In den letzten Tagen sind bei der Stadt mehrere Anzeigen wegen aktueller Baumfällungen auf Stadtgebiet eingegangen. Das Rathaus weist deshalb in einer Mitteilung erneut darauf hin, dass die Baumschutzverordnung weiterhin gilt und deshalb auch zu beachten ist. Was im Klartext heißt: Wer auf Privatgrund im Moment einen Baum ab einer bestimmten Größe ohne Genehmigung fällt, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Stadt ist verpflichtet, gegen illegale Baumfällungen vorzugehen
Von den Verboten der Verordnung sind Bäume ausgenommen, die in einem Meter Höhe über dem Erdboden einen Stammumfang von 70 Zentimeter nicht überschreiten und keine Ersatzpflanzung sind. Ausgenommen sind auch Maßnahmen in Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht sowie Kern- und Steinobstbäume in Hausgärten und Kleingartenanlagen. Geregelt ist das in Paragraf 4 der Baumschutzverordnung. In allen anderen Fällen ist die Stadt also verpflichtet, entsprechende Verfahren gegen die Grundstückseigentümer durchzuführen.
Die Baumschutzverordnung aufzuheben, ist nach dem am Quorum gescheiterten Bürgerentscheid am 8. Februar im Bau- und Umweltausschuss des Stadtrates zwar von der Mehrheit aus CSU, proschweinfurt und OB Sebastian Remelé gegen SPD, Linke, Grüne und Schweinfurter Liste mit 9:5 Stimmen beschlossen worden. Dieser Beschluss hat allerdings vorberatende Wirkung, was heißt, er muss in der Stadtratssitzung am 27. Februar noch bestätigt werden. Folgt der Stadtrat dem Gutachten des Bau- und Umweltgremiums, wovon auszugehen ist, wird die Baumschutzverordnung mit Wirkung zum 1. Juli 2018 aufgehoben.
Finger weg von Büschen und Bäumen während der Brutzeit
Das heißt erstens: Wer jetzt zur Säge greift, handelt illegal. Und zweitens: Auch nach dem 1. Juli kann nicht einfach so gefällt werden. Denn: Vom 1. März bis 30. September lässt das Bundesnaturschutzgesetz Rückschnitte von Gehölzen grundsätzlich nicht mehr zu. Geregelt ist das im Paragraf 39 (Absatz 5 Satz 1 Nr. 2), wonach es während der Brutzeit der Vögel – in eben diesem Zeitraum – verboten ist, Bäume, Hecken, Gebüsche oder andere Gehölze abzuschneiden oder auf Stock zu setzen, wie es ein Radikalschnitt heißt. Zulässig sind nur schonende Pflegeschnitte.
Dieses im Bundesnaturschutzgesetz geregelte Verbot dient also vorrangig dem Schutz von Lebensstätten und somit dem allgemeinen Artenschutz, da in der Zeit von Anfang März bis Ende September insbesondere Vögel die verschiedenen Gehölzstrukturen für ihre Brut, aber auch als Deckung und Nahrungsquelle während der Brutzeit benötigen. Die Vorschrift soll also nicht dem Erhalt von Gehölzen dienen, sie veranlasst lediglich zu zeitlich angepasster und damit naturverträglicher Planung.
Aktuell kümmert sich die Stadt um fünf eingegangene Anzeigen
Der städtische Umweltreferent Jan von Lackum informierte auf Anfrage der Redaktion über die Zahl eingegangener Anzeigen. Es sind zwei älteren Datums und drei aktuelle neue Fälle. In den Altfällen hat sich das illegale Handeln nach der jeweiligen Anhörung bestätigt. Mit einem Bußgeldbescheid müssen diese Baumfäller rechnen. Bezüglich der aktuellen Verstöße prüft die Stadt, ob es sich um geschützte Bäume handelt. Wenn sich das bestätigt, droht ebenso ein Bußgeld.
Laut von Lackum seien die Gartenbaufirmen, die auch Baumfällungen anbieten, in Kontakt mit der Stadt und informiert, dass die Baumschutzverordnung in Schweinfurt nach wie vor gültig ist. Einen Baumfällantrag würden diese Unternehmen in der Regel nicht annehmen. Privatgartenbesitzer „sind nicht gut beraten“, selbst zur Säge zu greifen, warnte der Referent. Wie hoch sind die Bußgelder? Zwischen 200 bis 2000 Euro, lautet die Auskunft der angefragten städtischen Presssetelle.
Baumschnitt am Baggersee war legal, dennoch hält die Kritik an Baggersee-Besucher zeigten sich über den radikalen Baumschnitt auf der See-Insel entsetzt und brachten das mit der Baumschutzverordnung in einen Zusammenhang. Die, wenn auch massive, Beseitigung der Verbuschung hat aber absolut nichts mit der Baumschutzverordnung zu tun. Das sagte der Leiter des Servicebetriebs Bau und Stadtgrün, Axel Meffert, und er hat Recht, weil die Baumschutzverordnung Privatgärten betrifft, und der Schnitt vor dem 1. März stattfand, ab dem Zeitpunkt das Bundesnaturschutzgesetz einen solchen wegen der Brutzeit der Vögel verbietet. Die Stadtgärtner hätten im Rahmen der üblichen Pflegemaßnahmen auf Stock zurückgeschnitten, erklärte Meffert. Die Maßnahme sei außerdem mit dem Naturschutz abgesprochen. Unabhängig davon drückt die Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz ihr Bedauern darüber aus, „dass die kleine Wildnis auf der Insel im Badesee bis auf einzelne Bäume einem totalen Kahlschlag zum Opfer gefallen ist“. Regelmäßig seien auch im Winterhalbjahr Graureiher, Kormorane, Rabenkrähen, Elster, hin und wieder Silberreiher und Mäusebussarde zu sehen, die die Sträucher und Bäume als Ruhemöglichkeit nutzten. Diese seien auch von Kleinvögeln wie Amseln, Rotkehlchen, Zaunkönig oder Heckenbraunelle als Rückzugs-, Ruhezone und Brutgebiet genutzt worden, schreibt Vorsitzender Harald Vorberg. Die überhängenden Zweige im Uferbereich dienten Wasservögeln wie Gänse, Enten und Tauchern als Versteck. Die „Pflege“-Maßnahme des Bauhofs zeuge von wenig Fingerspitzengefühl und Gespür gegenüber einem nicht geringen Bevölkerungsanteil, der sich um den Erhalt unserer Natur sorgt. Vorberg fragt deshalb in einer Stellungnahme, ob derart massive „Pflegemaßnahmen“ erforderlich waren und stellt fest, dass man auch sensibler hätte vorgehen können. Er fragt, ob durch ein solches „Hauruck“-Verfahren nicht ein gewisses Angstgefühl für die Zukunft vieler Schweinfurter Bäume aufkommt, wenn die Baumschutzverordnung erst einmal der Vergangenheit angehört. hh