(ng) „Habt Ihr am ersten Schultag auch eine große Schultüte bekommen“, will Jana Berger von den ehemaligen Schulkameraden wissen. Die hatten vor 70 Jahren ihren letzten Schultag. Sieben Jahrzehnte nach ihrer Schulentlassung sehen sie sich wieder. Klassentreffen im Gasthaus „Zur Krone“. Und Jana ist mit dabei.
Für sie ist Schule etwas ganz Neues. Seit September besucht Jana die Klasse 1 b der Sennfelder Grundschule. Und natürlich gab es eine Schultüte. Bei den Schülern von damals nicht, wie Paul Eichhorn berichtet. „Das war überhaupt nicht üblich“, sagt der ältere Herr und erzählt, dass er an seinem ersten Schultag dann doch etwas Besonders bekommen hatte. Einen Schokoladenpudding nach dem Mittagessen, ausnahmsweise.
So war es damals, erfährt Jana von Emmy Hub. Man kämpfte mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise, „die Not in den Familien war unbeschreiblich groß“. Anfang der 1930er Jahre hatten fast alle in der Schweinfurter Industrie beschäftigten Väter ihren Arbeitsplatz verloren. „Nur wenige Monate gab es eine finanzielle Unterstützung, und dann waren die Familien auf die karge öffentliche Fürsorge angewiesen“, so Hub.
„Unsere Mutter packte täglich mehrere Pausenbrote für Mitschüler ein“, erinnert sich Paul Eichhorn. Auch die Lehrerin sammelte Lebensmittel, verteilte sie an bedürftige Mitschüler. Schule und Gemeinde Sennfeld organisierten Milchspenden. Jana interessiert auch, wie es damals im Klassenzimmer ausgeschaut hat. Die 33 Mädchen und 33 Knaben mussten getrennt in Viererbänken sitzen, erfährt sie. „Neben Tafel und Kreide gehörte aber auch ein Schlagstock, das 'spanische Rohr', zur Standardausstattung eines Klassenzimmers“, erzählt Eichhorn. Prügelstrafe war legitim, sagt Eichhorn und erzählt weiter, von der Kindheit und Jugend der damaligen Schüler, mitten im Krieg. Er und Herbert Schirmer, damals 16, kamen zur „Flak“, erlebten das Chaos des Krieges, Gefangenschaft, Lazarett, und kamen in eine zerstörte Heimat zurück.
Heute, 70 Jahre nach ihrem letzten Schultag, sind 30 Schüler der Sennfelder Abschlussklasse 1940 schon gestorben. Von den damals 33 Schülerinnen leben heute noch 13, die dramatische Zeitabschnitte wie Landjahr, Arbeit in der Kriegsindustrie, Reichsarbeitsdienst und Bombennächte durchlebt haben. Ein Teil ihres Lebens, für Jana Geschichte.