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VASBÜHL: Ja-Wort mit 34 anderen Brautpaaren

VASBÜHL

Ja-Wort mit 34 anderen Brautpaaren

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    Bei besonderen Anlässen trägt Katharina Stock den Hochzeitsschmuck von Margaretha Treutlein.
    Bei besonderen Anlässen trägt Katharina Stock den Hochzeitsschmuck von Margaretha Treutlein. Foto: Silvia Eidel

    Ja sagen bei der Hochzeit, ist immer eine aufregende Angelegenheit. Wie spannend aber vor 175 Jahren die Eheschließung eines Brautpaares aus Vasbühl und Schnackenwerth war, das gemeinsam mit 34 anderen Paaren aus Bayern nach München reiste, um zur Hochzeit des bayerischen Thronfolgers getraut zu werden, kann man heute nur erahnen. Im Jubiläumsjahr dieser Kronprinzenhochzeit ist den Nachkommen in Schnackenwerth vor allem eins geblieben: Traditionsbewusstsein.

    Noch bis vor zwei Generationen war auch der Hofname „Oktobersch“ für deren Bauernhof gebräuchlich gewesen, geprägt durch diese Hochzeit im Oktober 1842 und zur Unterscheidung von den anderen Pfister-Familien. Johann Pfister hieß nämlich damals der Bräutigam aus einer reichen Bauernfamilie aus Vasbühl, der die Bauerntochter Margaretha Treutlein aus Schnackenwerth in München zum Traualter führte. Danach bezog das Paar den Hof nahe der Schnackenwerther Kirche, den der Brautvater seiner Tochter gekauft hatte und der bald nur „Oktobersch“ hieß.

    „Mittlerweile ist der Hofname aber verschwunden, wir sind im Dorf jetzt einfach die Stocks“, erläutert Michael Stock, dessen Mutter, eine gebürtige Pfister, Friedbert Stock geheiratet hatte, womit der Familienname Pfister erlosch. Michael Stock bewirtschaftet den Hof mit seiner Frau Katharina, und auch sein Sohn Jakob will die Landwirtschaft weiterführen.

    Programmhef der Kronprinzenhochzeit lag im Küchenschrank

    Was sich vor sechs Generationen ereignete, weiß man heute vor allem durch die Nachforschungen von Richard Reinhart, verstorbener Heimatforscher aus Eckartshausen, und der Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen durch den Historischen Verein Markt Werneck. „Den Anstoß hatte meine Tante Alma Amrhein, die Schwester meiner Mutter, gegeben“, weiß Michael Stock. Sie hatte im Küchenschrank des „Oktobersch“-Hofs das Programmheft der Kronprinzenhochzeit von 1842 gefunden und darin erstaunlicherweise die Namen ihrer Ur-Ur-Ur-Großeltern gelesen.

    Bei dieser Kronprinzenhochzeit wurde der älteste Sohn des bayerischen Königs Ludwig I., der 31-jährige Maximilian, der spätere König Maximilian II., mit der noch 16-jährigen preußischen Prinzessin Marie Friederike vermählt. Deren kirchliche, katholische Trauung erfolgte – analog zum Hochzeitstag Ludwigs I. und während des Oktoberfests – am 12. Oktober. Die protestantische Braut war aber schon vorher, am 5. Oktober, in Berlin nach evangelischem Ritus getraut worden, mit einem Stellvertreter des abwesenden Bräutigams.

    Weil sich das bayerische Königshaus der Wittelsbacher mit der Hochzeit als „Eltern der Nation“ präsentieren wollte, sollte durch eine Gruppenhochzeit von Brautpaaren aus allen Landesteilen symbolisch die Verbindung von Dynastie und Land gefeiert werden. Die Kronprinzenhochzeit sollte ein großes Nationalfest werden.

    Brautpaare mussten in typischer Tracht erscheinen

    Aus allen Regierungsbezirken wurden jeweils mehrere Brautpaare „von unbescholtenen Sitten und unzweifelhafter Würdigkeit“ gesucht. Weitere Bedingung war, dass die Paare in ihrer typischen Tracht erscheinen.

    Wohlhabenden Handwerkern und Bauern gefiel der Prestigegewinn durch eine solche Hochzeit offenbar, sie stellten auch die Mehrheit der 35 Brautpaare, die mit insgesamt 394 Personen nach München kamen. Aus dem Landgerichtsbezirk Werneck im damaligen Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg wurden Margaretha Treutlein und Johann Pfister ausgewählt. Allen Paaren sagte der König 1500 Gulden für die Reisekosten zu, bei Bedarf auch mehr für die Ausstattung, was die Schnackenwerther jedoch stolz ablehnten.

    Statt mit einem Brautzug von üblichen 50 Personen durften sie – aus Kostengründen – nur mit 14 anreisen. Mit dem Pferdefuhrwerk ging es am 13. Oktober, einem Donnerstag, am frühen Morgen nach Werneck, von dort mit dem Postkutscheneilwagen nach Würzburg und weiter nach Augsburg. Mit der neuen Eisenbahn fuhr die Gruppe am Freitag weiter nach München, was für die Bauersleute eine aufregende Angelegenheit bei der 34-stündigen Anreise gewesen sein dürfte.

    Sieben Geistliche trauten an sieben Altären

    Am großen Tag, dem Sonntag, 16. Oktober, versammelten sich alle Brautpaare um 8 Uhr im Münchner Rathaussaal zur standesamtlichen Trauung. Geordnet nach Regierungsbezirken und begleitet von Fahnen, Musikkapellen und Gebirgsschützen zogen die in ihrer Tracht gekleideten Brautpaare samt Anhang in einem prächtigen Festzug durch die geschmückte Stadt zur Kirche: die katholischen zur Hofkirche Sankt Michael, die protestantischen in die Matthäuskirche. Sieben Geistliche trauten nacheinander an sieben Altären die 24 katholischen Paare, darunter auch das Werntaler Brautpaar. Unter dem Jubel der Bevölkerung marschierten sie nach der Messe zunächst zum gemeinsamen Mittagessen im Pschorrkeller und weiter zum königlichen Hochzeitsfest auf die Theresienwiese. Das begüterte Schnackenwerther Brautpaar war auserwählt, König Ludwig I. zur Huldigung die Symbole Unterfrankens zu Füßen zu legen: Trauben, Obst, Korn- und Weizenähren samt Sichel.

    Alle frisch Vermählten erhielten einen goldenen Ring und eine Erinnerungsmünze, den Doppeltaler. Diese Geschenke sind in Schnackenwerth nicht mehr auffindbar.

    Weil Richard Reinhart anhand von Lithografien des Festzugs und des Schriftverkehrs die Werntaltracht detailreich beschreiben konnte, ist das Wissen darüber erhalten geblieben. Auch Michael Stock und seine Frau haben sich eine solche Tracht nähen lassen. „Wir sind ja lange auf fränkische Tänze mitgegangen“, lacht er. Durch den Familienstammbaum, der in der Küche hängt, und die Lithografie des Festzugs bleibt die Hochzeit vor 175 Jahren in seiner Familie bis heute präsent.

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