„Stammheim ist bunt“ – dieses Motto gaben einige junge Bürger am vergangenen Wochenende am örtlichen Dorfweiher aus. Anlass dafür bot die Anwesenheit des bekannten Rechtsextremisten Karl-Heinz Hoffmann, der in einem Privathaus des Dorfes zu zwei Vorträgen eingeladen hatte.
Nachdem dieses Gebäude erst frisch renoviert wurde und zudem noch unter Denkmalschutz steht, lag das erste Thema nicht fern: „Denkmalschutz im Wandel der Zeit“. Doch das zweite Thema versprach im erwarteten politischen Umfeld mehr Brisanz. Es lautete „Der Islam“.
Laut Wikipedia-Eintrag ist Karl-Heinz Hoffmann (geboren am 27. Oktober 1937 in Nürnberg) als deutscher Neonazi bekannt geworden. Er war Gründer der nach ihm benannten und 1980 wegen Verfassungsfeindlichkeit verbotenen rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann.
Merkwürdig erschien einigen Stammheimern, dass ausgewählte Personen bereits im Vorfeld eine Einladung via E-Mail erhalten hatten. Im Übrigen lud Hoffmann einige Tage zuvor über einen Aushang am Veranstaltungsgebäude ein. Diese Einladung veröffentlichte er auch auf seiner Internetseite.
Am Tag vor Hoffmanns Auftritt trafen sich viele überwiegend junge Stammheimer und diskutierten verschiedene Handlungsoptionen.
Wäre eine Aktion überhaupt sinnvoll? Oder böte sie dem Vortragenden erst recht die Aufmerksamkeit, die er sich vielleicht insgeheim erhoffte? Diese Fragen stellten sich die jungen Stammheimer. Letztendlich fiel die gemeinsame Entscheidung, sich am Weiher des Dorfes zu treffen und die Weiden mit bunten Luftballons zu behängen. Auf Plakaten und Schildern war das Motto „Stammheim ist bunt“ zu lesen.
Außerdem informierten die Demonstranten auf Aushängen über die rechtsextremistische Vergangenheit des Redners. Gänzlich farbenfroh gekleidete Stammheimer ergänzten das gesamte „bunte Bild“ der Gegendemonstration.
Hoffmann stellte sich im Laufe des Abends den Menschen außerhalb des Gebäudes am Dorfweiher und führte mit ihnen sachliche Gespräche. So lernten die Stammheimer nach eigenen Aussagen den mittlerweile 77-Jährigen als einen Menschen kennen, der sich durch Rhetorik und Eloquenz zu profilieren weiß, aber immer wieder auch in Widersprüche verstrickt habe und gezielten Fragen nach seiner Vergangenheit ausgewichen sei.
Einerseits wolle er sich an geltendes Recht und Gesetz halten, andererseits halte er seine rechtskräftige Verurteilung wegen Geldfälschung, Nötigung, gefährlicher Körperverletzung, Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie mehrerer Fälle von Freiheitsberaubung zu neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis für nicht gerechtfertigt.
Über diese Vergangenheit und seine jüngsten Zitate informierten die jungen Stammheimer auf ihren Informationstafeln. Auch aufgrund des am gleichen Tag stattfindenen Federweißenfestes im Stammheimer Weingut Wirsching kamen viele Passanten zufällig bei der Gegendemonstration vorbei. Sie teilten die Meinung der jungen Demonstranten, dass in der Stammheimer Dorfgemeinschaft für Rechtsextremismus kein Platz ist.