Einen Großteil des Grundstücks um das vom Volksmund Hartmann-Villa genannte Gebäude verkaufte die Unternehmerfamilie (Ring-Garagen) 2003 an die Stadt und machte damit den Weg frei für die Freilegung des Unteren Wallgrabens. Seit 2005 gehört das denkmalgeschützte Haus der Schweinfurter Firma R.PLAST GmbH, deren Besitzer es als künftigen Sitz ihres Unternehmens derzeit umfänglich sanieren und restaurieren. 2008 gibt es dort somit zwei weitere Ereignisse: Der Durchbruch zum Main im Frühjahr und im Herbst die Fertigstellung des Gebäudes Rückertstraße 28.
Bisher ging man aufgrund von Recherchen des früheren Stadtrats und Historikers Gerhard Bach davon aus, dass das Gebäude aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Ein Nachfahre des damaligen Käufers namens Theodor Preger verkaufte das Gebäude 1900 an die Schweinfurter Familie Bach. Der Garten reichte damals bis zur Stadtmauer. Die beiden heute noch existenten Walltürme gehörten laut Gerhard Bach ebenso zum „ausgedehnten“ Grund wie ein Arm des Marienbachs, der mitten durch das Grundstück führte.
Sein Großvater Friedrich Bach (1864-1917) betrieb unter der Adresse ein Agenturgeschäft für Kohle, Rohstoffe und Lebensmittel. Auch Urgroßvater Otto Bach (1833-1918) lebte dort, dessen Bruder Heinrich übrigens der Gründer der Lederfabrik Bach in der Niederwerrner Straße war. Der Vater des früheren Stadtrates Gerhard Bach, Max Karl Bach, betrieb das Agenturgeschäft weiter. Nach einem familiären Streit musste Max Karl Bach (1896-1968) das Haus 1922 verlassen. Nur kurze Zeit später, 1926, endete die gemeinsame Zeit der Bach-Ära im Haus. Der nächste Besitzer ging in Konkurs, 1931 kam es in den Besitz der Hartmanns.
2005 erwarb die R.PLAST GmbH das Gebäude, ein erfolgreich in der Kunststoff-Recycling-Branche tätiges Schweinfurter Unternehmen. Noch sitzt die Firma in Miet-Räumen in der Rückertstraße 30. Die Inhaber Rolf Treutlein und Martin Winter hatten die Nummer 28 somit täglich vor Augen, sich auf der Suche nach einem eigenen Firmensitz in dieses Gebäude aber auch deshalb verguckt, „weil es in Schweinfurt kein vergleichbares Ensemble gibt“ (Treutlein).
In Kenntnis eines Fotos von 1911 war für die Unternehmer klar, dass das Gebäude so und nicht anders restauriert werden soll. Als Planer holten sie den auf historische Gebäude spezialisierten Architekten Friedrich Staib vom Würzburger Büro Staib und Wiener an Bord. Bei den Voruntersuchungen stellte sich heraus, dass der Keller in jedem Fall älter war als das Haus darüber. Alte Grundrisse erhärteten die Vermutung einer Bastion. Im Gebäude entdeckte Baustil-Elemente bestätigten außerdem, dass es erstmalig in der Zeit des Klassizismus erbaut worden sein musste, also um 1820.
Danach wurde es der jeweiligen Zeit angepasst, „verschönt“, wie Staib die durchaus großzügige Ausstattungen umschrieb. Highlights gibt es einige, beispielsweise im pompejanischen Stil gestaltete Wände und eine wertvolle Decke mit Stuckrosette. Die beauftragte Restauratorin Britta Pracher (Würzburg) war jedenfalls begeistert von dem unerwartetem Fund, erzählen die Inhaber.
Reibungslose Zusammenarbeit
Die Wände, die Rosette, all das wird ebenso wieder hergestellt, wie die Fenster und Türen, die an die angeblich gute, alte Zeit erinnern werden. Die auf dem Foto zu sehende Altane (freistehende Terrasse mit Balkon) wird wieder im Garten stehen, der mit einem Zaun im Stil jener Zeit umgeben wird. Denkmalschutz, Städtebauförderung und Stadt beteiligen sich mit Zuschüssen. Die reibungslose Zusammenarbeit mit allen Beteiligten heben die Inhaber lobend ausdrücklich hervor.
In der Rückertstraße 28 wird ab Herbst 2008 der Hauptsitz der R.PLAST mit der Verwaltung (acht Beschäftigte, ein Azubi) sein. Produziert wird mit weiteren 17 Beschäftigten im oberfränkischen Stockheim, wo sich auch das Lager (5850 Quadratmeter) befindet. Eine Niederlassung gibt es in Mailand mit vier weiteren Arbeitnehmern und auch hier schließt sich ein Kreis, der mit dem historischen Gebäude zu tun hat: Carl Bach (1867-1910) arbeitete als sprachgewandter Chemiker für die Firma BASF ebenfalls in der Kunststoff-Branche. Eine Filiale seines Unternehmens war in Mailand.
Nach der Eröffnung in einem Jahr wird darüber nachgedacht, die historischen Funde und Schönheiten bei einem Tag des Denkmals der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es ist außerdem an die Veröffentlichung einer geschichtlichen Dokumentation gedacht.