Viele, gerade Mütter, arbeiten in Teilzeit. Die Kinder müssen versorgt werden, aber die Haushaltskasse ist auf den Verdienst der Frau angewiesen. Das ist allseits bekannt. Dass es auch eine Berufsausbildung in Teilzeit gibt, „wissen immer noch viel zu wenige“, sagt Roland Maul.
Der Schweinfurter Ausbildungsberater der Handwerkskammer hat deshalb eine dieser Auszubildenden zu einem Interview mit dieser Zeitung gewonnen: Nadja Gau-Eckstein, 24 Jahre alt und verheiratete Mutter einer fünfjährigen Tochter. Sie absolviert eine Ausbildung zur Kauffrau im Büromanagement – in Teilzeit.
Die Berufsausbildung in Teilzeit gibt es noch nicht allzulange. Sie ist erst seit 2005 im Berufsbildungsgesetz verankert. Rechtliche Grundlage ist Paragraf 8: Demnach „kann bei berechtigtem Interesse eine Teilzeitberufsausbildung auf gemeinsamen Antrag der Auszubildenden und des Ausbildungsbetriebs vereinbart und die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit verkürzt werden“.
Die Gerüstbaufirma F. Spies mit Sitz in Sennfeld war auf der Suche nach einem Azubi fürs Büro und wies in der Zeitungsannonce auf die Teilzeitausbildungsmöglichkeit hin. „Weil wir den Bewerber später auch gerne übernehmen wollten, das aber in Vollzeit nicht geht“, schildert Tina Karl. Sie ist leitende Angestellte in dem von ihrem Bruder und Firmenchef Udo Karl 2012 übernommenen Unternehmen Spies.
Es gab über zehn Bewerbungen. Das Rennen machte die junge Mutter. Mit dem ersten erlernten Beruf als Verkäuferin war sie nicht hundertprozentig zufrieden, die Arbeitszeiten für sie als Mutter waren schwierig, und außerdem „wollte ich schon immer ins Büro“, sagt Gau-Eckstein. Das erste Lehrjahr (von drei) liegt hinter ihr und die Auszubildende weiß schon heute, dass „ich das richtig gemacht habe“. Die Arbeit macht ihr Spaß, sie kann Familie und Beruf ideal vereinbaren.
Ihre Tochter Sofia besucht vormittags den Kindergarten. Die Mama ist an drei Tagen bis 12 Uhr im Dienst, kann ihr Kind an diesen Tagen selbst abholen und betreuen. Nur montags ist sie ganztags in der Firma und am Mittwoch in der Berufsschule. Dafür hat sie eine familieninterne Lösung gefunden. Betrieb und Auszubildende haben bei der Gestaltung viel Spielraum, unter anderem bei der Arbeitszeitregelung.
Bei Gau-Eckstein sind das 25 Stunden pro Woche und damit jene „75 Prozent der Regelarbeitszeit“, die laut Gesetz „grundsätzlich keine Verlängerung der Ausbildung notwendig“ machen. Liegt die Arbeitszeit unter 75 Prozent, kann (muss nicht) die Ausbildung verlängert werden, allerdings nur um maximal ein Jahr. Die junge Mutter beendet ihre Ausbildung aber in der regulären Zeit von drei Jahren.
Seit 2010 sind bei der Handwerkskammer für Unterfranken 44 Ausbildungsverträge (42 für Frauen, zwei für Männer) in Teilzeit registriert. Die meisten sind junge Mütter, viele von ihnen alleinerziehend. Möglich ist eine solche Teilzeit-Ausbildung aber auch, wenn ein naher Angehöriger gepflegt werden muss und aus „schwerwiegenden Gründen“.
Ein junger Mann mit 100 Prozent Schwerbehinderung nutzt diese Chance derzeit, die ihm von seinem Ausbildungsbetrieb gewährte wurde.
Teilzeitausbildung ist in allen Berufen des dualen Systems möglich. Auch Umschulungen sind in Teilzeit denkbar. Und: Eine durch Mutterschutz oder Erziehungsurlaub unterbrochene Vollzeitausbildung kann in Teilzeit fortgesetzt werden, so dass jede begonnene Ausbildung auch beendet werden kann.
Funktioniert die Berufsausbildung in Teilzeit? „Ja“, antwortete Maul ohne Wenn und Aber. Nur in einem der genannten 44 Fälle ist die Ausbildung gescheitert. Zum Vergleich die Abbruchquote bei den „normalen“ Ausbildungen: Sie liegt bei über elf Prozent. Von höheren Fehlzeiten bei Teilzeitazubis ist nichts bekannt.
Die laut Ausbildungsberater Maul weiteren Vorzüge der Teilzeitberufsausbildung: Die finanzielle Belastung für die Firma ist geringer, weil der Azubi natürlich auch dementsprechend weniger „verdient“; die Betriebe investieren mit ihr in die Sicherung von Fachkräften; die der Kammer bekannten Teilzeitazubis zeigten eine hohe Bindung an die Firma, Zufriedenheit und Motivation, sagt Maul. „Chefin“ Tina Stark bestätigt das im Fall ihrer Auszubildenden, der sie wegen der guten Leistungen im Jahr eins schon jetzt den Teilzeitjob am Ende der Ausbildung 2017 in Aussicht stellt.
Und: Der Imagegewinn als familienfreundliches Unternehmen. „Eine Teilzeitausbildung ist eine Investition in die Zukunft von mindestens zwei Menschen, im vorliegenden Fall der Mutter und ihres Kind“, sagt Maul. Nadja Gau-Eckstein nickt.