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SCHWEINFURT: Im Hungerjahr 1917 wurde das Altenheim gegründet

SCHWEINFURT

Im Hungerjahr 1917 wurde das Altenheim gegründet

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    Aus drei mach eins: Das Wilhelm Löhe-Haus feierte 100. Geburtstag.
    Aus drei mach eins: Das Wilhelm Löhe-Haus feierte 100. Geburtstag. Foto: Foto: Uwe Eichler

    Die Zeit des Drogenhandels ist zu Ende, auf dem Gelände des Wilhelm Löhe-Hauses: Auf dem Diakonie-Areal befand sich unter diesem Namen einst die „Heilkräuter-Großhandlung Hartmann & Schad“ – die ihre Arzneien aus umliegenden Kräuterdörfern wie Sennfeld, Gochsheim oder Schwebheim bezogen hat. Im Zweiten Weltkrieg wurde von Schweinfurt aus das durstige Afrikakorps mit kriegswichtigem Pfefferminztee erfrischt.

    Es ist historischer Grund und Boden, auf dem die Diakonie nun den Abschluss der Modernisierung ihres Seniorenzentrums ebenso feierte wie das Jubiläum „100 Jahre Wilhelm Löhe-Haus“. Pünktlich zur Feierstunde am Samstag hörte auch der Regen auf. Zahlreiche Gäste gaben sich im Festzelt die Ehre, darunter Vertreter von Stadtpolitik, Verwaltungsrat, Pflegedienstleitung, des Architekturbüros Göger und des Planungsbüros Richter sowie der Dekanate beider Konfessionen.

    Wechselhafte Geschichte

    Schautafeln führten draußen zurück in die Ursprünge des Alten- und Pflegeheims, benannt nach dem „fränkischen Diakonissenvater“ des 19. Jahrhunderts. Vor allem Pfarrer i.R. Dieter Schorn hat zahlreiche Fotos und Fakten zur bislang kaum dokumentierten Geschichte des Löhe-Hauses beigetragen.

    Oberbürgermeister Sebastian Remelé verwies in seinem Grußwort auf eine Begegnung mit einem mehr als 100 Jahre alten Heimbewohner. Der Alt-Schweinfurter habe sich noch an die Zeit des Ersten Weltkriegs erinnern können, als die Kavallerie ihre Pferde in der Stadt tränkte. Im Durchschnitt habe ein Rentner damals seinen Lebensabend nur etwa fünf Jahre zugebracht, so der OB, wenn überhaupt. Mittlerweile dürften die Menschen 20, 25 oder mehr Jahre im Ruhestand verbringen: „Auf dieses neue Phänomen muss sich auch die Pflege einstellen.“

    Im Hungerjahr 1917 standen die Zeichen auf Not und Niederlage. Damals wurde, auf Initiative von Dekan Bernhard Bock, der „Verein evangelische Gemeindefürsorge“ gegründet, als Dachverband zur Linderung des sozialen Elends. „Um 50 000 Mark“ wurde das Wohnhaus Neutorstraße 14 erworben, um „minderbemittelte, kranke und pflegebedürftige Alte“ zu versorgen: Die Geburtsstunde des Altenheims, nachdem es zuvor lediglich eine reichsstädtische Pfründnerfürsorge gegeben hatte. Eine Fürsorgeschwester und zwei Gehilfinnen sorgten im „Bürgerheim“ für zehn Bewohner, meist Frauen. Heute sind 124 Pflegekräfte für 138 Bewohner im Einsatz: „Diese Zahlenpaare allein dokumentieren die ungeheure Entwicklung im sozialen Bereich in 100 Jahren“, sagte Klaus Eckhardt als Vorsitzender des Verwaltungsrats. In 20 Monaten aktiver Bauzeit wurden über fünf Millionen Euro investiert: in die Veranstaltungs- und Therapieräume, Teile der Küche, mehr Barrierefreiheit, Komfort und Sicherheit der Bewohner. Alle Räume haben nun einen eigenen Sanitärbereich, der Brandschutz wurde auf den aktuellen Stand gebracht. Das Haus sei ein Segen, für Bewohner, Stadt und Kirche gleichermaßen, sagte Eckhardt, mit Bestnoten bei allen Beurteilungen.

    Aufreibender Umbau

    Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa betonte, dass im Haus der Mensch und christliche Werte im Mittelpunkt stehen: „Es geht darum, dass es den Menschen hier gut geht.“ Schon vor zehn Jahren habe es eine erste Prognose gegeben, dass es eine Sanierung geben müsse. Nun ist die Bauphase beendet, mit Staub, Lärm und Büro im Container: „Sie ahnen, was das für eine Zeit war.“ Nach dem Umbau stehen in 66 Einzel- und 36 Doppelzimmern 138 Pflegebetten zur Verfügung. Dazu kommen zwanzig Tagespflegeplätze und acht Seniorenwohnungen.

    In den Jahren 1917 und 1918 war das kirchlich genutzte Areal rasch erweitert worden: mit der Frauenarbeitsschule (An den Schanzen Nr. 2) und ein Schülerheim (An den Schanzen Nr. 4), als Unterkunft für auswärtige Schüler des Gymnasiums nebenan. Beide Gebäude wurden 1925 durch einen Zwischenbau verbunden. 1929 übernahmen die Neuendettelsauer Diakonissen Haus Nr.6 günstig von der Fabrikantenfamilie Drescher, als Schwesternheim. Bei den Luftangriffen 1943 und 1944 erlitt der Gebäudekomplex schwere Schäden, das Schwesternhaus brannte aus. Unter den Opfern befanden sich auch zwei Diakonissen. Nach dem Krieg waren an der Neutorstraße Behelfswohnungen und das Notbüro des Dekanats untergebracht.

    Ende der 50er-Jahre wurde die Frauenschule durch einen Verbindungsbau Teil des ursprünglichen Altenheims. Die aus drei Ursprungsgebäuden gewachsene Einrichtung erhielt den Namen Wilhelm Löhe-Haus.

    Mit dem jetzigen Festakt wurde dessen Umbauphase abgeschlossen. Unter dem Motto „100 gute Gründe“ durften Heimbewohner und Besucher bei Kaffee und Kuchen feiern, mit Führungen durchs Haus und der „Rafelder Brotzeitmusik“ auf dem Hof. Mit einer Befragungsaktion wurden Gründe gesammelt, im Löhe-Haus zu leben: einer für jedes Jahr seit 1917.

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