Der Internist und Diabetologe Robert Rudolf sammelt seit Mai Erfahrungen, da mehrere Patienten mit Diabetes Typ II zu ihm kamen, um eine Therapie mit dem Inhalieren von Insulin zu beginnen. Das neue Verfahren werde zur Zeit nicht flächendeckend eingesetzt. Denn der Insulinverlust, der durch Rückstände am Glaskörper der Dose und auf dem Weg zur Lunge entsteht, erfordere einen um den Faktor acht höheren Verbrauch gegenüber dem Normalinsulin. Dadurch entstünden erhebliche Mehrkosten. Diese sind nach Ansicht von Rudolf aber dann gerechtfertigt, wenn der Patient große Angst vor dem Spritzen hat und diese Therapie ablehnt.
Hinzu kommt, dass manche Patienten irrationale Ängste entdecken, wenn sie sich Insulin spritzen müssen. Solange sie Tabletten nehmen, wird Diabetes weniger als Bedrohung wahrgenommen. Folgt eine Umstellung auf Injektionen, so sehen sie plötzlich die Spätfolgen und den Tod vor sich. Folgen dieser inneren Haltung sind, dass die Therapie weniger gut befolgt wird und der Zucker sich nur schwer einstellen lässt. Dadurch steigt das Risiko von Spätschäden wie beispielsweise Erblindung, Nierenschädigungen, und Gefäßschäden, die im schlimmsten Fall Amputationen zur Folge haben.
Gerade in dieser sensiblen Phase der Umstellung auf Injektionen, könne das inhalative Insulin den Übergang erleichtern. Rudolf berichtet von einer Patientin, die alle Kriterien für eine "Spritzentherapie" aufwies. Ihr gelang es aber, unter seiner Betreuung mit der Inhalation ihren Diabetes so gut einzustellen, dass nun keine Injektionen mehr nötig sind.
Die Handhabung dieser "Inhalations-Spraydose" ist einfacher als ein normales Asthmaspray und kann selbst von stark sehbehinderten Patienten mühelos bedient werden. Alle Patienten, die zu Rudolf mit dem Wunsch der Umstellung auf inhalatives Insulin gekommen sind, sind über 50 Jahre alt und leiden an Diabetes Typ II. Laut neuesten Studien bestehe kein Risiko auf dauerhafte Schäden am Lungengewebe, weil geringe Veränderungen der Lungenfunktion sich wieder zurückgebildet hätten.
Auch die höheren Kosten sieht er als gerechtfertigt an, wenn man überlege, dass die bei Diabetes-Patienten für Arzneimittel (also auch für Insulin) aufgewendeten Kosten unter zehn Prozent liegen, 75 Prozent der Ausgaben aber für die Behandlung von Spätfolgen anfallen.
Noch keine Erfahrungen mit dieser neuen Form haben der Vorsitzende der Selbsthilfegruppe diabetischer Kinder und Typ-I-Diabetiker, Norbert Mohr, und deren ärztlicher Betreuer Dr. Reinhard Koch, Oberarzt in der Klinik für Kinder und Jugendliche im Leopoldina-Krankenhaus. Denn Typ-I-Diabetiker müssen auch "Langzeit-Insulin" spritzen, das durch das inhalative Insulin nicht ersetzt werden kann. Und auch der Chefarzt in der Abteilung Innere Medizin des Krankenhaus St. Josef, Internist Dr. Bruno Treutlein, und der Internist und Diabetologe Dr. Joachim Harlos erklären, bei Typ-II-Diabetikern das inhalative Insulin noch nicht angewendet zu haben.
Aus Anlass des Weltdiabetestages
findet am heutigen Dienstag von
14 bis 18 Uhr im Eingangsbereich
des Augustinums, Ludwigstraße 16,
eine Informationsveranstaltung
zum Thema "Diabetesversorgung
für Jedermann" statt. Die Dres.
Treutlein und Harlos halten Fach-
vorträge (1530 und 1630 Uhr).
Die Diabetiker-Selbsthilfegruppe
bietet Informationen an, es gibt
Pedographie und Stoffwechselkon-
trolle. Einen "Zuckertest" kann
man bei vielen Apotheken machen.