„Was wäre eine Welt ohne Farben?“ Das fragt Claudia Cebulla bei der 118. Vernissage in den Gaden. Vermutlich wäre der Alltag ziemlich grau.
Um einen ganzen Farbkosmos geht es in den Werken des Schweinfurter Künstlers Gerhard Schraud, der bis 22. Juli in der Kirchenburg ausstellt (sonntags von 15 bis 17 Uhr). Erst im vergangenen Jahr hat Schraud „Farbschwingungen“ im Alten Rathaus Schweinfurt gezeigt.
Der Altschäffel-Schüler entstammt eigentlich der Welt des Finanzamts, wo Kreativität nur bei der Steuererklärung gefragt ist. Mit anspruchsvollen Aquarell-Porträts hat er sein Talent aus der Schülerzeit fortgesetzt. Eine Krankheit zwang Schraud aber zum künstlerischen Umdenken, die Rede ist von einer regelrechten Malblockade.
Er startete Experimente in der Garage (der Dämpfe wegen) mit Acryl und den unterschiedlichsten Materialien, die mit Spachtel und Rakel aufgetragen oder verteilt werden: „Es entstehen dreidimensionale Bilder.“
Die abstrakten, farbintensiven Formen sind keine Abbildungen realer Landschaften oder von Menschen – und doch ziemlich nah am Leben. Auf die Blickweise des Betrachters kommt es an. „Wenn ich die Milchstraße male, ist das jetzt abstrakt oder konkret?“ fragt Claudia Cebulla. Farben könnten Gefühle ausdrücken, verbinden, verstecken, sie könnten sich beißen, komplettieren oder einfach aufheben: „Wenn ich alle Farben miteinander mische, erhalte ich Nato-Oliv.“ Umgekehrt könne jeder in den feinen Nuancen der Schraud-Bilder seine eigene Welt entdecken: „Individuell passend, pulsierend vor Lebendigkeit.“
„Mit so vielen Besuchern habe ich nicht gerechnet“, sagte der Künstler, der sich bedankte: mit einem bunten Blumenstrauß für die Galeristin.
Um Klang-Farben drehen sich die Musikstücke von Gitarrist Lorenz Schmidt, der die Ausstellungseröffnung begleitete: etwa mit einem Allegretto von Altmeister Napoleon Coste auf der 120 Jahre alten Harfengitarre mit zwei Hälsen. Mit einer etwas jüngeren Gitarre gab es eine Auswahl aus Schmidts Zungri-Zyklus. Es ist eine Reise durch italienische Landschaften: Es weht der Scirocco, bevor sich ein südliches Tal öffnet. Zuletzt führt der Weg ins sonnige Santa Cruz.