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SCHWEINFURT: Im Faltboot zum Eismeer

SCHWEINFURT

Im Faltboot zum Eismeer

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    Auf dem Weg zum Eismeer: Das Faltboot Albatros, angetrieben von einem Sachs-Seitenborder.
    Auf dem Weg zum Eismeer: Das Faltboot Albatros, angetrieben von einem Sachs-Seitenborder. Foto: Fotos NACHLASS wOLFSCHMITT/HELFERICH

    Sie sehen schon verwegen aus, die beiden Schweinfurter Wassersportler Georg Wolfschmitt, Hermann Rauschert und ihr Kumpel Helmut Teichmann (Frankfurt), wie sie da vor ihrem kleinen Zelt sitzen. Die Aufnahme entstand in den 1930er Jahren und zeigt die Abenteurer auf einer ihrer Expeditionen im Eismeer, die sie in Faltbooten bestritten, die Sachs-Seitenborder antrieben.

    Die Geschichte und unglaublichen Erlebnisse vor allem der beiden Schweinfurter sind bekannt. Letztmals wurden die Faltboot-Abenteuer von Wolfschmitt und Rauschert 2001 mit einer Ausstellung im Möbelwagen der Firma Bandel gewürdigt. Den Möbelwagen hatte der Arbeitskreis Industriekultur restauriert. Mitglieder des AKI waren es auch, die die von Erich Schneider, Gerd Tilch und Klaus Kispert konzipierte Ausstellung betreuten.

    Eine ideale Geschichte

    So ist es auch jetzt wieder: Im Fahrwasser der Landesausstellung „Main und Meer“ hat der AKI-Förderkreis Industrie-, Handwerks- und Gewerbekultur Schweinfurt die Ausstellung „Im und am Main“ in der Spinnmühle organisiert. Sie beschäftigt sich mit den Beiträgen Schweinfurter Firmen zur Mobilität auf und am Main. Die Geschichte der beiden Schweinfurter passte da ideal hinein, zumal der Seitenborder von Sachs gebaut wurde.

    Der Schlosser Georg Wolfschmitt und sein Weggefährte Hermann Rauschert waren Faltboot-Verrückte. Sie brachen in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu Orten auf, „wo es keine Sehnsucht mehr gibt“. Sie bereisten Flüsse und Meere – bis zu den Kanaren und entlang der Küsten von Norwegen und Spitzbergen.

    Deutschland 1930: Es herrscht Massenarbeitslosigkeit, die Aussichten sind trübe. Was also sollte die beiden Schweinfurter in der Heimat halten? Jeder für sich hat schon Hunderte von Kilometern im Faltboot zurückgelegt, Rauschert von Passau bis ins Schwarze Meer, Wolfschmitt Main und Rhein hinunter bis Holland und in Australien. Am 1. April 1930 starten die beiden zu ihrer ersten gemeinsamen Reise in jenen so zerbrechlich anmutenden blauen Booten.

    Am 28. Juni stranden sie nach einer strapaziösen Fahrt auf Lanzarote. Die beiden sind erschöpft, die Boote zerstört. Auf den Kanarischen Inseln, wo sie anderthalb Jahre verbringen, bauen die Abenteurer Kaimauern für eine schwedische Firma.

    1932 sind Rauschert und Wolfschmitt zurück in Schweinfurt, im Sommer 1933 geht es an die Nordspitze Norwegens, 4000 Kilometer weit von Flensburg aus. Erstmals benutzen die beiden Sachs-Seitenbordmotoren, die sich auf dieser und allen weiteren Reisen als äußerst zuverlässig erweisen. Sachs wirbt mit den „bekannten Wassersportlern“ für den 98-ccm-Motor und dessen „zähe, beschwingte und niemals versagende Kraft“.

    Fotos, Filme und Bücher

    Während Hermann Rauschert die Abenteuer in zwei Büchern dokumentiert, hält Georg Wolfschmitt alles auf Fotos und Filmen fest. Ende 2000, als Wolfschmitts Witwe in Bad Kreuznach starb (er selbst erlag 1986 einem Herzinfarkt), übergab Familie Wolfschmitt den Nachlass der Stadt. Er enthielt das Faltboot „Albatros“ samt Motor, Rucksäcken, Büchern, jeder Menge Fotos und den Filmen.

    Zur ersten Ausstellung 2001 verfasste der mittlerweile verstorbene Ehrenvorsitzende des AKI, Emil Ankenbauer eine Begleitschrift, die Biografien der beiden Abenteurer und ihre Berichte über die Fahrten ab 1928 enthält. Auch die damaligen Berichte im Schweinfurter Tagblatt sind dokumentiert.

    „Unsere Sachs-Seitenborder wühlten sich auch durch den dicksten Eisbrei“, schreibt Rauschert. Er informiert auch über seine Gefühlslage: „Noch nie habe ich mich wohler gefühlt, als auf der Spitzbergenfahrt“.

    Die Albatros ist in der Spinnmühle nicht zu sehen. Aber an einem von der DJK Kanuabteilung zur Verfügung gestellten Faltboot ist der Seidenborder montiert, außerdem gibt es viele weitere Bilder zu sehen, die eindrucksvoll die Strapazen der Abenteurer auf ihren Touren dokumentieren.

    Daneben sind viele weitere echte Schmankerl ausgestellt. Bis ins 20. Jahrhundert fuhren Schiffe auf dem Main nicht mit Motor an Bord, sondern wurden von einer im Fluss verlegten Kette gezogen. Eine solche Kette ist ebenso zu sehen wie das Bildmaterial dazu.

    Oder: Fichtel & Sachs stellte mal einen motorgetriebenen „Flipper“ her, mit dem sich ein Schwimmer über den Main ziehen lassen konnte. Zu sehen sind historische Zweiräder, informiert wird über den vielen sicher unbekannten Flugplatz in Oberndorf.

    Die Ausstellung in der Spinnmühle ist noch bis 13. Oktober immer freitags von 14 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Außerdem wird sie in der vom KulturPackt veranstalteten „Nacht der Kultur“ am Samstag, 5. Oktober, zu sehen sein.

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