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WERNECK: Kein Personal und viel Bürokratie

WERNECK

Kein Personal und viel Bürokratie

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    Im Zerlegeraum der Firma Fleischwaren Schürger zerteilen die Metzger die Schweinehälften. Foto Silvia Eidel
    Im Zerlegeraum der Firma Fleischwaren Schürger zerteilen die Metzger die Schweinehälften. Foto Silvia Eidel

    Regional erzeugen, regional vermarkten, regional einkaufen: Wenn es um Lebensmittel geht, wird dieses Ziel vom Verbraucher immer mehr gefordert. Was Schweine- oder Rindfleisch anbelangt, wird der kurze Weg vom Stall zur Verkaufstheke allerdings auch im Landkreis immer schwieriger. Denn nur noch wenige Metzgereien schlachten die Tiere selbst, weil es ihnen zu bürokratisch ist oder das Personal fehlt. Auch die Firma Fleischwaren Schürger in Werneck lässt seit kurzem alle Schweine außer Haus schlachten.

    Einen technischen und betriebswirtschaftlichen Grund dafür nennt Geschäftsführer Ansgar Schürger: Die eigene Kratz- und Enthaarungsmaschine beim Schlachtvorgang der Schweine, mit der nach dem Brühen des toten Tieres die Borsten entfernt werden, ist vor Weihnachten ausgefallen. Sie zu ersetzen würde etwa 60 000 Euro kosten. „Wir halten uns offen, wie es weiter geht und lassen erstmal die Schweine in Bamberg schlachten.“ Dort, im städtischen Schlachthof, werden bis auf wenige Ausnahmen bereits die meisten Rinder, etwa zehn pro Woche, im Auftrag der Firma geschlachtet.

    Schürger ist ein größerer Schlacht- und vor allem Verarbeitungsbetrieb mit etwa 50 Angestellten inklusive Metzger, Verwaltung, Fahrer oder Verkauf, auch an seiner gut besuchten „warmen Theke“ des Werksverkaufs in Werneck. Vor allem Großverbraucher und Kantinen im Umkreis von 200 Kilometer zählen zu den Kunden seiner Fleisch- und Wurstwaren sowie küchenfertigen Fleischprodukte, von der gerollten Roulade über den Fleischspieß bis zur Frikadelle und dem panierten Schnitzel.

    70 bis 80 Schweine werden pro Woche geschlachtet

    Einmal die Woche wurden bislang in Werneck 70 bis 80 Schweine geschlachtet. Die Tiere kommen aus der Umgebung von etwa 25 Kilometer, wurden vom Bauern beziehungsweise Viehhändler gebracht oder dort abgeholt. Neuerdings holt ein Spediteur die Schweine beim Landwirt und transportiert sie zum Schlachten nach Bamberg. Die Schweinehälften werden dann mit dem firmeneigenen Kühlfahrzeug nach Werneck zurückgefahren, wo sie zerlegt und weiterverarbeitet werden.

    Während in den großen Schlachthöfen oft angelernte, billige Kräfte aus Osteuropa, häufig mit Werksverträgen, arbeiten, erledigen bei der Firma Schürger ausgebildete Metzger die Arbeit: vom Töten des Tieres über das Schlachten bis zur Herstellung von Schinken oder Wurst. Aber auch Ansgar Schürger kennt den massiven Nachwuchs- und Fachkräftemangel in diesem Handwerk. Zwar hat er noch zwei Lehrlinge, weshalb er derzeit auch zögert mit einer endgültigen Schließung seines Schlachtraumes. Aber zwei seiner Metzger sind über 60 Jahre alt. Und die Nähe zu den Schweinfurter Großbetrieben und ihren hohen Löhnen erschwert zudem die Suche nach Metzger-Fachkräften.

    Ertragslage wird immer geringer

    Auch die Ertragslage im Fleischerhandwerk werde immer geringer, sagt der Geschäftsführer, dazu die vielen Auflagen.

    „Wenn es so weiter geht, gibt es hier bald keine Metzgerei mehr“, drückt es Jürgen Straub, Geschäftsführer der Fleischerring-Genossenschaft Schweinfurt, aus.

    „Wer schlachtet denn noch selbst?“ Konkret zählt er dabei noch sechs Metzgereien im Landkreis auf: Hemmerich in Geldersheim, Mai in Poppenhausen, Unger in Wetzhausen, Schmitt in Mönchstockheim, Kram in Traustadt und Wecklein in Zeuzleben. „Der hört aber Mitte des Jahres auch auf.“

    Der Grund liegt für Straub auf der Hand: Für kleine Metzgereien seien – anders als für Großbetriebe – die vielen behördlichen Auflagen, von der Veterinärbehörde bis zur Lebensmittelüberwachung, nur schwer umsetzbar. „Das wird völlig verbürokratisiert“, meint er über Vorschriften und Dokumentationspflichten.

    Davon kann auch die Obermeisterin der Fleischerinnung, Beatrix Warmuth, ein Lied singen. In ihrer Familien-Metzgerei Firsching in Werneck leistet ihre Tochter viel Arbeit im Büro. Zeit und Kosten, die sie aber nicht aufs Produkt umlegen könne. „In Großbetrieben gibt es größere Stückzahlen, da kann man eine eigene Bürokraft anstellen.“

    Warmuth meint, dass es den kleinen Betrieben von der Politik absichtlich schwer gemacht werde. Nur Großkonzerne hätten das Sagen. Mit der Regionalität des Fleisches, mit den kurzen Wegen und der engen Beziehung zwischen Metzger und Bauer sei es dann vorbei, fürchtet auch Jürgen Straub vom Fleischerring.

    Noch gibt es für die Region erreichbare Schlachthöfe in Bad Neustadt und Bamberg. Diese Möglichkeit bieten Schweinfurt, Würzburg, Bad Kissingen oder Coburg längst nicht mehr.

    "Der Trend geht zur Konzentration auf große Schlachtereien"

    „Alle reden von regional, aber der Trend geht zur Konzentration auf große Schlachtereien“, weiß Straub. „In anderen Ländern gibt es schon solche Strukturen der Spezialisierung“, verweist auch Ansgar Schürger auf Skandinavien, aber auch Niedersachsen: Der eine schlachtet, der andere zerlegt, der dritte verarbeitet. „Das geht hochtechnisiert, maschinell, industriell.“

    Für kleine Metzgerei-Betriebe sieht die Innungsobermeisterin nur den Weg der Qualitätserzeugnisse und der Spezialisierung. Ihr Betrieb beziehe beispielsweise das Schweinefleisch ausschließlich von Tieren aus Freiluftställen des sogenannten Bauer Korte, erzeugt mit Hilfe von Aroma-Düften und Futter nach Hildegard von Bingens Erkenntnissen. Gemästet werden die Tiere allerdings in Menden im Sauerland, geschlachtet werden sie in Fulda und dann die Hälften zur Weiterverarbeitung nach Werneck geliefert. Der Begriff Region bekommt auch hier eine ganz neue Dimension.

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