Der Religions- und Englischlehrer einer Realschule in der Rhön war im Spätjahr 2010 mindestens zweimal mit einer Schülerin im Bett. Beim ersten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr – es war ihr „erstes Mal“ – war sie wahrscheinlich erst 13, beim zweiten 14 Jahre jung (wir berichteten). Nach viertägigem Prozess sollte am Donnerstag das Urteil gesprochen werden, die Plädoyers waren bereits gehalten. Stattdessen setzte die Strafkammer den Prozess aus – er wird irgendwann von vorne beginnen.
Wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes sowie sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen hatte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine dreijährige Haftstrafe gefordert, für die eine Bewährung nicht mehr möglich gewesen wäre. Er stellte aber auch noch einen Hilfsantrag: Falls das Gericht eine Bewährungsstrafe für angemessen hält, sei zuvor ein psychiatrisches Gutachten über die Sexualpräferenz des 39-jährigen Angeklagten einzuholen, um zu klären, ob der Mann auf sehr junge Mädchen stehe und von ihm, falls er auf freiem Fuß bliebe, weiterhin schwere Straftaten wie in diesem Fall – sexueller Missbrauch von Kindern – zu erwarten wären.
Der Verteidiger hatte lediglich eine Haftstrafe von elf Monaten für angemessen gehalten. Schließlich lägen die Taten sehr lange zurück. Der Mandant habe ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der Geschlechtsverkehr mit der damals 13- oder 14-jährigen Schülerin sei einvernehmlich gewesen. Sie habe kleinerlei Strafverfolgungsinteresse und auch keine psychischen Schäden durch den einvernehmlichen Sex mit dem Lehrer erlitten.
In diesem Zwiespalt ist die Kammer den sicheren Weg gegangen und hat das Verfahren ausgesetzt, um dem Anklagevertreter keinen Revisionsgrund zu liefern. Also wird erst ein psychiatrisches Gutachten über die Sexualpräferenz des längst entlassenen Religions- und Englischlehrers eingeholt. Das kann Monate dauern – und das Verfahren wird irgendwann von vorne beginnen.
Viel Zeit wurde in diesem Verfahren damit verbracht, den Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs zwischen Lehrer und Schülerin sicher festzustellen. Da halfen die Chat-Protokolle weiter. Mehrere ausgetauschte Nachrichten legen den Schluss nahe, dass beide zum ersten Mal im Bett des Lehrers landeten, als sie noch 13 war. Sie hatte ihn zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen zunächst gar nicht belastet, beichtete aber der ermittelnden Polizeibeamtin später freiwillig ihr Techtelmechtel, weil sie Gewissensbisse hatte und nicht lügen wollte.
Demnach war sie wohl im Herbst/Winter 2010 mindestens zweimal bei dem 39-Jährigen in der Wohnung. Sie kochten, sahen fern – und landeten dann in seinem Schlafzimmer im Bett. Vorher hatten sich der damals 35-Jährige und die 13- oder 14-Jährige geküsst. Sie hatten aber auch schon mal zusammen ihre Hunde Gassi geführt und waren zusammen im Schwimmbad.
Welcher Jugendsprache sich der damalige Lehrer in seinen 39 000 Chats mit seiner damaligen Schülerin bedient hatte, erstaunte die ermittelnde Polizeibeamtin. Sie habe oft nicht unterscheiden können, sagte sie, welcher Beitrag vom Lehrer kam und welcher von der Schülerin.