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SCHWEINFURT: Katja Schneider kommt jetzt ganz groß raus

SCHWEINFURT

Katja Schneider kommt jetzt ganz groß raus

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    Die Künstlerin vor ihrer ersten Ausstellung: Katja Schneider (links) und Geschäftsinhaberin Isolde Götz vor dem Schaufenster des Kurzwarengeschäfts Becker in der Zehntstraße.
    Die Künstlerin vor ihrer ersten Ausstellung: Katja Schneider (links) und Geschäftsinhaberin Isolde Götz vor dem Schaufenster des Kurzwarengeschäfts Becker in der Zehntstraße. Foto: Foto: Holger Laschka

    (hl) An manchen Tagen sieht es in Katja Schneiders Zimmer im Wohnheim der Lebenshilfe an der Hoefelstraße wüst aus. Tausende bunte Papierschnipsel aus Katalogen liegen auf dem Boden unter ihrem Schreibtisch, Berge von Wolle türmen sich darauf, mittendrin eine dicke Rolle Stramin, von der sie nach und nach Stücke herunter schneidet. Stramin – das ist ein gitterartiges Gewebe, in das sich mit Hilfe einer speziellen Nadel Wollfäden knüpfen oder sticken lassen. Und es ist die Grundlage für Katja Schneiders Hobby – oder besser: ihren Lebensinhalt.

    Die geistig behinderte Frau ist nämlich Künstlerin. Sie fertigt wöchentlich durchschnittlich drei Stickbilder, die allesamt sehr farbenfroh sind und sehr abstrakt. Unmengen von Wolle braucht sie für ihre Arbeit, fast den gesamten Lohn aus ihrer Beschäftigung in den Werkstätten der Lebenshilfe investiert sie hierfür. Heraus kommen am Ende sehr persönliche Schöpfungen, die durchaus Rückschlüsse auf ihre Gemütslage während der Arbeit zulassen.

    Katja sei immer gut gelaunt. Das erzählt zumindest Isolde Götz, Inhaberin des Kurzwarengeschäfts Becker in der Zehntstraße, bei der die 46-Jährige einkauft. Gewundert hat sich die Unternehmerin und studierte Diplom-Psychologin schon eine ganze Weile über den schier unstillbaren Materialbedarf der Kundin. Und dann hat sie einmal nachgefragt. Als sie erfuhr, dass Katja Schneider fleißig Straminbilder produziert, diese auch in dem Lebenshilfe-Wohnheim die Wände der Flure und Gemeinschaftsräume zieren, kam ihr eine Idee: „Warum nicht einmal eine Ausstellung organisieren?“

    Seit ein paar Tagen sind die Werke im Schaufenster des Kurzwarengeschäfts zu besichtigen, dazu Hintergrundinformationen zur Technik und auch zur Künstlerin, die außerdem auf einem Foto bei der Arbeit gezeigt wird. Auch im Inneren des Ladens wurden ein paar Bilder platziert. Isolde Götz gefallen besonders die in Holzrahmen gefassten, aber nicht hinter Glas gepressten Bilder sehr gut: „... sie haben so etwas Räumliches.“ Einige Schneider-Werke brauchen aber zwingend die Scheibe vor dem Rahmen: Die Collagen aus Straminbildern und thematisch sortierten Katalogschnipseln würden sonst nicht zusammenhalten.

    Ortstermin im Kurzwarengeschäft. Katja Schneider ist mit einer Betreuerin vorbeigekommen, freut sich über die nett arrangierte Ausstellung und den Besuch des Reporters. Isolde Götz ist spendabel, schenkt ihr eine große Dose voller Restknöpfe, die sie künftig in ihre Werke einbauen kann. Und eine Straminvorlage noch dazu. Katja klatscht vor Freude in die Hände, juchzt, ist überglücklich – man spürt, dass die schöpferische Arbeit ihr Ein und Alles ist. Isolde Götz kennt das – sie hat früher selbst in Behinderteneinrichtungen gearbeitet, unter anderem im bekannten Christophorusheim der Diakonie Neuendettelsau.

    Katja Schneider hat ihr Stramin und ein paar Knäuel Wolle immer dabei, wenn sie mit ihren Betreuern unterwegs ist. Und auch ihre Mitbewohner im Heim sind allesamt schöpferisch tätig. Die eine töpfert, eine andere malt, es gibt auch noch eine Frau, die wie Katja Straminbilder knüpft. Alle machen sie das für sich – nur die Katja, die kommt jetzt ganz groß raus.

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