Genau an der Stelle, an der heute der Esstisch steht, lag Isolde Folger als Kind oft im Heu und träumte davon, sich hier, mitten in die große Scheune ihrer Eltern, eine Wohnung zu bauen. Als sie 1999, also etwa 30 Jahre später, ihren Job aufgab und den Sprung in eine ungewisse Zukunft als freiberufliche Künstlerin wagte, war sie dem Kindheitstraum schon ein Stück näher. In einem Teil der Scheune hatte sie sich ein Atelier und eine Galerie eingerichtet. Ein paar Jahre später baute sie das gesamte Gebäude nach ihren Vorstellungen um: viel Platz für Wohnung, Ausstellungsraum und Ateliers für sie und ihren Lebensgefährten Franz Kochseder.
Getrennte Ateliers. Denn unterschiedlicher als Kochseder und Folger könnten zwei künstlerisch tätige Menschen nicht sein. Er ist eher introvertiert, arbeitet konzeptionell, sehr überlegt und reduziert. Sie ist extrovertiert, energiegeladen, immer auf Achse und lässt sich von ihren Gefühlen leiten. Auf vielen ihrer Gemälde scheint die Farbe förmlich zu explodieren. In der Wohnküche und im Ausstellungsraum treffen die Bilder des Paares aufeinander, haben sich aber nicht viel zu sagen. Als ob sie zwei völlig unterschiedlichen Welten entstammten, zwischen denen es nicht viele Überschneidungen gibt. Auf die Frage, ob sie beide sich intensiv über ihre Arbeit austauschen, sagt Kochseder, früher hätten sie noch viel diskutiert. Heute sage er kaum noch etwas zu ihren Bildern, weil sie souverän genug sei.
Die nächste schöne Geschichte handelt davon, wie Isolde Folger, das Mädchen vom Dorf, zu einer durchaus erfolgreichen Malerin wurde. Natürlich hat sie als Kind gerne gezeichnet, aber das wurde nicht gefördert. „Das hat es nicht gegeben“, sagt sie und jeder, der auf einem fränkischen Dorf aufgewachsen ist, weiß, was sie damit meint. Mit 18 hat sie geheiratet und zwei Kinder bekommen. Drei Jahre später schenkte ihre Schwester ihr zwei Bildchen von Ernst Fuchs. Irgendetwas an den Baumdarstellungen berührte Isolde Folger so stark, dass sie sich hinsetzte und versuchte, auch Bäume zu malen. „Da hat es Klick gemacht“, beschreibt sie dieses Schlüsselerlebnis.
Sie meldete sich für Kurse bei der vhs an und blieb schließlich bei Heinz Altschäffel hängen. Zwölf Jahre war sie Schülerin des Schweinfurter Malers, hat viel bei ihm gelernt, musste dann aber weggehen, um ihren eigenen Stil zu finden. Ein großer Förderer war der Hammelburger Robert Höfling, der ihr erlaubte, gemeinsam mit ihm sein allerletztes Bild fertig zu malen. Das war 1998. Ein Jahr später kündigte Folger ihren Job. Seitdem hat sich ihre Technik weiterentwickelt und auch ihr Gespür für spannungsreiche Kompositionen. Ausgangspunkt ihrer abstrakten Bilder sind meistens Landschaften oder Blüten. Die Inspiration findet sie oft auf Reisen, von denen sie nicht nur Fotos und Skizzen mitbringt, sondern auch zahlreiche Fundstücke, die sie in die Acryl-Gemälde einarbeitet: Erde, Sand, Rinde, Schoten oder – wie im November aus Burma – die Stängel der Lotusblüte. Schicht für Schicht baut sie die Gemälde auf, am Schluss setzt sie oft sparsame zeichnerische Akzente.
Manchmal hat Isolde Folger auch einfach Lust, Porzellan zu bemalen, für eine Freundin einen Rosenkorb zu dekorieren oder Schmuck zu machen. Ob das Ergebnis immer hohen künstlerischen Ansprüchen genügt, scheint nicht so wichtig. Wichtig ist ihr die Freude am Gestalten.
Auch zu ihrem bislang wohl größter Erfolg gibt es eine schöne Geschichte. Isolde Folger ist jedes Jahr bei der Wallfahrt auf den Kreuzberg dabei. Einmal lernte sie einen engen Mitarbeiter von Annette Roeckl kennen, der Chefin des renommierten Münchner Handschuh- und Tuchherstellers, und auf einer Party schließlich die Unternehmerin selbst. Die beiden Frauen verstanden sich auf Anhieb und eines Tages lud Annette Roeckl die Lindacherin ein, ihr ein paar Gemälde zu zeigen. Als Roeckl sie sah, hatte sie spontan die Idee, mit diesen Motiven Tücher zu designen. Zum 175. Jubiläum des Unternehmens 2014 erschien die exklusive Sonderedition.
Gefragt ist Isolde Folger auch als Dozentin an einer Reihe von Sommerakademien in der Schweiz, in Südtirol und in Wien. Demnächst hat sie eine Ausstellung in Freising, ab 8. Juni stellt sie in der Kreissparkasse Haßfurt aus.
Aktuell hat sie eine Ausstellung im Verwaltungsgebäude der ZF Friedrichshafen AG in Schweinfurt, Ernst-Sachs-Straße 62. Diese Ausstellung kann am 12. März, 18.30 Uhr, besichtigt werden. Anmeldung unter Tel. (0 97 21) 45 78 8.