Passagier und 100 Kilometer aber nur 4,3 Liter - das wäre auch für ein Auto ein guter Wert.

    Doch bei der Menge bleibt es nicht. Für den Notfall wird vor jedem Flug ein Ausweichflughafen festgelegt und entsprechend mehr Treibstoff eingeplant. Eine weitere Tonne stellt sicher, dass auch längere Warteschleifen oder Umwege bewältigt werden können. Weil mit Gegenwind und einem Gewitter in Rom gerechnet wird, haben Stallinger und Rall noch einmal großzügig was draufgeschlagen und per Laptop zehn Tonnen Kerosin geordert.

    Mittlerweile haben Ferdinand Hohl, der Chef des Kabinenpersonals, und zwei Flugbegleiterinnen die Fluggäste an Bord begrüßt. Die Maschine ist gut ausgelastet, 126 Passagiere kann sie aufnehmen. Als alle sitzen, klingelt er an der Cockpit-Tür und gibt den Piloten Bescheid - es kann losgehen. Quirin Rall checkt die Daten, legt die Abfluggeschwindigkeit mit 138 bis 141 Knoten fest, etwa 260 Stundenkilometer. Durch das Cockpit-Fenster wirft Stallinger einem Flughafen-Mitarbeiter eine Mappe mit der Kopie des Flugplans zu, dann wird der Airbus rückwärts aus seiner "Parklücke" geschoben.

    Nacheinander startet Stallinger die beiden Triebwerke, überprüft die Ruder und lenkt die Maschine zur Startbahn West. Der Tower gibt die Starterlaubnis. Stallinger drückt den Schubregler nach vorne, die Kraft der Triebwerke drückt Passagiere und Besatzung in die Sitze. Per Joystick zieht der Kapitän den Airbus hoch.

    Eineinhalb Stunden dauert der Flug nach Rom. Alle paar Minuten wechseln die zuständigen Flugsicherungen, die mit der Maschine in Funkverbindung stehen. Gerade noch von einem Controller bei Frankfurt mit "Guten Tag" begrüßt worden, heißt es kurz danach schon "Grüß Gott" aus München, nach einer Flugstunde "Buongiorno" von der italienischen Flugsicherung.

    Von wegen Luftlinie

    Um etwas Zeit gutzumachen, bittet Rall zweimal um eine Abkürzung und bekommt sie auch genehmigt. Denn ein Flug von A nach B verläuft eben nicht auf der direkten "Luftlinie". "Da sind schon Ecken drin, zum Beispiel wenn das Militär eine bestimmte Zone nutzt. Das kann man dann immer erst in der Luft klären, ob man drüberfliegen darf." Die Flugkarte, ein unübersichtliches Gewirr von unzähligen Linien, zeigt diese Zonen als weiße Flecken.

    Wie viel am Himmel los ist, sehen die Piloten auf ihrem Monitor. Einige Flugzeuge scheinen recht nah zu sein, fliegen allerdings deutlich höher oder niedriger. Die Alpen geben sich an diesem Tag bedeckt, nur Innsbruck zeigt sich kurz unter der Wolkendecke. "Schade", findet Stallinger, der sich immer noch an einem grandiosen Ausblick auf die Berge begeistern kann. Die Fliegerei war bei ihm kein Jugendtraum. "Die Mama hat gesagt, ich soll das machen." Der Bub war folgsam. Heute liebt er seinen Beruf, bildet sogar Piloten aus. "Ich übernehme einfach gern Verantwortung", sagt er.

    Für seinen Co-Piloten stand der Beruf schon mit neun Jahren fest: "Ich durfte mal bei einem Urlaubs-Flug ins Cockpit, das war's dann. Bis dahin war ich in der Schule nicht so gut. Nach dem Urlaub hab' ich mich daheim hingesetzt und das Lernen angefangen. Für mich ist das mein Kindheitstraum. Fliegen gibt mir ein Gefühl unendlicher Freiheit."

    Vor der Landung studiert Quirin Rall auf einer Karte die Verkehrswege auf dem Flughafen Fiumicino vor den Toren Roms. Das Zurechtfinden am Boden ist oft schwieriger als das Fliegen. Voll konzentriert lässt das Duo die Maschine nach der Landung über das Gelände rollen. Beim Abbiegen schaut der Co-Pilot, ob von rechts auch keiner kommt - auch nicht anders als ein Beifahrer in einem VW Golf. Kaum sind die Fluggäste draußen, kommt ein vierköpfiges Reinigungsteam an Bord. Ferdinand Hohl und seine Kolleginnen haben gerade mal 40 Minuten Zeit, den Airbus für den Rückflug nach Frankfurt herzurichten. Immer noch hat man mit der Verspätung am Morgen zu kämpfen, die auch das Kabinenpersonal mit beschäftigt.

    Die große Liebe in Schweinfurt

    Nicht nur die Mannschaft, auch die Flugzeuge sind ständig auf wechselnden Routen unterwegs. So fliegt Kapitän Stallinger mal die "Schweinfurt", mal die "Wiesbaden" und mal die "Buxtehude". Einen Unterschied macht das für den 37-Jährigen nicht, denn die Maschinen sind technisch identisch. Zu Schweinfurt hat er aber dennoch eine Verbindung, schließlich hat er hier an der Fachhochschule studiert: "Aber nur ein Semester, dann habe ich die Aufnahmeprüfung für die Pilotenausbildung geschafft." Für seinen Co-Piloten hat Schweinfurt eine ganz besondere Bedeutung: "Ich habe dort meine große Liebe kennen gelernt", schwärmt Quirin Rall.

    Zurück im Luftraum über Frankfurt. Es ist viel los, der Airbus muss in eine 100 Kilometer lange Warteschleife. Wie auf einer Perlenschnur sind dort die Flugzeuge aufgereiht - im Abstand von etwa acht Kilometern. Diesmal bringt Quirin Rall den Vogel runter. Die Maschine muss nach einem kurzen Aufenthalt weiter nach Prag - aber nicht mit Charlie Stallinger und seinem Co-Piloten. Die wechseln das Flugzeug und fliegen noch am selben Abend weiter nach St. Petersburg. Auf die "Schweinfurt" wartet am nächsten Tag wieder viel Arbeit: Von München aus geht es nach Paris und zurück, dann weiter über Belgrad - München - Toulouse - München nach Tiflis. Ein ganz normaler Arbeitstag.

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